BS|Energy soll öffentliches Netz von Elektroladesäulen in Braunschweig bauen und betreiben

Veröffentlicht: 21. Juni 2022
Bildquelle: Braunschweig Stadtmarketing GmbH/Philipp Ziebart

Verwaltung schlägt Abschluss eines Konzessionsvertrags vor

Der Zuschlag für einen Konzessionsvertrag über Errichtung und Betrieb von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Braunschweig soll BS|Energy erteilt werden. Dies hat die Stadtverwaltung den Ratsgremien vorgeschlagen.

Vertraglich vereinbart werden soll entsprechend dem derzeit vorhersehbaren Bedarf die Errichtung von mindestens 200 Ladepunkten bis Ende 2024 und weiteren mindestens 200 Ladepunkten bis Ende 2026. Noch einmal mindestens 100 Ladepunkte sollen bei entsprechendem Bedarf bis Ende 2028 gebaut werden. Sollte der Bedarf noch schneller wachsen, wäre eine entsprechende Reaktion von BS|Energy möglich.

Im ersten Schritt soll ab Januar 2023 zunächst ein flächenhafter Ausbau (zwei Ladepunkte pro statistischem Bezirk) erfolgen. Ende 2026 sollen stadtweit mindestens 400 Ladepunkte in Betrieb sein.

Die Ratsgremien hatten die Stadtverwaltung im November vergangenen Jahres beauftragt, eine Konzession für die Einrichtung und den Betrieb von Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum öffentlich auszuschreiben und für eine bedarfsgerechte Anzahl und Verteilung im Stadtgebiet zu sorgen. Die europaweite Ausschreibung erfolgte in Form eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb. BS|Energy reichte ein verbindliches, den Vorgaben vollumfänglich entsprechendes Angebot ein.

Der Vorschlag der Verwaltung wird am 21. Juni im Ausschuss für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergaben vorberaten. Die Entscheidung trifft der Verwaltungsausschuss am 28. Juni. Weitere Einzelheiten in anhängender Beschlussvorlage 22-19085

Die Vorlage des Konzessionsvertrags ist hier abrufbar: Stadt Braunschweig | presse-service.de

Insgesamt mehr als 3 Millionen gefahrene Kilometer, über 20 000 Radler*innen aus 1439 Teams und mehr als 500 eingesparte Tonnen CO2 - das ist die beeindruckende vorläufige Bilanz der Stadtradeln Kampagne der Stadt und Region Hannover, die sich vom 29. Mai bis zum 18. Juni an der Aktion beteiligten. Bei dem Radfahr-Wettbewerb geht es darum, in 21 Tagen möglichst viele Alltagsstrecken mit dem Fahrrad zurückzulegen. Ziel der Kampagne des Klima-Bündnis ist es, mehr Schwung in die Radförderung zu bringen, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und mehr Spaß am Radfahren in die Städte und Kommunen zu bringen.

“Klimaschutz und Radförderung sind Teamarbeit”, heißt es beim STADTRADELN. Das sehen wir auch so, daher haben wir auch in diesem Jahr als Team “Metropolitans” gemeinsam in die Pedale getreten. In den letzten drei Wochen haben wir mit vereinten Kräften 554 Kilometer zurückgelegt - heute werfen einen Blick in unser Metropolitans Team-Kilometerbuch und erfahren, wofür die Kolleg*innen ihre Räder nutzen, was sie im Radverkehr stört und wo sie Verbesserungspotenzial sehen.

Stadtradeln 2022 Region Hannover
Stadtradeln 2022: Team Metropolis war auch in diesem Jahr mit dabei.

Platz 1: Mariella Roth

An die Spitzenposition unseres Teams radelte sich Mariella mit insgesamt 201,1 Kilometern. Sie arbeitet als Werkstudentin im Bereich Gesundheitswirtschaft und ist als leidenschaftliche Vielfahrerin in Hannover und Umgebung unterwegs. Mariella steigt bei Wind und Wetter auf’s Rad: egal ob auf dem Weg zur Arbeit, zur Uni, um Freunde zu treffen oder einfach, um eine Tour zu machen. Für kurze und alltägliche Strecken bevorzugt sie ihr Stadtrad – für lange und schnelle Touren wechselt sie auf’s Rennrad. Flexibilität und Zeitersparnis sind für sie die größten Vorteile am Radfahren im Vergleich zum öffentlichen Nahverkehr: Am Ende bin ich meistens schneller mit dem Rad als mit den Öffis”, sagt sie.

