Auf den Punkt - Team Cynteract

Veröffentlicht: 25. Februar 2022

Das HealthHack 21 Siegerteam Cynteract steht Frage und Antwort rund um seinen smarten Handschuh für die Rehabilitationstherapie: Wie es zur Idee kam, warum VR, was er kostet und warum es für Gernot Sümmermann und Manuel Wessely nicht nur bei Handschuhen bleiben soll.

GesundheIT: Könnt Ihr euch kurz vorstellen – wer steckt hinter Team Synteract?

Cynteract: Gerne! Cynteract ist ein Startup, das darauf abzielt, die Rehabilitation unterhaltsamer und effizienter zu gestalten als bisherige Behandlungen. Wir haben einen intelligenten Handschuh mit Sensoren entwickelt, den Patient*innen als Spielsteuerung in der Therapie der Hand verwenden können. So bringen wir die Rehabilitation in das digitale Zeitalter.

GesundheIT: Die HealthHack Jury war begeistert von Eurer Idee des smarten Gaming Handschuhs für die Rehabilitationstherapie. Wie kam es dazu?

Cynteract: Dankeschön! Wir wurden von der Idee inspiriert, als ein Freund in jungen Jahren einen Schlaganfall erlitt. Während seiner Rehabilitation hatte er mit den langweiligen und zeitraubenden Übungen zu kämpfen. Nach kurzer Zeit hörte er mit den Übungen auf, was zu einer Verschlechterung seiner Handfunktionen führte. Wir entschlossen uns daraufhin eine Lösung zu finden.

GesundheIT: Warum VR?

Cynteract: Zunächst waren wir 2013 mit unserem „Jugend forscht-Projekt“ auf „Virtual Reality“ fokussiert. Mit unserem Handschuh konnte man das erste Mal seine eigenen Hände in der virtuellen Welt sehen und virtuelle Objekte fühlen. Durch eine VR-Brille kann aber auch das Training intensiviert werden, denn schließlich taucht man komplett in die Welt ein. Ein kleiner psychologischer Vorteil: Die Patient*innen sehen ihre zu rehabilitierende Hand nicht mehr.

GesundheIT: Was kostet der Handschuh?

Cynteract: Den Handschuh verkaufen wir aktuell in unserem Webshop (cynteract.com/de/shop) für unter 800€, sodass auch jeder zuhause damit trainieren kann. Selbstverständlich arbeiten wir an der Erstattung durch die Krankenkasse, um die Patient*innen zu entlasten.

GesundheIT: Ihr seid bereits im Einsatz: erzählt doch mal über die Anwendungsszenarien

Cynteract: Nach einer Handverletzung oder einem Schlaganfall sind Reha-Maßnahmen oft vor allem eines – ziemlich monoton. Dabei ist ein regelmäßiges Training essentiell für die Genesung. Mit Cynteract kann die Reha mit motivierenden Computerspielen kombiniert werden. So kommt sogar richtig Spaß ins Training!

GesundheIT: Ihr seid ja bereits ein  Startup: habt Ihr Tipps für andere Gründer*innen?

Cynteract: Ein Healthcare- oder Medtech-Startup zu gründen bedeutet, sich der großen Herausforderung der Zertifizierung zu stellen. Für ein Medizinprodukt müssen nämlich umfangreiche Risikoabschätzungen und Tests durchgeführt werden. Wir selbst haben keinen medizinischen Fachhintergrund gehabt, sodass uns zu Beginn gar nicht klar war, welche Standards es zu erfüllen gilt und wie man für ein elektronisches Produkt die Zulassung zu einem Medizinprodukt erhält. Leider sind Beratungen zu den Regularien eines Medizinproduktes schwierig zu erhalten. Es ist somit erforderlich sich schon frühzeitig z.B. mit dem Thema "Technische Dokumentation" zu beschäftigen und diese Themen nicht zu unterschätzen - die Kosten und die Zeit.

GesundheIT: Welche Rolle spielen HealthHack Formate?

Cynteract: Unter Zeitdruck bzw. einem Entwicklungssprint kann man unglaubliche Fortschritte erreichen und Ideen in kürzester Zeit realisieren. So macht das hacken nicht nur Spaß, sondern hat auch tatsächlich einen großen Mehrwert für das Startup.

GesundheIT: Wie gründerfreundlich ist Deutschland?

Durch unsere Teilnahmen an internationalen Wettbewerben und Reisen ins Ausland konnten wir Einblicke in andere Länder und Gründerkulturen erhalten. So stellt man extrem viele Schwachstellen in Deutschland fest. Als Hardware-Startup steht man vor allem vor dem Problem von langen Lieferzeiten und individueller Unterstützung, so muss man gerade bei Elektronik nach China ausweichen. Grundsätzlich sollten allerdings zunächst eine Fehlerkultur und eine andere Risikobereitschaft geschafft werden. Denn die Forderung von "Venture Capital" Investoren nach Umsätzen kann man nicht nachkommen, wenn ein Produkt erst gebaut, geprüft und zertifiziert werden muss. In Deutschland ist leider noch im Risikoinvestment kein Risiko und kein Social-Entrepreneurship gewollt.

GesundheIT: Was hat Euch an unserem HealthHack gefallen?

Cynteract: Uns hat besonders die Unterstützung von so hervorragenden Coaches gefallen. Hierbei der Fokus auch ganz klar auf dem Gesundheitsmarkt, z.B. mit der Techniker Krankenkasse. Denn was hilft mir ein Businessplan ohne zu wissen, wie Erstattung oder Medizinprodukt-Zertifizierung funktionieren?

GesundheIT: Was benötigt Ihr nun für die nächsten Schritte? Wo soll es in nächster Zeit hingehen?

Cynteract: Wir wollen selbstverständlich nicht mit einem Handschuh aufhören, sondern entwickeln bereits Lösungen für den ganzen Körper - von Kopf bis Fuß. Gleichzeitig beschäftigen wir uns mit Ländern, wie Ruanda, in welchen es nur wenige Therapeut*innen auf die Anzahl von Menschen gibt. Hier möchten wir mit unserem Reha-Handschuh eine dezentrale Rehabilitation ermöglichen - ohne stundenlange Fahrten. Darüber hinaus entwickeln wir aber noch mehr vom treppensteigenden Rollstuhl (autak.org) bis zur wasser- und chemikalienfreien Waschmaschine (refresherboxx.com).

