Vier namensgebende Städte, drei Handlungsfelder, zwei Geschäftsführer und ein vollzogener Neuanfang. Mit Wirkung zum 1. August 2022 verlassen Kai Florysiak und Michael Rose ihre Geschäftsführungspositionen und kehren zurück nach Braunschweig und zur Deutschen Messe AG. Wir lassen die beiden natürlich nicht gehen, ohne ein paar schöne Erinnerungen, Lieblingsprojekte und letzte Worte Revue passieren zu lassen.
Redaktion: Herr Florysiak, Sie haben jetzt fast 9 Jahre die Metropolregion GmbH geleitet. Das ist eine ganz schön lange Zeit. Inwiefern hat Sie diese Zeit geprägt? Was war besonders, was nehmen Sie mit?
Florysiak: Ja, neun Jahre und es kommt mir fast vor, als sei mein Start erst gestern gewesen. Wie lange die Zeit dann doch war, sehe ich vor allem bei meinen Kindern und meinen inzwischen leicht ergrauenden Haaren. Unsere Tochter war damals gerade geboren, jetzt ist sie neun Jahre alt. Unser Großer ging noch nicht zur Schule und ist jetzt konfirmiert worden. Ich bin damals gestartet mit den Worten des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Oberbürgermeister Doktor Hoffmann aus Braunschweig im Ohr: “Herr Florysiak, machen Sie mal das Schaufenster Elektromobilität und dann sehen wir weiter.” Das war der Auftrag und was folgte waren drei sehr intensive Jahre. 30 Projekte, 200 Projektpartner - das war wirklich ein dickes Brett. Und die Projekte haben sich weiterentwickelt: Aus dem Schaufenster ist das Testfeld automatisiertes Fahren geworden. Damals gab es noch das Automotive Cluster der Metropolregion - das ist jetzt ITS Mobility. Dann kamen zahlreiche andere Themen dazu: Regionale Produkte, Offene Hochschule, Wissensvernetzung sind einige Themen. Die Kreativwirtschaft haben wir unterstützt und ein Festival der Kultur- und Kreativwirtschaft auf die Beine gestellt und Impulse zu Creative Spaces und Stadtentwicklung gesetzt. Der international wichtige Auftritt auf der ExpoReal war immer wieder eine spannende Herausforderung. Wir haben Netzwerke miteinander in Verbindung gebracht und durch die wunderbare Zusammenarbeit mit Prof. Dr.-Ing. Erich Barke haben wir das Handlungsfeld Gesundheit entwickelt: in der Metropolregion für die Metropolregion. Es ist also ordentlich was passiert in den letzten neun Jahren. Daraus nehme ich unendlich viele gute Gespräche mit, tolle Menschen, die ich kennenlernen durfte und einen offenen und freundlichen Blick in die Zukunft.
Redaktion: Herr Rose, Sie sind im Herbst 2020 dazugestoßen. Was bedeutet die Metropolregion GmbH für Sie in drei Sätzen?
Rose: Große Herausforderungen lassen sich am besten in großen Zusammenschlüssen lösen. Das gilt beispielsweise für moderne, vernetzte Mobilitätsangebote oder die für die Schaffung einer Infrastruktur zur weiteren Elektrifizierung der Verkehre. Auch im gemeinsamen Standortmarketing fand ich – beispielsweise auf Messen – den metropolregionalen Auftritt immer kraftvoller als städtische Einzelauftritte. Unsere Metropolregion bedeutet für mich, dass wir als Gesamtraum viel mehr sind als nur die Summe unserer einzelnen Teilräume.
Redaktion: Herr Florysiak, welches war Ihr Lieblingsprojekt? Gab es eins, das besonders hervorgestochen ist?
Florysiak: Das ist schwierig zu sagen, weil alle Projekte so unterschiedlich waren. Von den Schaufensterthemen hin zum Thema Elektromobilität und dem, was sich daraus entwickelt hat - das war wirklich spannend. Der Impuls zum Testfeld ist ganz typisch an einem Stehtisch nach einer Veranstaltung entstanden, auf der ich einen Vortrag hielt. Wir kannten uns alle, mochten und vertrauten uns und haben das dann auf Basis des starken Netzwerks vorangetrieben. Besonders und ganz anders war auch der LIONEL DesignPreis für Medical Design. Wir haben damit die Verbindung zwischen der Kreativ- und der Gesundheitswirtschaft hinbekommen. Die ExpoReal mit dem großen Stand und vielen unterschiedlichen Partnern war wieder anders. Wenn ich mich aber für ein Projekt entscheiden muss, dann ist das der zweite HealthHack, den wir 2019 in Präsenz im TrafoHub Braunschweig veranstaltet haben. Über die Grenzen hinaus zu denken, mit jungen wissbegierigen Menschen in Kontakt zu kommen, Lösungen zu finden für real existierende Probleme - das war wirklich sensationell und hat irre viel Spaß gemacht. Der HealthHack ist für mich fast wie ein eigenes Kind, das wir in der Metropolregion großgezogen haben.