Um das Radfahren noch attraktiver zu machen, schlägt sie Folgendes vor: Ich denke Schnellrouten mit wenigen Ampeln und einer Abgrenzung zu den Autos – wie in der Eilenriede – würden die Stadt fahrradfreundlicher und sicherer machen.”

mariella roth metropolregion stadtradeln 2022

Platz 2: Edzard Schönrock

Auf dem zweiten Platz ist Edzard mit 126 Kilometern gelandet. Edzard ist Projektleiter und betreut den Bereich Wissenschaftskooperationen. Er bezeichnet sich selbst als Fahrrad-Enthusiast und fährt jährlich etwa 3000 Kilometer mit dem Rad. Häufig macht er Mountainbike-Touren in den Deister und Vorharz oder ist von zu Hause Richtung Innenstadt unterwegs. Von Haustür zu Haustür braucht er  nicht länger als mit dem ÖPNV oder Auto. In der Stadt nutzt Edzard sein Citybike, im Gelände ist er mit einem leichten sportlichen Mountainbike mit Gabelfeder unterwegs. Alles mit Muskelkraft – ohne E-Unterstützung. Aus seiner Sicht ist Radfahren die gesündeste, nachhaltigste, flexibelste und günstigste Form der Mobilität.

Edzard findet Hannover schon recht fahrradfreundlich was die Infrastruktur angeht. Aber er sieht auch Verbesserungsbedarf: Man steht leider häufig an Ampeln, wenn man in der Stadt fährt. Andere Länder sind da schon weiter, was Fahrradschnellwege angeht. Darüber hinaus wäre es wichtig, alternative Mobilitätsformen, wie z.B. ÖPNV, Carsharing und Fahrradverleih besser zu vernetzen. Hier sehe ich für Wissenschaft, Kommunen und Wirtschaft Chancen für die Projektentwicklung, z.B. einer Mobilitäts-App, die helfen kann, Wegezeiten zu beschleunigen.”

edzard schoenrock metropolregion stadtradeln 2022

Platz 3: Maren Kasper

Ganz knapp hinter Edzard hat Maren mit 113,8 Kilometern den dritten Platz eingefahren. Sie ist Projektmanagerin für Veranstaltungsorganisation bei der Metropolregion und erledigt fast alle Wege im Alltag mit dem Rad: von der Fahrt zur Arbeit oder zu Terminen bis hin zum Einkauf. Je nach Strecke ist Maren ebenfalls auf verschiedenen Rädern unterwegs. Im Alltag nutzt sie meist ihr Hollandrad, für längere Touren steigt sie auch schonmal auf ihr Pedelec um. Die größten Vorteile am Radfahren sieht Maren in der Bewegung an der frischen Luft und darin, dass sie nicht lange nach einem Parkplatz suchen muss.

Um das Radfahren noch attraktiver zu machen, schlägt sie vor, die Radwege noch besser auszubauen. Außerdem wünscht sie sich noch mehr sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.

maren kasper stadtradeln 2022 metropolregion

Linda Hoffmeister

Linda ist Projektmanagerin im Bereich Gesundheitswirtschaft. Sie ist häufig mit dem Rad unterwegs und nutzt es vor allem für kurze Strecken in der City, um die Dinge des alltäglichen Lebens zu erledigen. Sie fährt ein älteres Mountainbike, das ihr ein guter Kumpel zusammengeschraubt hat. Die größten Vorteile am Radfahren sieht Linda in der Bewegung und der Gelegenheit, dabei frische Luft schnappen zu können.