GesundheIT: Was wollt Ihr noch loswerden?

Cynteract: Vielen Dank für eure Unterstützung und Auszeichnung! Gratulation auch an die anderen Teams. Wir freuen uns zukünftig noch viele Menschen mit unseren Technologien unterstützen zu können und hoffen, dass noch viele weitere soziale Gründer*innen nachkommen - in Deutschland!

GesundheIT: Vielen Dank! Mehr über Cynteract erfahren unter (https://cynteract.com/)

Die Pflegewächter-Services helfen pflegenden Angehörigen, die Bürokratie rund um die Pflege zu verstehen. Das kostenlose Angebot beinhaltet strukturierte Verfahren und finanzielle Möglichkeiten, um Pflege leisten zu können. Ausgezeichnet mit dem Durchstarterpreis 2021 und dem SENovation-Award, kooperieren die Pflegewächter mit Diakovere, Deutsches Rotes Kreuz und Einrichtungen der AWO sowie einer Auswahl an Krankenkassen. Los geht's mit 3 Fragen an die Pflegewächter:

#Fokusthemen: Welche Schwerpunkte haben die Pflegewächter im Bereich der (digitalen) Gesundheitswirtschaft? Wie kam es zur Idee?

Wir unterstützen im Pflegefall und machen die Beantragung von Pflegeleistungen zugänglich und verständlich. Für unsere Kunden kontrollieren wir dabei auch, ob sie von der Pflegekasse die Leistungen bekommen, auf die sie einen Anspruch haben. So erhalte ich die Leistungen, die ich für meine Pflege benötige.

Die Idee zu Pflegewächter kam mir, als meine Oma pflegebedürftig geworden ist. Da habe ich gemerkt, wie belastend das Thema Pflege ist und wie aufwendig der Antragsprozess. Diese Überforderung wollen wir auflösen. Das Geld für unseren ersten Prototypen kam damals von meinem Opa. Das Unternehmen ist also wirklich eng mit meiner Familie verbunden. Mittlerweile werden unsere Systeme nun auch in der niedersächsischen Wohlfahrtspflege, etwa bei der AWO, der Diakonie oder den Deutschen Roten Kreuz eingesetzt.

#Zukunft: Was sind Eure Zukunftsvisionen?

Als Gesellschaft fangen wir gerade erst an darüber zu diskutieren, wie viel und wo uns Digitalisierung gut tut und wie wir unsere Arbeit in Zukunft gestalten wollen bzw. welchen Wert Arbeit überhaupt für uns hat.

In der Pflege erzielt man ganz klar gesellschaftlichen Mehrwert, auf ganz vielen Ebenen. Aktuell findet die Pflege im Privaten aber versteckt, schambehaftet und allein statt. Meine Zukunftsvision ist, dass wir das mehr in die gesellschaftliche Mitte holen, uns vielmehr umeinander kümmern und Alt und Jung gegenseitig voneinander profitieren. Dezentrale "Begegnungsräume" mit gemeinschaftlicher Partizipation und Teilhabe aufzubauen und auszugestalten, das wollen wir mit Pflegewächter langfristig aufziehen und dabei ein erstes Role-Model aus Niedersachsen entwickeln, das dann in Deutschland etabliert und adaptiert wird.

#Motivation: Welchen Mehrwert wünscht Ihr Euch aus dem Verbund der Metropolregion?

Wir entwickeln keine Insellösung, sondern stellen integrative Systeme zur Verfügung. Das zeigen auch unsere Kooperationen. Wir glauben, dass ein grundlegender Wandel in der Pflege nur unter Einbeziehung der bestehenden Strukturen erfolgen kann. Deshalb bauen wir ein Netzwerk starker Partner auf, um pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen eine bestmögliche Beratung zu bieten. Dabei kann der Verbund der Metropolregion uns unterstützen. Der Verbund kann Fürsprecher, Vermittler oder Hinweisgeber sein. Neben der Wohlfahrtspflege setzt bereits auch ein kommunaler Pflegestützpunkt in Hannover auf unsere Dienstleistung. Das könnte man ausbauen.

Mehr über die Pflegewächter unter https://pflegewaechter.de/

Die Lehre und Forschung für Pharmazie an der Technischen Universität Braunschweig erhält einen identitätsstiftenden Neubau. Der Entwurfsplan enthält einen 61 Meter langen und 23 Meter breiten Hybridbau aus Holz und größtenteils recyceltem Stahlbeton. Geplant ist der Baustart für Mitte des Jahres 2023 nördlich des bisherigen Pharmaziezentrums.

Der starke Wiedererkennungswert des Neubaus Pharmazie soll Identifikation für die Studierenden, Lehrenden und Forschenden der Pharmazie schaffen. „Wir freuen uns, dass der Neubau Pharmazie bald realisiert wird. Dieses ansprechende Gebäude ist ein Gewinn für die Attraktivität unseres Standorts“, sagt Studiendekan Prof. Dr. Ludger Beerhues. Geplant ist, dass der Neubau vor allem die Medizinische und Pharmazeutische Chemie beherbergt.

„Dieses Gebäude ist Teil eines Bündels an Neubauten. Weitere Bauten in der Chemie und Physik werden folgen. Für die Unterstützung des Landes sind wir sehr dankbar. In allen drei Gebäuden werden wir besonderes Augenmerk auf eine attraktive Lehr-/Lernumgebung für die Studierenden legen“, sagt Prof. Knut Baumann, Vizepräsident für Studium und Lehre.

Das vom Land Niedersachsen finanzierte Gebäude wird nördlich der Bestandsgebäude der Pharmazie (Beethovenstraße 55 und Mendelssohnstraße 1) errichtet, auf dem derzeitigen Parkplatz. Baubeginn ist voraussichtlich Mitte 2023; die Bauzeit wird mit circa 26 Monate angesetzt. Mit der Objektplanung ist das Architekturbüro „kister scheithauer gross architekten und stadtplaner (ksg)“ beauftragt.

