Die deutsche Gesellschaft altert. Nicht nur in der Metropolregion ist die Pflegebedürftigkeit in den vergangenen Jahren gestiegen. Dem gegenüber stehen der Mangel an Pflegefachkräften und eine hohe Arbeitsbelastung. Diese Entwicklung hat insbesondere Folgen für die Pflegebranche und wirft Fragen auf. Wie werde ich leben, wenn ich krank oder alt bin? Wer wird sich um mich kümmern, mich pflegen? Mit Blick auf demografische Entwicklungen werden Antworten und Lösungen immer dringender.
Digitalisierung bietet auch in der Pflege riesige Chancen. Erste Schritte in Richtung einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen werden gemacht. Das Angebot an digitalen Lösungen für den Pflegebereich ist derzeit jedoch noch gering. Dabei zu selten im Fokus: Der Mehrwert neuer Technologien in der Praxis und die Akzeptanz bei den Anwender*innen. Hier zeigt sich deutlich: Die Potentiale, die digitale Technologien für die Pflege mitbringen, sind noch längst nicht ausgeschöpft.
Im Fokus der Entwicklungsplattform Innovative Pflege „InCa 4D – Innovative Care“ steht die Entwicklung von Lösungen aus der Pflege für die Pflege. Das Besondere an InCa 4D: Wir fördern die Zusammenarbeit von Versorgungseinrichtungen, Wissenschaft, Wirtschaft und Unternehmen, um Insellösungen zu vermeiden und Anwendungen zu entwickeln, die die Pflege wirklich entlasten. Gemeinsam in einem starken metropolregionalen Netzwerk werden neue digitale Lösungen konzipiert und in der praktischen Anwendung erprobt. Die Pflegefachkräfte stehen mit ihren Bedarfen, Wünschen, Sorgen stets im Mittelpunkt und werden durch Versorgungseinrichtungen repräsentiert.
Häufig gehen digitale Technologien mit Skepsis einher: Wie gehe ich mit der Anwendung um? Wer lernt mich an und welchen Vorteil habe ich davon? Im Zentrum der Entwicklungsplattform Innovative Pflege steht zunächst Verständnis für die Herausforderungen in der Pflegepraxis zu schaffen. Darauf basierend werden Verbindungen zu Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit hergestellt, um die Anwendungen praxisnah und bedarfsorientiert zu entwickeln. Um ihre Projekte zu realisieren, unterstützen wir unseren Partner*innen bei Förderanträgen. Durch die enge Vernetzung der Akteure in unserer Metropolregion soll ein Ankerpunkt für Pflegeinnovationen etabliert werden. Eine weitere Grundlage dafür sind unsere regelmäßigen InCa 4D- Veranstaltungsreihen zum Wissensaustausch.
Die Idee:
Der Care Compass ist eine App der DEJ, die den Alltag von Pflegekräften vereinfachen soll. Dokumentationen & Prozesse werden mithilfe von Bilder-Stories (ähnlich wie bei Instagram und im Whatsapp-Status) festgehalten, Pflegekräfte können sehr einfach durch Inhalte durchswipen. Der Vorteil gegenüber dem bisherigen Einarbeitungsprozess ist: Neue Mitarbeiter*innen können Fragen zu Abläufen etc. schnell in der App nachschlagen (spart Zeit und gibt Gefühl von Sicherheit). Alle Pflegekräfte können Inhalte jederzeit (auch offline) ansehen.
Ein Kernteam erstellt und administriert die App und Inhalte.
Die Umsetzung:
Die Bettina Harms GmbH beschäftigt 400 MA, davon Großteil von Pflegekräften und Pflegehilfskräften
o Stetig wachsende Zahl von Pflegekräften
o Tagespflege mit festen Pflege-Teams, aber teils wechselndem Personal (Elternzeit, Krankheit, etc)
o Große Herausforderung die vielen neuen MA einzuarbeiten
• Plan:
o Einführen der App als alltägliches Arbeitsmittel
o Agile Erentwicklung der Checklisten, zugeschnitten auf Bedürfnis der Pflegekräfte
•Umsetzung:
o Kick-Off-Workshop (Einführung, Inhalte, etc)
o 2-Wochen-Sprints für Checklisten: Entwickler und Pflegekräfte in einem Team
Das Ziel/Zielsetzung/Perspektive:
o Einarbeitung neuer MA vereinfachen
o Prozesse des Arbeitsalltags festhalten
o Einführen von Checklisten für Übergabe, Vereinfachung
Die Idee:
Am Institut für Informatik der TU Clausthal wird seit 2016 am Einsatz von bereits am Markt verfügbaren Augmented Reality (AR)-Datenbrillen in der Pflege geforscht. Die Geburtsstunde der Pflegebrille. Das Projekt befindet sich derzeit in der zweiten Runde – die Pflegebrille 2.0 wird seit 2019 als Anschlussprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Um eine bedarfsorientierte, praxisnahe Entwicklung der Pflegebrille zu gewährleisten, erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit Pflegedienstleistern. Inhalte werden gemeinsam erstellt und technisch umgesetzt.