Sie wünscht sich mehr Sicherheit im Radverkehr: „Oft fühlt man sich als Radfahrerin auf dem Radweg nicht sicher. Es bräuchte mehr Fahrradstraßen, die auch wirklich nur von Fahrrädern befahren werden dürfen.”

linda hoffmeister stadtradeln 2022 metropolregion

Julia Widmer

Julia leitet die Unternehmenskommunikation bei der Metropolregion und ist eine richtige Vielfahrerin. Ihr Halbrenner-Rad der älteren Generation ist bei Julia täglich im Einsatz. Auf dem Weg zur Arbeit oder zu Freund*innen fährt sie lieber Rad als mit der Bahn oder dem Auto. Im Vergleich zum öffentlichen Nahverkehr schätzt sie besonders Flexibilität auf dem Rad: „Aufsteigen und los, keine Fahrpläne, stickige Luft oder Verspätungen. Häufig bin ich mit dem Rad einfach schneller am Ziel, wenn ich die Wege zur Bahnstation einrechne. Und natürlich die Bewegung, die mir im Büroalltag einfach guttut.”

„Hannover ist auf einem guten Weg, aber beim Thema Sicherheit gibt es noch Luft nach oben”, findet Julia. Sie wünscht sich breite, gut gekennzeichnete und ausgeleuchtete Wege, die gerne auch durch mehr als eine Linie auf dem Boden vom Autoverkehr getrennt sein dürfen. Außerdem fällt ihr die Ampelschaltung innerhalb der Stadt immer wieder negativ auf: „An einigen Stellen staut sich der Rad- und Fußverkehr auf der Mittelinsel zwischen zwei Straßen, da die Grünphasen unterschiedlich geschaltet sind.”

julia widmer stadtradeln 2022 metropolregion

Sandra Winter

Sandra macht gerade ihren Master und arbeitet als Werkstudentin in der Unternehmenskommunikation der Metropolregion. Sie steigt fast täglich auf ihr Rad und fährt damit zur Uni-Bib, zur Arbeit, zum Einkaufen und oft auch zum Bahnhof. In der Stadt nutzt sie ihr Citybike, für längere und anspruchsvollere Touren außerhalb der Stadt sattelt sie inzwischen gern auf ihr Pedelec um, welches sie letztes Jahr gebraucht gekauft hat. Im Vergleich zur Fahrt mit dem Auto oder ÖPNV sieht sie bei Stadtfahrten mehr Vorteile beim Radfahren: „Es geht schnell(er), ist günstiger, besser für die Umwelt – es bringt mich einfach besser voran."
Als Radfahrerin, die auf Pendelstrecken auch viel mit der Bahn fährt, würde sie sich eine bessere Kombination aus Radinfrastruktur und öffentlichem Nahverkehr wünschen, die auch verbundübergreifend funktioniert. „Wir müssen Radfahren und ÖPNV zusammen denken. Die Fahrradmitnahme muss bequemer und günstiger werden”, findet sie.

sandra winter stadtradeln 2022 metropolregion

Maximilian Dierks

Maximilian betreut als Projektmanager den Bereich Elektromobilität und nutzt sein Rad ungefähr drei bis vier Mal in der Woche. Er fährt eher kürzere Strecken innerhalb der Stadt mit dem Rad – meistens, um damit zum Sport und zu Freunden zu fahren. Unterwegs ist er auf einem Trekkingrad, welches er auch schon im Urlaub nutzte, um damit eine längere Strecke mit Gepäck zu meistern. „Der größte Vorteil am Radfahren ist, dass es emissionsfrei ist”, findet Maximilian. „Zudem benötigen Fahrräder wenig Platz und wenige Ressourcen in der Herstellung, sie sind leise und man ist an keine Fahrpläne gebunden.

Er sieht viele Wege und Chancen, die Radfahrinfrastruktur zu verbessern: „Zum einen müssen Radwege massiv ausgebaut werden, vor allem in den ländlichen Räumen. Auch benötigt es mehr Abstellanlagen, wo man die Fahrräder sicher anschließen kann. Gerade für Pedelecs ist das ein entscheidender Faktor. Für Pedelecs müssten die öffentlichen Abstellanlagen auch noch Lademöglichkeiten anbieten. Zum anderen muss der Autoverkehr vor allem in Städten unattraktiver werden. Flächendeckend Tempo 30 Zonen innerorts wäre eine Möglichkeit, die gleichzeitig noch die Verkehrssicherheit für Radfahrer*innen erhöhen würde.”