Redaktion: Herr Florysiak, die Metropolregion 2013 versus 2021, eine gelungene Entwicklung?
Florysiak: Was uns die über all die Jahre hinweg begleitet hat, war, dass wir nie große Ressourcen zur Verfügung hatten. Die Arbeit der Metropolregion GmbH war daher immer auf den eigenen Antrieb und Überzeugung angewiesen. Kommunikation spielt dabei eine ganz wichtige Rolle: man muss miteinander reden! Wir haben das mit großer Begeisterung getan, weil wir unsere Heimat, diese Region einfach lieben. Kooperationen leben von Vertrauen - Vertrauen braucht Zeit, braucht Offenheit und mehr als nur die geschäftliche Ebene, um wirklich eine Verbindung zwischen den Menschen herzustellen. In der Rückbetrachtung ist es uns gelungen, viele Partner davon zu überzeugen, dass die Metropolregion GmbH eine wertvolle Kooperationsplattform ist. Ich sage gerne: Wenn es die Metropolregion als Einrichtung nicht gäbe, müsste man sie jetzt erfinden. Unser lokales Denken zu überwinden und über diese Grenzen zwischen Hannover, Braunschweig, Göttingen, Wolfsburg, Hildesheim, Celle usw. hinweg zu denken, ist die Grundvoraussetzung, wenn man echte Leuchttürme schaffen will, die nationale und internationale Strahlkraft entwickeln können. Dass die Metropolregion nun inhaltlich, organisatorisch, personell und finanziell besser aufgestellt ist, freut mich sehr. Gleiches gilt für die unglaublich gute Entwicklung in der Kommunikation. Wir sind hier in den letzten Jahren deutlich professioneller geworden. Das hat natürlich etwas mit den handelnden Menschen zu tun. Wenn unsere Partner zu dem Ergebnis kommen, dass wir insgesamt heute besser dastehen, als 2013, dann hat sich die Arbeit gelohnt.
Redaktion: Herr Rose, Ihre Bilanz?
Rose: Wir haben die Metropolregion GmbH in den zurückliegenden zwei Jahren vollständig neu aufgestellt. Im Rahmen eines umfassenden Transformationsprozesses konnte zwischen allen acht Gesellschaftern ein neuer Gesellschaftervertrag und eine neue Finanzierungsvereinbarung verhandelt werden. Dadurch steht die Metropolregion GmbH heute mit modernen, effizienten Strukturen auf einem stabilen finanziellen Fundament, von dem aus zukünftig in allen Handlungsfeldern die erfolgreiche inhaltliche Arbeit möglich ist. Darauf können wir gemeinsam stolz sein.
Redaktion: Welche neuen Herausforderungen warten nun?
Rose: Digitalisierung, Restart nach Corona sowie die Stärkung des Messeplatzes durch neue Messen und die Stärkung der etablierten Messen sind große Herausforderungen. Gemeinsam mit unserem Vorstandsvorsitzenden, Dr. Jochen Köckler, haben wir uns einiges vorgenommen. Auf diese Aufgaben freue ich mich und sehe großartige Chancen.
Florysiak: Ich wechsle nun meinen Fokus von der Metaebene Metropolregion auf die Stadt Braunschweig - das ist eine ganz andere Denkweise. Als Geschäftsführer der Struktur-Förderung Braunschweig GmbH beschäftige ich mich intensiv damit, Gewerbeflächen im Bestand zu entwickeln – für Startups, Unternehmen in der Wachstumsphase, Forschung und Entwicklung, Industrie und klassisches Gewerbe. Das ist eine echte Herausforderung, vor der viele Städte stehen, weil die Flächen begrenzt sind - auch in Braunschweig, immerhin die zweitgrößte Stadt Niedersachsens. Zunächst geht es darum, das Unternehmen komplett neu aufzubauen. Fast schon eine ähnliche Aufgabe, wie bei der Metropolregion.
Redaktion: Was bleibt Ihnen aus den letzten neun Jahren besonders in Erinnerung?
Rose: Das starke politische Netzwerk der Metropolregion, das weit in Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur hineinreicht. Damit lässt sich schon viel bewegen und das hat mich sehr beeindruckt.
Florysiak: Auf jeden Fall die vielen Begegnungen. Durch die Themenvielfalt in der Metropolregion habe ich hier so viele Menschen kennengelernt und auf Zukunftskongressen sehr beeindruckende Menschen aus der ganzen Welt in der Region begrüßen dürfen - das habe ich sehr genossen. Auch die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen und Projektpartner*innen hat mich wahnsinnig bereichert und zum Teil sind daraus auch Freundschaften entstanden. Das Team in der Metropolregion ist wirklich toll, hoch motiviert und zwischenmenschlich einfach spitze. Ich habe diese intensive und vertrauensvolle Zusammenarbeit sehr geschätzt.
Redaktion: Herr Florysiak, Sie sind in den letzten 9 Jahren gependelt. Was gab es denn auf dem Weg von Braunschweig nach Hannover und zurück auf die Ohren?