Schaufenster des Lernens

Der Baukörper definiert klar lesbar die öffentlichen, studentischen Bereiche, die sich im Erdgeschoss sowie im ersten und zweiten Obergeschoss zum südlichen Campus hin orientieren und ein Schaufenster des Lernens bilden. In den beiden Geschossen darüber liegen die weniger öffentlichen Forschungsbereiche.

Die innere Organisation des Gebäudes gliedert sich in drei Teilbereiche: Im Gebäudekopf im Westen, liegen die zentralen studentischen Nutzungen wie Hörsaal, Bibliothek, Schulungsapotheke und Lehr-/Lernzentrum über drei Ebenen verteilt. Im Osten liegen ebenfalls auf drei Ebenen die studentischen Praktikumsbereiche. Im dritten und vierten Obergeschoss liegen die Forschungsbereiche. Im fünften Obergeschoss befindet sich die Lüftungszentrale, die sämtliche Labore lüftungstechnisch versorgt.

Nachhaltige Fertigung

Für den Neubau wird ein Skelettbau aus Stahlbeton mit hohem Anteil von Recyclingbeton geplant. Die Flachdecken ermöglichen dabei eine optimale lufttechnische Versorgung der Laborflächen. Alle Fassadenelemente werden als vorgefertigte Module in Holzrahmenbauweise mit hoher Dämmwirkung gefertigt. Durch das Gebäuderaster von 3,60 Meter wird ein hoher Vorfertigungsgrad mit nachhaltiger und wirtschaftlicher Fertigung ermöglicht. Durch die Holz-Hybrid-Bauweise kann der Primärenergiebedarf des Gebäudes um ein Vielfaches gesenkt und die angestrebte CO2-Neutralität erreicht werden.

Quelle: TU Braunschweig, Janos Krüger

Kontakt: Dipl.-Ing. Architektin Tonja Meyer

Technische Universität Braunschweig
Geschäftsbereich 3 – Gebäudemanagement
Abteilung 36 – Bauprojektmanagement
Spielmannstraße 10
38106 Braunschweig
Tel.: 0531 / 391-8212
E-Mail: tonja.meyer@tu-braunschweig.de
www.tu-braunschweig.de/gb3/fb3/abt36

Bildquelle: ksg / rendertaxi

Das Städtische Klinikum Braunschweig (SKBS) hat die Einführung eines digitalen Patientenportals mit einer Plattform für Kapazitätsmanagement und Patientenfluss angekündigt.

Künftig werden Patienten des Städtischen Klinikums Braunschweig ihre Termine online vereinbaren und notwendige Dokumente digital mit dem Krankenhaus austauschen. Sie werden per App bei der Navigation durch das Klinikgelände unterstützt, können ihre Mahlzeiten per App auswählen, erhalten Informationen über ihre Behandlung auf ihr Smartphone und vieles mehr. Dazu gehört auch eine umfassende Unterstützung bei einer eventuell notwendigen Nachsorge, bei der die Buchung von Pflegeplätzen und die Weiterleitung von Dokumenten an Nachsorgeeinrichtungen digital erfolgt.

Das SKBS übergibt das durch das Krankenhauszukunftsgesetz geförderte Projekt an ein Konsortium unter der Leitung der UNITY AG, einem in digitalen Transformationsprojekten erfahrenen Beratungsunternehmen. Die UNITY AG wird die Lösung auf Basis der Software und des Know-hows der m.Doc GmbH, mit seiner Smart Clinic Markführer bei Patientenportalen in Deutschland, sowie der TeleTracking GmbH, Marktführer für Patientenfluss- und Kapazitätsmanagement-Software, umsetzen.

Quelle: https://klinikum-braunschweig.de/aktuelles-veranstaltungen/aktuelles.php?article=369

Bildquelle: Klinikum Braunschweig / Anna Tomelleri

Letzten Monat feierte die Life Science Factory in Göttingen ihre Eröffnung, das “Grand Opening” ist für den 27. April 2022 geplant. Wir haben nachgefragt bei Irina Reimer, Program Director der Life Science Factory: Wie war die Resonanz? Wie sieht das Angebot für StartUps aus? Wo soll es hingehen und welche Erfolgsstory kann bereits erzählt werden?

GesundheIT: Über die Life Science Factory: Was beinhaltet Ihr Angebot für Startups?

Irina Reimer: Die Life Science Factory unterstützt gründungswillige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie junge Firmen bei ihren ersten Schritten außerhalb akademischer Institutionen. Auf 3.300 Quadratmetern finden sich auf vier Etagen modernste und vollausgestattete Labore, eine Werkstatt zur Prototypenentwicklung sowie Büro- und Veranstaltungs-Räumlichkeiten. Startups können bei uns innerhalb von 48 Stunden mit ihren Projekten starten. Sowohl in der Größe als auch in der Ausstattung sind die Labore hochflexibel und modular auf die jeweiligen Bedürfnisse der Mieterinnen und Mieter anpassbar und können auch mit dem Startup mitwachsen, wenn mehr Platz benötigt wird. Diese bedarfsgerechte Infrastruktur ist eingebettet in eine umfangreiche Programmatik, die es den Gründenden ermöglicht, sich innerhalb der Community auszutauschen und von einem Netzwerk wertvoller Kontakte zu profitieren. Fester Bestandteil darin ist ein regelmäßiges Veranstaltungs-, Beratungs- und Workshop-Angebot, das Herausforderungen und Hilfestellungen speziell im Life Science Gründungsumfeld adressiert.

GesundheIT: Sie feierten kürzlich die Eröffnung im Sartorius Quartier: Wie war die Resonanz?

Irina Reimer: Großartig! Wir sind alle begeistert von der großen Resonanz, die uns nach der Eröffnung der Life Science Factory noch immer von Life Science Enthusiasten aus der ganzen Welt erreicht. Die Eröffnung war als digitales Soft Opening angelegt und anschließend fand unser 3. Life Science Start-up Day statt. Insgesamt waren rund 650 Teilnehmer*innen online dabei. Impressionen können auch noch gerne hier eingesehen werden: https://lnkd.in/gHWUJFmD. Jetzt freuen wir uns aber auch bereits auf das “Grand Opening”, geplant für den 27. April 2022, an dem  sich hoffentlich alle auch vor Ort von den Räumlichkeiten und dem Konzept überzeugen können.