Die STADTRADELN Kampagne geht in diesem Jahr bereits in die 15. Mal Runde.
Die für die Stadt und Region Hannover erradelten Kilometer werden aktuell final ausgewertet. In der Metropolregion radeln außerdem Göttingen, Wolfsburg und Braunschweig mit. Welche Kommune dieses Jahr im deutschlandweiten Vergleich das Rennen macht, wird sich im September zeigen, wenn alle geradelten Kilometer erfasst und ausgezählt wurden.

Die Aktion findet jährlich von Mai bis September statt. Jeder geradelte Kilometer kann online oder via App eingetragen werden. Mehr Informationen zu Terminen und Anmeldung sowie die Ergebnisse der Kommunen unter: https://www.stadtradeln.de/

Weitere STADTRADELN-Termine in der Metropolregion:

Göttingen: 12. Juni bis 2. Juli 2022
Wolfsburg: 13. Juni bis 3. Juli 2022
Braunschweig: 4. bis 24. September 2022

Mit MOVE werden anhand neuartiger kreativer Ansätze innovative und nachhaltige Pilotprojekte für praktikable Mobilitätslösungen entwickelt und in Deutschland, Belgien, Holland und Schottland getestet. Von E-Car-Sharing über einen Flexbus, eCargo Bikes und Bed and Bike – das Projekt “Wertvolle Mobilitätsangebote für jedermann” liefert Anregungen für kommunale öffentliche Einrichtungen ebenso wie für Wissenszentren, örtliche Unternehmen und die Menschen vor Ort.

Im Rahmen von MOVE setzte der Landkreis Northeim von Januar 2021 bis Februar 2022 im Stadtgebiet Northeim mit dem Anbieter Regio.Mobil Deutschland GmbH und weiteren Kooperationspartnern das E-Carsharing-Angebot „MOPINO“ (MOVE-Pilot-Northeim) um. MOPINO umfasste drei öffentliche Park- und Ladestationen mit drei E-Autos (Renault Zoe), die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche in Betrieb waren.

Wir haben nach Abschluss des Pilotprojekts mit Stefanie Thomuscheit, verantwortlich für den Bereich ÖPNV und das EU-Projekt MOVE im Landkreis Northeim, über das Projekt gesprochen gesprochen.

Metropolregion: Frau Tomuscheit, der Landkreis Northeim ist als Mitglied der Flotte electric bereits kommunal elektrisch unterwegs. Sie bieten mit MOPINO ein E-Carsharing-Pilotprojekt an: warum ist die Entscheidung aus verschiedenen Mobilitätsoptionen auf Elektromobilität gefallen?

Tomuscheit: An dem Projektantrag hat der Landkreis Northeim schon Ende 2017 gearbeitet. Damals war Elektromobilität noch nicht so ein Trend wie es heute der Fall ist. Es gab damals auch wenige mittelgroße Städte im ländlichen Raum, in denen ein Elektro-Carsharing-Verleih existierte. Mit dem Projekt wollte der Landkreis neue Wege beschreiten und untersuchen, ob und wie ein E-Carsharing in einer Stadt wie Northeim funktionieren kann.

Metropolregion: Das Projekt endete im Februar dieses Jahres. Sie haben kürzlich die Abschlusskonferenz veranstaltet: welche Learnings, Fails und Erfolge können Sie feiern?

Tomuscheit: Der größte Erfolg ist für uns, dass wir einen Anbieter finden und das Projekt umsetzen konnten. Zudem konnten wir weiteren Akteuren Anstöße und Impulse liefern, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. So hat unser Partner im Projekt MOPINO, die Stadtwerke Northeim, nun die Absicht, das Projekt in neuem Verbund fortzuführen. Zudem konnten wir unseren Mitarbeiter*innen ein nahe an der Kreisverwaltung gelegenes E-Auto für Dienstfahrten zur Verfügung stellen.

Die Laufzeit für eine Etablierung des Systems war am Ende doch etwas gering. Außerdem haben wir gelernt, wie wichtig gerade in der Anfangsphase mehrere Ankermieter sind. Ursprünglich wurde bei der Konzeptionierung des Pilotvorhabens die jüngere Zielgruppe stark in den Fokus gerückt. Dass nun sogar mehr Nutzer*innen der älteren Altersgruppe angehören, überraschte uns. Ohne die Partner Stadtwerke Northeim, Stadt Northeim, ZVSN und Uni Göttingen hätten wir das Projekt nicht auf die Beine stellen können. Dafür sind wir sehr dankbar.

