Neue Strategie für COVID-19 Prophylaxe

Veröffentlicht: 29. März 2022
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Bildquelle: David Fußhöller, Universität Bonn

CoV-2-Viren besitzen die Fähigkeit, sich zu tarnen, so dass sie bei einer Infektion nicht sofort vom Immunsystem erkannt werden. In einem Mausmodell haben Wissenschaftler*innen um Professor Gunther Hartmann vom Universitätsklinikum Bonn und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) nun gezeigt, dass durch Stimulierung eines speziellen Virus-detektierenden Immunrezeptors das Immunsystem frühzeitig aktiviert und damit sehr viel schneller auf die Infektion mit dem Virus reagieren konnte. Die Immunstimulierung verbesserte nicht nur den Schutz vor tödlichen SARS-CoV-2-Infektionen in den Mäusen, sondern verringerte auch deutlich die Häufigkeit schwerer Krankheitsverläufe.

Die SARS-CoV-2-Pandemie hat einen dringenden Bedarf an antiviralen Medikamenten und Impfstoffen offenbart. Besorgniserregend ist zudem das Auftreten neuer SARS-CoV-2-Varianten, die in der Lage sind, sich in infizierten Zellen zu tarnen um dem Immunsystem zu entgehen. Da diese auch in einer durch Impfung immunisierten Bevölkerung hohe Infektionszahlen verursachen können, sind antivirale Medikamente zur Behandlung von COVID-19 dringend erforderlich.

SARS-CoV-2 ist mit mehreren molekularen Werkzeugen ausgestattet, die es dem Erreger ermöglichen, der Erkennung durch das Immunsystem zu entgehen. Das Virus trägt die Information zur Herstellung einer Reihe von Proteinen, die in der Lage sind, antivirale Erkennungssysteme der infizierten Zelle zu hemmen. Eigentlich kann das Immunsystem virales Erbgut (hier: Ribonukleinsäuren/RNA) identifizieren und Alarm schlagen. Proteine des SARS-CoV-2 können die virale RNA jedoch so verändern, dass sie von körpereigener RNA nicht mehr zu unterscheiden ist.

Tarnung schützt das Virus vor dem Immunsystem

So werden virale RNAs beispielsweise durch das Anknüpfen eines Methylrestes getarnt. Auf diese Weise entgeht die virale RNA der frühzeitigen Erkennung durch den zentralen Immunrezeptor RIG-I (retinoic acid-inducible gene I). Dieser löst bei Erkennung von ungetarnter viraler RNA eine erste Immunantwort aus, bei der antiviral-wirkende Proteine, Zell-Signale und Botenstoffe – wie unter anderem Typ-I-Interferon (IFN) – produziert werden. „Eine robuste, frühe Produktion von Typ-I- und anderen Interferontypen ist der Schlüssel zur Beseitigung einer SARS-CoV-2-Infektion. Bleibt sie aus, schreitet die Erkrankung fort und kann einen schweren Verlauf nehmen“, erklärt Studien-Koautorin Prof. Eva Bartok.

Diese Antwort des Immunsystems erfolgt gewöhnlich erst einige Tagen nach der Infektion und umfasst neben der Aktivierung von RIG-1 durch virale RNA auch die Aktivierung weiterer Immunzellen und schließlich die Bildung von Antikörpern. In der vorliegenden Studie haben die Forschenden die Wirkung von synthetischer RNA auf die Immunantwort und den Verlauf der Infektion mit SARS-CoV-2 in einem Mausmodell untersucht.

Mausmodell bildet menschliche COVID-19-Krankheit und Immunantwort nach

Da Mäuse im Allgemeinen nicht für SARS-CoV-2 empfänglich sind, mussten genetisch angepasste Mäuse verwendet werden, die das SARS-CoV-2 bindende zelluläre Oberflächenprotein ACE2 bilden. Anhand dieses Modells konnten die Forschenden zeigen, dass eine systemische Anwendung von synthetischer RNA ein bis sieben Tage vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 beziehungsweise einen Tag nach der Infektion den Anteil der tödlichen Infektionen drastisch reduzierte. „Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass die gezielte Beeinflussung von RIG-I, sowohl prophylaktisch als auch therapeutisch, ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von COVID-19 ist. Vor einer Anwendung am Menschen müssen jedoch noch weitere Studien erfolgen“, fasst Studienleiter Prof. Gunther Hartmann zusammen.

Beteiligte Institutionen und Finanzierung:

Neben dem Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie, Institut für Virologie, Institut für Kardiovaskuläre Immunologie und der Mildred Scheel School of Oncology am Universitätsklinikum Bonn sowie dem Exzellenzcluster ImmunoSensation2 an der Universität Bonn waren das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung und das Institut für Tropenmedizin Antwerpen (Belgien) beteiligt.

Bildquelle: David Fußhöller, Universität Bonn

Quelle: Pressemitteilung der Universität Bonn | Neue Strategie für COVID-19-Prophylaxe | Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (dzif.de)

Originalpublikation: https://www.cell.com/molecular-therapy-family/nucleic-acids/fulltext/S2162-2531(22)00036-1?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS2162253122000361%3Fshowall%3Dtrue

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