GesundheIT: Wie sieht Ihre Strategie für die nächsten 10 Jahre aus? Wo soll es noch hingehen?

Irina Reimer: Die Strategie der Life Science Factory zielt darauf ab, Gründende im Life Science Bereich langfristig optimal zu unterstützen und ihnen die notwendigen Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg zu bieten. Das bedeutet für uns, unsere Aktivitäten von Anfang an in ein über Niedersachsen hinaus weisendes Innovationsnetzwerk einzubetten, das soll auch für die Zukunft gelten. Auch eine physische Präsenz innerhalb pulsierender Ökosysteme ist dabei unabdingbar. Wir haben daher schon die Fühler zu führenden Life Science Standorten ausgestreckt, und mit der Partnerschaft zum internationalen Gründer-Event der Digitalszene – Bits & Pretzels in München – einen echten Coup gelandet. Ziel ist es, diese Partnerschaften auszubauen und die Synergieeffekte bestmöglich zu nutzen, um in zehn Jahren ein internationales Life Science Factory Netzwerk an unterschiedlichen Standorten etabliert zu haben, das international strahlt.

GesundheIT: Was wünschen Sie sich aus dem Verbund der Metropolregion und wie können Sie Einrichtungen außerhalb Südniedersachsens in der Metropolregion unterstützen?

Irina Reimer: Netzwerke sind ein essentieller Nährboden für Gründungen. Wenn verschiedene Expertisen zusammenkommen, kann ein Austausch entstehen, der neue Impulse für Unternehmer*innen liefert. Für unsere Start-ups wünschen wir uns, dass diese von den regionalen und überregionalen Netzwerken profitieren können. Unsere kuratierte Community hilft auch außerhalb von Südniedersachsens mit Vordenkern und Branchenexperten in Kontakt zu treten und zusammenzuarbeiten. Das Netzwerk, das wir mit erfahrenen Gründerpersönlichkeiten, Kooperationspartnern und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland aufgebaut haben, versteht sich auf Unternehmertum und auf die Welt der Lebenswissenschaften. Mit dem regelmäßig stattfindendem AHEAD Programm für die bedarfsgerechte Förderung wissenschaftlicher Gründungsprojekte und einem ausgerichteten Vertical bei der Bits & Pretzels, das für Life Science Unternehmertum sensibilisiert, können auch deutschlandweite Startups von dem Ökosystem profitieren.

GesundheIT: Eine Erfolgsstory aus der Life Science Factory?

Irina Reimer: Als Erfolgsgeschichte aus der Community fällt mir spontan Curexsys ein - Mieter der ersten Stunde.Curexsys ist ein auf Exosomen spezialisiertes Start-up, das innovative Therapeutika für die Heilung altersbedingter Krankheiten entwickelt. Gegründet wurde Curexsys Ende 2020 von Dr. Jens Gruber und Dr. Herbert Stadler. Exosomen sind 30 bis 150nm kleine extrazelluläre Vesikel, die von verschiedenen Zelltypen an die Umgebung abgegeben werden. Exosomen beinhalten Proteine und Nukleinsäuren, mit deren Hilfe Zellen untereinander kommunizieren können. Immunmodulierende und entzündungshemmende Effekte von Exosomen wurden nachgewiesen. Eine Einrichtung wie die Life Science Factory bietet den Gründer*innen beispielsweise die Möglichkeit, wichtige wissenschaftliche Experimente durchzuführen, ohne dass sie dafür eine eigene aufwendige und kostspielige Ausrüstung anschaffen müssen. Genau, das ist existenziell wichtig für eine Unternehmensgründung.

Unsere persönliche Erfolgsgeschichte der Life Science Factory ist ebenfalls erwähnenswert. Vor mehr als drei Jahren sind wir mit einem ersten Konzept, einem sehr kleinen Team der großen Vision gestartet, Göttingen als Life Science Start-up Hub zu etablieren und das Gründungsökosystem mit unserem Angebot zu bereichern. In das neue Jahr sind wir mit einem mittlerweile 12-köpfigen Team gestartet, dürfen Start-ups diverser Herkunft auf vier Stockwerken in einem neuen Gebäude willkommen heißen und pflegen ein breites Netzwerk wertvoller Kooperationspartner, Industrieexperten und Mentoren, die mit Rat und Tat zur Seite stehen.

GesundheIT: Vielen Dank, Frau Reimer, und nochmals Glückwunsch zum gelungenen Opening!

Bildquelle: Life Science Factory.


Das COVID-19-Forschungsnetzerk Niedersachsen (COFIN) fördert 13 Kooperationsprojekte zur Erforschung von COVID. Das HZI koordiniert sechs interdisziplinäre Projekte mit niedersächsischen Partnern.

Im Fokus der Förderungen: die interdisziplinäre Erforschung von Wirkstoffen gegen SARS-CoV-2 sowie zur Untersuchung von Ursachen und Langzeitfolgen der COVID-19-Erkrankung. 5,97 Millionen Euro stellt COFONI dafür bereit. Mit dieser erneuten Projektförderung nimmt COFONI weitere Forschungspartner in das Netzwerk auf und stärkt die Zusammenführung der niedersächsischen Kompetenzen in der Corona-Forschung. Für die Projekte zur Erforschung der Langzeitfolgen von COVID-19 stellt das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur Sondermittel in Höhe von rund 2 Millionen Euro bereit. Die somit insgesamt 5,97 Millionen Euro stehen den Wissenschaftler*innen sofort zur Verfügung. Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und zwei seiner Standorte koordinieren sechs der geförderten Projekte.

Zuvor hat COFONI alle niedersächsischen Corona-Forscher:innen aufgerufen, sich mit gemeinsamen fächerübergreifenden Projektvorhaben bis zu einer Höhe von 500.000 Euro auf die sogenannte Flex-Funds-Förderung zu bewerben. „Für die Begutachtung der 26 eingegangenen Projektanträge konnten wir 52 national und international renommierte Wissenschaftler*innen gewinnen“, sagt Netzwerk-Koordinator Prof. Jürgen Wienands von der Universitätsmedizin Göttingen. „Die Gutachtenden haben den Forschungsanträgen einen hohen wissenschaftlichen Anspruch, eine herausragende Qualität und internationale Wettbewerbsfähigkeit bescheinigt.“ „Die Vielzahl der eingereichten Vorhaben sowie die herausragende Qualität der ausgewählten Projekte sind ein Beleg für das enorme Potenzial der Corona-Forschung und die Stärke der Infektionsforschung in Niedersachsen“, sagt Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler.