Metropolregion: Weitere Bestandteile von MOVE waren ein flexbus pilot, Bed & Bike pilot und ein eCargo pilot in Belgien, Holland und Schottland. Kann sich die Metropolregion da etwas abgucken?

Tomuscheit: Bestimmt. Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden, sondern Bestehendes auf die Bedürfnisse vor Ort anpassen. Es sind einige interessante Ansätze in den Partnerregionen entstanden. Ich denke, dass durchaus auch Ideen für Kommunen und Initiativen in der Metropolregion dabei sind. Der Flexbus in Belgien beispielsweise, die moderne Version eines Anrufbusses, buchbar per App und ohne feste Haltestellen, wäre für Landstriche, in denen kein Linienbus verkehrt, eine echte Alternative. Das E-Cargo-Bike-Projekt aus Nordschottland hilft hingegen Unternehmen ihre Spritkosten zu minimieren und umweltfreundlich ihre Produkte auszuliefern. Gerade in Städten ist man damit durchaus schneller am Ziel als mit dem Auto und die Mitarbeiter*innen halten sich beim Radfahren auch noch fit.

landraetin klinkert kittel mit bgm. hartmann am northeimer bahnhof
Landrätin Astrid Klinkert-Kittel mit Bürgermeister Simon Hartmann am Northeimer Bahnhof. Bildquelle: Landkreis Northeim

Metropolregion: Wie geht es jetzt nach dem Projektabschluss weiter?

Tomuscheit: Die Pilotprojektphase hat unseren Partner in MOPINO, die Stadtwerke Northeim davon überzeugt, dass ein elektrisches CarSharing-Verleihsystem in Northeim möglich ist. Die Stadtwerke haben nach Auslaufen des Projekts nunmehr signalisiert, sich der Kooperation "E-CarSharing im Harz und Harzvorland“ anzuschließen. Dieses neu ins Leben gerufene und im Sommer 2022 startende Projekt wird federführend durch die EIN HARZ GmbH umgesetzt. Gemeinsames Ziel aller Kooperationspartner ist es, zusätzliche Mobilitätsangebote zu schaffen und einen Klimaschutzbeitrag zu leisten – und das unter einer Dachmarke. Hierbei planen die Stadtwerke in der Stadt Northeim anfangs ein E-Fahrzeug vorzuhalten, mit der Option, dieses Angebot in Zukunft auszuweiten. Die Entwicklungen freuen uns sehr und wir prüfen gerade Möglichkeiten, die Stadtwerke dabei zu unterstützen.

Metropolregion: Wo kann der metropolregionale Verbund unterstützen?

Tomuscheit: Ich denke, bei einem solchen Projekt ist es generell wichtig, vorhandene Netzwerke zu nutzen. In einem Projekt, bei dem man Neuland betritt, ist es ungemein hilfreich, zu wissen, wo man Ansprechpartner*innen und Expert*innen findet oder auch auf Best Practice-Beispiele zurückgreifen kann. Von daher wünsche ich mir für notwendige Themenkomplexe wie beispielsweise Ausschreibungen oder auch Anbietersuchen gerne gebündelte, neutrale Informationen aus dem Metropolregionen-Netzwerk.

Projekt-Facts:

Projektpartner des Landkreises Northeim sind: HZ-Fachhochschule (NL), Universität Gent (BE), Gemeente Middelburg (NL), Intergemeentelijke vereniging voor ontwikkeling van het Mechelen en Omgeving (BE), Georg-August-Universität Göttingen (DE), Gate21 (DK), The Highlands and Islands Transport Partnership (UK), NHS Highland (UK), Advier (NL), Zweckverband Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (DE). 

Finanzierung:

Das Projekt wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.

Projektlaufzeit:

Das Projekt läuft seit September 2018 und endete im Februar 2022.

Das erste Amtsjahr, Pandemie und Wissenschaft in Niedersachsen, Pandemieprävention, Digitalisierung, Pflege und Studienplätze - Daniela Behrens, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und Björn Thümler, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur im Auf den Punkt.