Florysiak: Wenn ich nicht telefoniert habe, dann habe ich ein Hörbuch nach dem anderen verschlungen. Ich habe es geschafft, mir die letzten neun Jahre wirklich alle Frank Schätzing Hörbücher anzuhören. Silicon Valley von Christoph Keese - ein fantastisches Buch und eine Lese- bzw. Hörempfehlung. Dazu Harari und Homo Deus – für mich als christlichem Menschen eine Herausforderung. Ich wurde sensationell begleitet von David Hunter, einem forensischen Anthropologen und den Kommissaren Harry Hole, Joona Linna, Carl Mørck - also skandinavischen Thrillern. Viele Kommissare, viele Geschichten über die Jahre. (lacht)
Redaktion: Herr Rose, Sie sind von der Messe in die Herrenstraße meist per Corporate Pedelec geradelt. Wird es nun Zeit für ein eigenes Pedelec?
Rose: Zwischen meinem Wohnort und der Herrenstraße liegen Eilenriede und Maschsee. Ich habe die Fahrt von und zur Arbeit immer sehr genossen. E-Bikes vergrößern den eigenen Radius, machen unabhängiger und ganz klar: Auf´s Dienstrad zu steigen hat jeden Tag Spaß gemacht.
Redaktion: Herr Florysiak, was wird Ihnen am meisten fehlen? Und was gar nicht?
Florysiak: Am meisten fehlen werden mir die Kolleginnen und Kollegen und der Kontakt zu einigen Akteur*innen in der Metropolregion. Auch das ein oder andere Thema wird mir fehlen: Gesundheit war meine Leidenschaft in den letzten Jahren, genauso wie Mobilität. Manches davon werde ich sicherlich für Braunschweig auch weitertragen können. Wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, müssen wir in bestimmten Branchen noch stärker aktiv werden, größer denken, die Dinge sichtbarer werden lassen und Menschen miteinander in Verbindung bringen.
Gar nicht fehlen werden mir Namensdiskussionen, weil sie von den wirklich wichtigen Themen ablenken, statt sie zu lösen. Auch die Stunden auf der A2 oder der A7 werde ich zukünftig sehr gerne anderweitig füllen.
Redaktion: Herr Florysiak, was kommt denn aus Hannover mit ins neue Büro?
Florysiak: Definitiv viele gute Erinnerungen! Und mein Bild vom Burgplatz in Braunschweig wird seinen Weg auch in mein neues Büro finden.
Redaktion: Herr Rose, die Deutsche Messe AG und die Metropolregion GmbH – eine Verbindung mit Zukunft?
Rose: Ja, ganz eindeutig. Auf jeder Messe bei uns gibt es gute Gründe, im metropolregionalen Verbund aufzutreten. Es lassen sich großartige Synergien schaffen, Kosten sparen und national sowie international eine maximale Reichweite für die herausragenden technologischen, industriellen, wissenschaftlichen und kulturellen Leistungen in unserer Metropolregion erzielen. Die Zusammenarbeit zwischen unserer Messe, die ja ebenfalls ein wichtiger Standortfaktor ist und unserer Metropolregion GmbH sollten wir unbedingt weiter intensivieren. Warum nicht auch durch gemeinsame Auftritte im Ausland oder an Fachmessen für andere in Branchen als der Immobilienwirtschaft.
Redaktion: Mit welchem Gefühl gehen Sie jetzt zum vorerst letzten Mal durch das Treppenhaus in der Herrenstraße?
Florysiak: Mit einer Mischung aus Wehmut und Dankbarkeit für das, was wir gemeinsam erreichen konnten. Und natürlich mit Vorfreude auf neue Aufgaben und Begegnungen.
Rose: Zu solchen Sentimentalitäten neige ich nicht. Aber die Metropolregion hat ein sehr starkes, sympathisches und engagiertes Team, das ich vermissen werde. Zum Glück ergeben sich viele Anknüpfungspunkte zum Messegeschäft, so dass ich weiterhin viele Kontakte pflegen kann.
Redaktion: Haben Sie noch ein paar weise Worte zum Abschluss?
Florysiak: Dafür bin ich eigentlich noch viel zu jung (lacht). Was mir geholfen hat in den letzten Jahren, war zum einen die Neugier auf neue Themen und das Vertrauen, dass die Zukunft von uns abhängt. Wir haben es in der Hand. Und zum anderen ist es der Fokus auf die Menschen, die zusammenarbeiten wollen und auf Themen, die etwas bewegen können. Ich wünsche unserer Nachfolgerin Silvia Nieber einen guten Start, mindestens ebenso viele gute Begegnungen, wie ich sie erleben durfte und viel Erfolg mit langem Atem bei der Entwicklung unserer Metropolregion.
Rose: Nicht von mir, sondern von Teddy Roosevelt: “Do what you can, with what you have, where you are.”
Uns bleibt an dieser Stelle im Namen des Team Metropolregion zu sagen: Danke Herr Florysiak, danke Herr Rose für Ihr Engagement in der Metropolregion, Ihre Ideen, Ihre offenen Ohren und Türen. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und viel Erfolg und Schaffenskraft für die neuen beruflichen Herausforderungen.