Dreizehn Projekte wählte COFONI für die Flex-Funds-Förderung in Höhe von insgesamt 5,97 Millionen Euro aus. Neben den Wissenschaftler:innen des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI), der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Universitätsmedizin Göttingen, der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, des Deutschen Primatenzentrums, des Zentrums für Individualisierte Infektionsmedizin (CiiM) sowie des TWINCORE - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung sind an den ausgewählten Forschungsvorhaben auch Forschende des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin, der Leibniz Universität Hannover und der Technischen Universität Braunschweig beteiligt. Das CiiM und das TWINCORE sind gemeinsame Einrichtungen des HZI und der MHH.

Über COFONI – das COVID-19-Forschungsnetzwerk Niedersachsen

Mit insgesamt 10,4 Millionen Euro unterstützt das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur den Aufbau des COVID-19-Forschungsnetzwerkes Niedersachsen (COFONI). Das Netzwerk wurde im Oktober 2020 auf Initiative von Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität Göttingen, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, Medizinischer Hochschule Hannover und Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover gegründet. Außerdem gehört dem Netzwerk das TWINCORE - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung und das Deutsche Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung an. Ziel des Forschungsverbundes COFONI ist es, grundlegende und wichtige Fragen zum Virus, zu molekularen Grundlagen für die Wirk- und Impfstoffentwicklung sowie zur Behandlung von Erkrankten und Modellierung von Infektionsverläufen zu erforschen. Die besondere Strategie ist dabei, die wissenschaftlichen Kernkompetenzen in der Metropolregion Göttingen-Hannover-Braunschweig zusammenzuführen, um die vorhandenen interdisziplinären und komplementären Expertisen optimal nutzen zu können. Die nötigen technischen Kompetenzen werden durch eine zentrale Technologieplattform gebündelt. Sie stellt allen Netzwerkbeteiligten übergreifende Methoden und Tiermodelle sowie Daten- und Biobanken zur Verfügung.

Quelle: https://www.helmholtz-hzi.de/de/aktuelles/news/news-detail/article/complete/covid-19-forschungsnetzwerk-niedersachsen-mit-vereintem-wissen-gegen-sars-cov-2/

Mehr zu COFONI: https://www.umg.eu/forschung/corona-forschung/cofoni/

Bildquelle: : ©HZI/Mathias Müsken

Die Studie des internationalen Forschungsteams vom TWINCORE eröffnet Perspektiven für mögliche therapeutische Anwendungen von Itaconsäure gegen schwere Krankheitsverläufe bei Virusinfektionen.

Eine wichtige Aufgabe des menschlichen Immunsystems ist es, die kritische Balance zu halten zwischen effizienter Abwehr eines Erregers einerseits und dem Schutz betroffener Gewebe andererseits. Krankheitsbilder viraler Infektionen sind nicht selten geprägt von einem „zu viel“ der Abwehr, einer übermäßig starken Entzündung, die das Gewebe schädigt. Der entstehende Schaden kann größer sein als der durch den Erreger selbst verursachte. Als Rheumatologe interessiert sich der Mediziner Frank Peßler, Leiter der Forschungsgruppe „Biomarker in Infektionen“ am TWINCORE in Hannover besonders für diese als Immunpathologie bezeichneten Facetten von Infektionskrankheiten, die vor allem bei Influenza und COVID-19 eine wichtige Rolle spielen.

Während einer Entzündung produzieren manche Abwehrzellen Itaconsäure. Sie wirkt hemmend auf Bakterien, die im Inneren dieser Zellen überleben. Seit einigen Jahren beobachten Forschende zudem, dass dieses hochreaktive organische Molekül wichtige entzündungsfördernde Signale im Immunsystem dämpft. In der aktuellen Studie beschreiben Frank Peßler und sein Team am TWINCORE die Funktion von Itaconsäure während einer Infektion mit dem Influenzavirus.

Sie beobachteten, dass in Lungengeweben von Mäusen wie von Menschen bei einer Infektion mit dem Grippevirus Itaconsäure produziert wird. Mäusen bietet sie Schutz vor schweren Auswirkungen der Infektion. Fehlt das Enzym zur Herstellung des Moleküls hingegen, ist die Entzündungsreaktion in der Lunge stärker ausgeprägt und die Krankheit verläuft häufiger tödlich. In den untersuchten Geweben sahen die Forschenden, dass die Synthese von Itaconsäure und des dafür benötigten Enzyms mit einer Absenkung der Entzündung einherging. Wenn sie Mäuse während der Influenzainfektion mit Itaconsäure als „Medikament“ behandelten, blieb die Entzündung in den Lungen fast vollständig aus.

Um herauszufinden, welche Immunzellen die Quelle der Itaconsäure sind, nutzen die Forschenden hochmoderne Einzelzell-Sequenziermethoden. Sie fanden heraus, dass im menschlichen Blut Monozyten, also jene Zellen, die sich zu Fresszellen entwickeln können, mit dem Grippevirus infiziert werden und daraufhin Itaconsäure produzieren. Monozyten und andere Immunzellen drosselten zudem die Produktion entzündungsfördernder Faktoren, wenn zusätzlich von außen Itaconsäure zugegeben wurde. „Wir konnten erstmals Veränderungen in verschiedenen entzündungsfördernden Signalkaskaden zeigen, die Itaconsäure bei einer Grippeinfektion im Abwehrsystem bewirkt“, sagt Frank Peßler.

Monozyten werden zwar infiziert, setzen aber keine neuen Viruspartikel frei. Eine erstaunliche Beobachtung machten die Forschenden an Körperzellen, die das Influenzavirus produktiv vermehren und Lungengewebe ähneln: „Wenn wir diese Zellen im Labor infizierten und mit Itaconsäure behandelten, produzierten sie deutlich weniger neue Viruspartikel“, sagt Peßler. Itaconsäure scheint also eine Art molekulares Multitalent zu sein, das nicht nur antibakteriell und entzündungshemmend wirkt, sondern auch die Vermehrung von Influenzaviren hemmen kann.