GesundheIT: Frau Behrens, Sie sind jetzt seit etwas über einem Jahr im Amt und wir freuen uns heute erneut mit Ihnen sprechen zu dürfen. Schauen wir zunächst einmal zurück: Sie haben Ihr Amt in turbulenten Zeiten übernommen: Wie haben Sie das letzte Jahr wahrgenommen? (Sind Sie zufrieden oder hätten Sie etwas rückblickend anders gemacht?)  

Daniela Behrens: In der Tat, die Anfangszeit in der Hochphase der Pandemie war sehr turbulent und das ist noch vorsichtig ausgedrückt. Aber, ich war mir den Herausforderungen sehr bewusst, als mich der Ministerpräsident angerufen hat. Natürlich sieht man im Nachhinein Dinge, die noch besser hätten laufen müssen. Das ist in jeder Krisensituation so. Ein gutes Krisenmanagement erfordert, dass man schnell und trotzdem überlegt und vorausausschauend agiert. Wir sind in Niedersachsen im Vergleich mit anderen Ländern gut durch die vergangenen Monate gekommen. Das zeigt, wir haben viel richtig gemacht. Ich sage ausdrücklich „wir“, damit meine ich zum einen die Landesregierung und zum anderen mein Team im Ministerium, das mich von Anfang an konstruktiv und vertrauensvoll begleitet hat.

GesundheIT: Herr Thümler, wie blicken Sie als verantwortlicher Minister für Wissenschaft auf das letzte Jahr zurück - wie hat die Pandemie die Wissenschaft in Niedersachsen beeinflusst?  

Björn Thümler: In der Pandemie sind Wissenschaft und Forschung an sich, aber auch unsere exzellenten Forscherinnen und Forscher stärker in den Blick der breiten Öffentlichkeit getreten. Es freut mich sehr, dass auch gerade Forscherinnen aus Niedersachsen bundesweit Impulse gesetzt haben, um die Pandemie zu überwinden. Wir haben jedoch auch gesehen, dass das Verständnis für wissenschaftliche Prozesse vielfach noch geschaffen werden muss. Auch ist beunruhigend, mit wie viel Energie unsere Forschenden fachlich und persönlich angegriffen wurden, weil ihre Hinweise auf Kritik stießen. Wir haben gesehen, wie wichtig Transfer und Translation sind, um nicht nur Ideen in Niedersachsen zu entwickeln, sondern diese auch auszuwerten. Wir brauchen künftig noch leistungsfähigere Netzwerke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, ein modernes und möglichst zielgruppenspezifisches Verständnis für Wissenschaftskommunikation – und vielleicht auch einfach etwas mehr Zeit, um uns mit wissenschaftlichen Fragen zu beschäftigen und diese objektiv zu bewerten.

Themenfeld Pandemie/Prävention:

Der globale Covid-19 Ausbruch hat verdeutlicht, wie wichtig eine gute Vorbereitung zur Pandemiebekämpfung ist. Ziel des neuen Projektes PandemiePräventionsKampagnen (PaPräKa) der Metropolregion GmbH ist es, das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Präventivmaßnahmen gegen Pandemien zu schärfen, die relevanten Akteure zu vernetzen und in ihrer Arbeit zu unterstützen.

GesundheIT: Wo sehen Sie die Stärken in der Metropolregion bezüglich der Vorbereitung auf zukünftige Pandemien?

Daniela Behrens: Die Metropolregion Hannover, Göttingen, Braunschweig und Wolfsburg zeichnet sich durch eine außerordentlich gute medizinische Infrastruktur aus. Darüber hinaus ist sie ein bedeutender Wissenschafts- und Technologiestandort. An den Universitätskliniken und den außeruniversitären Einrichtungen wird unter anderem Spitzenforschung im Bereich der Infektionsmedizin betrieben. Niedersachsen hat als Innovations- und Forschungsstandort eine bundesweite Strahlkraft. Dies wird unter anderem deutlich durch die vielen und zum Teil sehr erfolgreichen Start-Ups und Firmengründungen in diesem Bereich. Eine weitere Stärke liegt in der Vielzahl medizinischer Ausbildungsstätten. Die Gesundheitsämter haben davon profifiert und konnten in der Pandemie schnell qualifiziertes und motiviertes Nachwuchspersonal als sogenannte Containment Scouts für die Kontaktpersonennachverfolgung gewinnen. Genau das war ein ganz entscheidenden Erfolgsfaktor, um die Ausbreitung des Coronavirus gut zu beherrschen. Niedersachsen ist ein vielfältiger und starker Standort. Im Bereich des Gesundheitswesens, wie auch in Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft bauen wir auf ein stabiles Fundament, das wir stetig ausbauen und auf das wir auch in Zukunft bauen können.