Die Umsetzung:
Im Rahmen der Entwicklungsplattform InCa 4D erfuhren Prof. Dr.-Ing. Michael Prilla und Jasmin Friedrichs, Mitarbeiterin der Bettina Harms GmbH, voneinander. Durch die hohe Motivation und Handlungsbereitschaft aller Beteiligten gelang es in kürzester Zeit die Pflegebrille in einer Seniorenwohneinheit zu integrieren. Seit April 2021 befindet sich die Pflegebrille dort im Einsatz. Dabei stoßen Jasmin Friedrichs, die das Projekt seitens der Bettina Harms GmbH koordiniert, und das Projektteam der Pflegebrille auf Herausforderungen der technischen Infrastruktur. Bei der Problemlösung ist viel Initiative gefragt – unterstützt wird dabei von der TU Clausthal. Ein Praxisbeispiel dafür, dass die IT-Infrastruktur flächendeckend in der Pflege optimiert werden muss.
Das Ziel/Zielsetzung/Perspektive:
Prof. Dr.-Ing. Michael Prilla, Erfinder der Pflegebrille, erkannte frühzeitig das große Potenzial technologischer Innovation für die Pflege. Durch das Feedback von Pflegedienstleistern sorgt er dafür, diese bedarfsorientiert zu entwickeln. Sein Ziel ist es, die Pflegebrille auf den Markt zu bringen. Die Begeisterung der Mitarbeitenden sowie der Geschäftsführung der Bettina Harms GmbH zur Beteiligung an diesem Projekt zeigt, dass Pflegeinnovationen im Zusammenspiel von Wissenschaft und Anwendung zu einem erfolgsversprechenden Produkt und einer für alle gewinnbringenden Kooperation werden können.
Die Ansprechpartner:
Bettina Harms GmbH, Jasmin Friedrichs (jasmin-friedrichs@harms-pflege.de)
TU Clausthal, Institut für Informatik, Institut für Informatik, Human-Centered Information Systems, Prof. Dr.-Ing. Michael Prilla (Michael.prilla at tu-clausthal.de)
Die Idee:
Im hohen Alter oder aufgrund von körperlichen Einschränkungen fällt es oft nicht mehr leicht, zum Supermarkt um die Ecke zu gehen und das Gekaufte nach Hause zu transportieren. Myhilda schafft Abhilfe: Aus einem online sichtbaren Sortiment werden Waren ausgewählt, bestellt und nach Hause oder ins Pflegeheim geliefert. Gründer Ralph Keller stärkt durch seinen Onlineshop die Versorgung auf Hilfe Dritter angewiesener Personen mit Waren des alltäglichen Bedarfes. Gerade Senior*innen benötigen aber auch jetzt noch Hilfe von Angehörigen, Betreuer*innen und/oder Pflegekräften, um den Onlineshop nutzen zu können. Dies soll durch einen humanoiden Roboter, wie Cruzr, sowie einen Transportroboter geändert werden.
Die Umsetzung:
Die Warenbestellung und -auslieferung durch Robotik zu unterstützen – damit beschäftigt sich Ralph Keller mit Expert*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Anwendung. Das Projektkonsortium hat sich im Rahmen der Entwicklungsplattform InCa 4D kennengelernt und trifft sich regelmäßig mit dem Ziel, eine Projektförderung zur Umsetzung zu beantragen. Die im Bereich Forschung erfahrenen Partner der Leibniz Universität Hannover, Institut für Mechatronische Systeme , Dr. Jonas Flint als Mitgründer der Start-Ups DEJ Technology GmbH und Dr. Jonas Schwartze, der bei der Wohnbaugesellschaft Nibelungen Forschungswohnungen betreut, initiieren die Umsetzung der Idee. Die Metropolregion GmbH unterstützt im Rahmen der Identifizierung geeigneter Fördermittel.
Das Ziel/Zielsetzung/Perspektive:
Ziel ist es, Senior*innen einen erheblichen Teil Ihrer Selbstständigkeit zurück zu geben, indem sie eigenständig sowie zeit- und ortsunabhängig einkaufen können. Betreuungs- und Pflegefachkräfte werden zugleich von logistischen Aufgaben der Warenauslieferung entlastet. Gerade unter Pandemiebedingungen und einem stark eingeschränkten Zugang zu Pflegeheimen zum Schutze der Pflegebedürftigen ist dies ein wichtiger Aspekt.
Die Ansprechpartner:
Moritz Schappler
Dr. Jonas Flint
Dr. Jonas Schwartze
Ralph Keller
Foto: Tim Herrmannsen
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