„Wir präsentieren in dieser Studie Ergebnisse aus sieben Jahren wissenschaftlicher Untersuchungen, zu denen Forschende aus Deutschland, Ägypten, China und Pakistan beigetragen haben“, sagt Peßler. „Alle unsere Erkenntnisse weisen in eine klare Richtung: Itaconsäure kann die Abwehrreaktion drosseln und Organschädigungen verhindern ohne dadurch die Virusvermehrung zu fördern.“

Damit ist die Substanz ein vielversprechender Ansatzpunkt für die Entwicklung therapeutischer Wirkstoffe. „Sie könnte den Krankheitverlauf beispielsweise bei Menschen günstig beeinflussen, die einen Mangel an körpereigener Itaconsäure haben.“ Peßler denkt nun einen Schritt weiter: Zusammen mit Forschenden vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) möchte er mittels „intelligent drug design“ Itaconsäure-ähnliche Substanzen optimieren, die die Virusvermehrung noch effizienter blockieren.

(Autorin: Dr. Ulrike Schneeweiß, wibior.de)

Originalpublikation:

Itaconate and derivatives reduce interferon responses and inflammation in influenza A virus infection

Aaqib Sohail,Azeem A. Iqbal, Nishika Sahini, Fangfang Chen, Mohamed Tantawy, Fakhar Waqas, Moritz Winterhoff, Thomas Ebensen, Kristin Schultz, Robert Geffers, Klaus Schughart, Matthias Preusse, Mahmoud Shehata, Heike Bähre, Marina C. Pils, Carlos A. Guzman, Ahmed Mostafa, Stephan Pleschka,Christine Falk, Alessandro Michelucci, Frank Pessler

PLOS Pathogens, 2022, DOI: https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1010219

Kontakt:

PD Dr. Frank Peßler
Arbeitsgruppe "Biomarker für Infektionskrankheiten"
TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung

Tel.: +49 511 22002 7167
E-Mail: frank.pessler@twincore.de

Quelle: https://www.twincore.de/infothek/infothek-news-details/news/antiviral-und-entzuendungshemmend/

Bildquelle: © TWINCORE / Grabowski

Ärzte können gesetzlich Krankenversicherte ab sofort auch dann per Videosprechstunde krank­schreiben, wenn diese vorher nicht in der Praxis persönlich bekannt waren.

Darauf weist die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit Blick auf die AU-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses hin. Dieser hatte die Richtlinie im November vergangenen Jahres entsprechend geändert. Die Regelung ist jetzt in Kraft getreten. Bei bekannten Patienten können Ärzte schon seit Oktober 2020 eine Arbeitsun­fähigkeit (AU) mittels Videosprechstunde feststellen. Dies ist jetzt auch bei neuen Patienten möglich.

Unterschiede gibt es aber bei der Dauer der erstmaligen Krankschreibung: Für Versicherte, die in der Arztpraxis unbekannt sind, soll eine Krankschreibung nur für bis zu drei Kalendertage möglich sein. Für bekannte Versicherte bleibt es bei bis zu sieben Kalendertagen. Danach ist für eine Folgebescheinigung der AU ein persönlicher Praxisbesuch erforderlich.

Ein Anspruch der Versicherten auf Krankschreibung per Videosprechstunde besteht aber nicht. Die Ent­scheidung, ob in bestimmten Fällen eine AU‐Bescheinigung im Wege der Videosprechstunde ausgestellt wird, obliegt der Ärztin beziehungsweise dem Arzt.

„Generelle Voraussetzung für die Krankschreibung per Videosprechstunde ist wie bisher, dass die Erkran­kung eine Einschätzung per Videosprechstunde zulassen muss“, informiert die KBV.

Unabhängig von diesen Regelungen für die Videosprechstunde gilt die Coronasonderregelung zur telefo­nischen AU bis zum 31. März 2022.

© hil/aerzteblatt.de

Quelle: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/131275/Krankschreibung-per-Videosprechstunde-jetzt-fuer-alle-Versicherten-moeglich

Wissenschaftler*innen des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) haben gemeinsam mit Kolleg*innen der Firma Cellbricks einen 3D-Drucker entwickelt, der einen biologischen Wundverschluss herstellen kann – auch im Weltall.

Aus einem Mix von Gelatine und Hautzellen druckt das Gerät ein passgenaues Pflaster, mit dem großflächige Wunden verschlossen werden sollen. Nicht nur für Brandopfer auf der Erde könnte dies eine wertvolle Alternative zur Eigenhauttransplantation sein: Auch Astronaut*innen könnten so fernab von jeder Klinik individuell versorgt werden. Ob der Drucker in der Schwerelosigkeit funktioniert, testen die Forscher*innen auf einem Parabelflug.

Ob Brand- oder Schürfverletzungen: Bei einer Fläche von mehreren Quadratzentimetern sind die Selbstheilungskräfte des Körpers überfordert und es hilft oft nur noch eine Eigenhauttransplantation. Doch sowohl beim Entnehmen als auch beim Verpflanzen stellen sich Probleme, erklärt Professor Georg Duda, der Direktor des Julius Wolff Instituts für Biomechanik und Musculoskeletale Regeneration im BIH und Sprecher des BIH Centrums für Regenerative Therapien (BCRT). „Es treten hierbei leider oft Vernarbungen auf, die sowohl medizinisch als auch kosmetisch weder Arzt noch Patient zufriedenstellen.“ Auf der Suche nach einer Alternative stießen die Wissenschaftler*innen um Duda auf die Firma Cellbricks: Das Unternehmen hat einen 3D-Drucker entwickelt, der individuelle Hautpatches verschiedener Größe und Form drucken kann.

Biologische Druckertinte

„Die Druckertinte ist in unserem Fall biologisch“, erklärt Bianca Lemke, Doktorandin bei Professor Duda. „Sie besteht aus einer besonderen Form von Gelatine mit Metacrylatenden, die bei UV-Belichtung aushärtet. Da hinein mischen wir Hautzellen, die idealerweise vom Empfänger selbst stammen. Und mit besonderem technischen Aufwand können wir sogar kleine Röhren hineindrucken, die wir anschließend mit Blutgefäßzellen besiedeln, so dass das Hautpatch sogar Blutgefäße enthält.“ Am Drucker einstellbar sind Form und Größe des erforderlichen Wundverschlusses, je nach Herausforderung dauert der Druck eine oder mehrere Stunden.

Auf einem Symposium des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) kam die Frage auf, ob man 3D Bioprinting nicht auch für Astronauten nutzen könnte“, erzählt der Diplom-Ingenieur. „Denn der Weg zum Mars ist weit, und auch von der ISS kann man nicht kurzfristig zur Erde zurückkommen, wenn man sich eine größere Verletzung zugezogen hat. Und da wäre so eine individuelle Lösung durchaus praktisch.“ Doch nun stellt sich die Frage, ob so ein 3D-Drucker überhaupt in der Schwerelosigkeit funktioniert. Schwebt die flüssige Tinte nicht davon? Härtet die Gelatine wie geplant aus?

Test beim Parabelflug

Um diese Fragen zu klären, startet Bianca Lemke heute von Paderborn aus zu einem Parabelflug, auf dem der 3-D-Drucker getestet werden soll. „Vor Abflug wird es verschiedene Sicherheitschecks geben. Da wir mit Flüssigkeiten drucken und sich diese während der Mikrogravitationsphasen im Flugzeug verteilen könnten, sind natürlich Maßnahmen zur Eindämmung nötig. Die Drucker befinden sich in einem Kasten, der verschiedenen mechanischen Tests und Belastungen standhalten muss. Dementsprechend wird auch das überprüft. Danach wird alles abgepolstert, damit sich keiner der Teilnehmer versehentlich beim Herumschweben im Flugzeug den Kopf stößt. Und dann geht das Ganze ins Flugzeug und wird dort montiert. Bei verschiedenen Funktionstests im Flugzeug wird sicher gestellt, dass auch hier alles funktioniert. Und dann starten wir!“

Während des insgesamt fünfstündigen Fluges werden 31 Parabeln geflogen, das heißt, die Maschine steigt auf einer parabelförmigen Kurve auf, fällt anschließend steil ab und steigt wieder auf. Während des oberen Teils der Parabel kommt es für etwa 20 Sekunden zur Schwerelosigkeit, beim Auf- und Abstieg herrscht kurzzeitig mehrfache Erdanziehungskraft. Um zu überprüfen, wie das Druckergebnis von der Erdanziehungskraft beeinflusst wird, integriert Bianca Lemke Microbeads in die Druckerflüssigkeit: „Diese Microbeads sind kleine fluoreszierende Kügelchen, ungefähr in der Größe von Zellen. Damit untersuchen wir das Sedimentationsverhalten von Zellen während des Fluges. Denn schon auf der Erde haben wir beobachtet, dass die Zellen absinken, wenn die Tinte länger steht. Wir befürchten, dass in den Hypergravitationsphasen alle absinken, aber wir hoffen, dass während der Schwerelosigkeit gar nichts mehr absinkt.“ Professor Georg Duda bleibt am Boden und ist schon gespannt auf die Ergebnisse: „Wir hoffen sehr, dass die Druckergebnisse stabil sind, zumindest während der Schwerelosigkeit. Denn dann könnten wir eines Tages den Astronauten tatsächlich eine personalisierte Wundversorgung anbieten. Auch wenn es bis dahin sicher noch ein weiter Weg ist.“

Quelle: https://www.bihealth.org/de/aktuell/ein-biologisches-pflaster-aus-dem-3d-drucker-fuers-weltall

Bildquelle: Bianca Lemke / BIH

Ziel des Unternehmens Honic (Health Data Technologies) ist die Etablierung einer kommerziellen, deutschen Forschungsdatenplattform, die Anbieter*innen und Nutzer*innen von medizinischen Real-World-Daten zusammenbringt.

Wer mit Versorgungsdaten forschen möchte, der findet oft keine ausreichend großen, ausreichend qualitätsgesicherten Datensätze und weicht deswegen gerne in die USA aus. Dort wird mit Gesundheitsdaten legal gehandelt, und die datenschutzrechtlichen Beschränkungen sind weit weniger umfangreich als hier zu Lande.

Auch Datenanbietern macht insbesondere Deutschland mit seinem Datenschutzföderalismus das Leben schwer: Medizinische Einrichtungen und Einrichtungsverbünde, die forschungsaffin sind und ihre Daten gern zugänglich machen würden, geben nicht selten auf und ziehen am Ende doch Brandmauern um ihre Einrichtung, nicht aus Überzeugung, sondern um kein Theater zu haben. Die Konsequenz: In Sachen Real-World-Daten-Forschung passiert in Deutschland im internationalen Vergleich wenig. Und das was passiert, ist mit überproportional viel Aufwand verbunden.

Bekannte Gesichter für ein heißes Thema

Hier setzt das neue Unternehmen Honic (Health Data Technologies GmbH) an, das vor Kurzem mit Sitz in Neckarsulm gegründet hat. Ziel ist die Etablierung einer kommerziellen, deutschen Forschungsdatenplattform, die Anbieter:innen und Nutzer:innen von medizinischen Real-World-Daten zusammenbringt. Die Plattform will eine vertrauenswürdige, strikt DSGVO-konforme Nutzung von medizinischen Versorgungsdaten für die Forschung durch all jene ermöglichen, die daran ein legitimes Interesse haben. Es geht also um ein recht heißes Thema in einem Bereich, für den sich nicht zuletzt Unternehmen der Gesundheitsindustrie stark interessieren.

Das neue Unternehmen ist unter anderem deswegen spannend, weil seine fünf Gründer:innen in der Szene keine ganz unbekannten Gesichter sind. Mit dabei sind der ehemalige Chef des health innovation hub des Bundesgesundheitsministeriums, Jörg Debatin, und dessen ehemaliger Managing Director, Henrik Matthies. Weiter Gründer:innen sind Ralf König und Denitza Larsen, beide ebenfalls „ex-hih“. Nummer fünf im Bunde und als einziger branchenfremd ist Ralf Schramm, bisher CTO bei FarmFacts, einem Spezialisten für digitale Management-Lösungen für die Landwirtschaft.

Vor der Forschung steht eine mehrschrittige Depersonalisierung

Konkret nutzt Honic eine existierende Technologieplattform, nämlich StackIt der Schwarz IT Gruppe. Schwarz ist eines der größten deutsches Unternehmen, im Besitz der Dieter Schwarz Stiftung, mit über 4000 Mitarbeitern allein im IT-Bereich: „Die Plattform von Schwarz erfüllt alle technologischen Voraussetzungen, die an eine DSGVO-konforme Datenspeicherung und -verarbeitung zu stellen sind“, betont Matthies. Diese Technologieplattform wird von Honic an die Bedürfnisse des Gesundheitswesens adaptiert. Und sie wird um Dienstleistungen im Sinne einer Auftragsdatenverarbeitung mit explizitem medizinischem Forschungsfokus erweitert: „Wir wollen eine Sekundärnutzung von Versorgungsdaten für die Forschung und Entwicklung möglich machen. Dabei kümmern wir uns um alle Anforderungen, die die DSGVO stellt.“

Im ersten Schritt wollen sich die Neckarsulmer beschränken auf Bilddaten, Labordaten und Medikation, also Datensegmente, die in der Regel bereits heute zumindest vorstrukturiert sind. „Ab 2025 könnten dann Freitextdaten dazukommen“, so Debatin. Die Dienstleistungen des Unternehmens bestehen darin, als erstes eine Qualitätssicherung bei den eingehenden Daten durchzuführen. Für ein konkretes Forschungsprojekt ausgewählte Daten werden zunächst pseudonymisiert. Für die Analyse werden sie in einem zweiten Schritt in aggregierter oder kombinierter Form anonymisiert, um sie dann auszuwerten. Für die komplexe, mehrschrittige Depersonalisierung nutzt Honic die Bundesdruckerei als Datentreuhänderin.

Das ist die technische Ebene. Auf organisatorischer Seite gibt es einen externen Beirat, der jede Forschungsanfrage überprüft. Hier gehe es vor allem darum, ob für die Forschungsanfrage im Sinne der DSGVO ein legitimes gesellschaftliches Interesse vorliege, so Debatin. Nur wenn das gegeben ist, wird im Hinblick auf die spezielle Forschungsanfrage ein anonymisiertes, Use-Case-spezifisches Datenpaket erstellt und dann den Forschenden zugänglich gemacht. Und dies nur innerhalb der gesicherten Plattform: „Wir werden keine Daten exportieren, die Daten bleiben auf unseren Systemen“, so Debatin.

Kein Widerspruch zur MI-I

Natürlich sind DSGVO-konforme Forschungsdateninfrastrukturen für die Medizin keine völlig neue Idee. In Deutschland nimmt sich nicht zuletzt die Medizininformatik-Initiative (MI-I) dieser Thematik an. In diesem Kontext wurden auch diverse Tools bzw. Konzepte für Depersonalisierung und Einverständniserklärung, Stichwort Broad Consent, entwickelt und mit den Datenschützern abgestimmt. Debatin und Matthies sehen hier keinen Widerspruch und auch keine Konkurrenz, sondern eher sich ergänzende Ansätze.

Zum einen fokussiere man sich mit der Honic Plattform medizinische Daten aus der ambulanten Versorgung, mithin auf eine Zielgruppe von Leistungserbringern, die bei der universitären MI-I nicht abgebildet sind. Zum anderen geht es darum, zu zeigen, dass unter Berücksichtigung von DSGVO und deutscher Datenschutzgesetzgebung etwas „mehr geht“ als bei der universitär ausgerichteten MI-I. Insbesondere wird für die Forschung über die Honic Plattform kein Broad Consent erforderlich sein, außerdem werden auch Wissenschaftler:innen von forschenden Medizinunternehmen Zugang erhalten. Auch das ist anders als bei der MI-I.

Der Verzicht auf den Broad Consent werde zum einen durch die mehrstufige Depersonalisierung möglich, zum anderen durch besondere Sicherheitsmaßnahmen wie etwa den Verzicht auf genetische Daten sowie spezielle Regeln zum Umgang mit Daten im Kontext seltener Erkrankungen. Das ganze Konzept wird in enger Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes Baden-Württemberg entwickelt, betont Debatin.

Von Qualitätssicherung bis KI-Entwicklung

Was sind nun mögliche Einsatzfelder für die Sekundärdatennutzung in der Art, in der Health Data Technologies sie anbieten möchte? Die Gründer:innen um Matthies und Debatin gehen davon aus, dass es zum einen innerhalb von Verbünden ein Interesse an einer einrichtungsübergreifenden Analytik der jeweils eigenen Daten gibt. Das ist bereits heute nicht unmöglich, es würde mit der neuen Plattform aber deutlich einfacher. Als wichtige potenzielle Kund:innen werden aber auch Pharmaunternehmen und HealthTech-Unternehmen gesehen. Das sind jene Akteure, die bei der politisch initiierten Forschungsdatenanalytik – Stichwort Forschungsdatenzentrum (FDZ) des BfArM – bisher explizit gesetzlich nicht zum Zug kommen.

Ein besonders interessantes Szenario, für das bisher vielfach auf US-Datensätze zurückgegriffen werden muss, ist die Entwicklung bzw. das Training von Maschinenlernalgorithmen. Aber auch Analysen zur Korrelation von Arzneimitteln mit Bildgebungs- bzw. Laborbefunden könnten für Unternehmen der Gesundheitsindustrie attraktiv sein. „Die Einsatzmöglichkeiten sind aus unserer Sicht sehr breit gestreut. Um in der Vielfalt nicht zu ersticken, konzentrieren wir uns zunchäst bewusst auf Bild-, Medikations- und Labordaten“, so Debatin.

Autor: Philipp Grätzel von Gratz, Chefredakteur E-Health.com

Quelle: Neue Plattform für Real-World-Daten-Analyse im Anflug: E-HEALTH-COM

Bildquelle: E-Health.com/ honic

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