Themenfeld Pandemie/Long-Covid:

Die unter dem Begriff “Long-Covid“ zusammengefassten Langzeitfolgen einer Corona-Infektion sind eine Belastung für die Betroffenen und stellen zunehmend eine Herausforderung für unser Gesundheitssystem dar.

GesundheIT: Wo sehen Sie in den Forschungseinrichtungen der Metropolregion Potential, um “Long-Covid” besser zu verstehen und insbesondere die Datensammlung und- Auswertung voranzutreiben?  

Björn Thümler: Die Infektionsforschung in Niedersachsen ist sehr leistungsstark – dies gilt besonders für die Metropolregion. Besser werden können wir in Sachen Vernetzung. Hierzu leistet unser Forschungsnetzwerk COFONI einen bedeutenden Beitrag, dessen Aufbau wir mit Mitteln in Höhe von 8,4 Mio. Euro fördern. Seit Februar 2022 werden vier Projekte zu Long-Covid gefördert, von denen ich mir spannende Erkenntnisse verspreche. Wir müssen uns dem diffusen Krankheitsbild Long-Covid schrittweise nähern und daraus die richtigen Rückschlüsse ziehen. Dazu trägt auch der Expertenrat Long-Covid des MWK bei, im dem wir auch gemeinsam mit dem MS sowie der Versorgerseite Ansätze und mögliche Antworten diskutieren. Die Forschungseinrichtungen der Metropolregion sind, auch aufgrund ihrer starken Translationsorientierung, ideal aufgestellt, um zu weiteren Erkenntnisgewinnen beizutragen.

Themenfeld Digitalisierung:

Der Digitalisierungsbedarf im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) ist während der Pandemie verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

GesundheIT: Welche Maßnahmen zur Digitalisierung wurden in den vergangenen zwei Jahren im niedersächsischen ÖGD umgesetzt, welche weiteren Maßnahmen sind konkret geplant?  

Daniela Behrens: Der ÖGD hat während der Pandemie Großartiges geleistet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an ihre Grenzen und oft auch darüber hinaus gegangen. Dafür können wir uns gar nicht oft genug bedanken.

Die Pandemie hat Vieles im Bereich der Digitalisierung vorangebracht. Wir haben zum Beispiel landesweit in den kommunalen Gesundheitsämtern mit dem webbasierten Programm SORMAS eine digitale Infrastruktur aufgebaut, die unter anderem die Kontaktnachverfolgung erleichtert hat. Es hat sich aber auch gezeigt, dass es gerade im Bereich der Vernetzung Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Die letzten zwei Jahre haben uns gezeigt, dass ein gut ausgestatteter ÖGD ein wichtiger Grundpfeiler in der Pandemieprävention und -bekämpfung ist. Deshalb haben Bund und Länder den „Pakt für den ÖGD“ geschlossen. Für die Digitalisierung des ÖGD sieht der Pakt Bundesmittel in Höhe von 800 Mio. Euro vor. Mit diesen Mitteln sollen eine übergreifende Kommunikation sowie die Kompatibilität über alle Ebenen hinweg sichergestellt werden können. Daraus hat Niedersachsen Ende 2021 erste Finanzhilfen in Höhe von rund 6 Mio. Euro vom Bund erhalten. Wir investieren diese Mittel, um den Infektionsschutz im ÖGD zu stärken. Dazu gehört die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie.

Mein Ziel ist es, beim Ausbau der Digitalisierung und Stärkung des ÖGD systematisch und einheitlich vorzugehen und so eine nachhaltige, zukunftsfähige Lösung mit kompatiblen Schnittstellen zu entwickeln.

Themenfeld Pflege:

Der Mangel an Pflegekräften ist und bleibt eine enorme Herausforderung für die Gesundheitswirtschaft in Deutschland (Stichwort “Pflegenotstand”). Bundesweit fehlen offenbar mindestens 35.000 Fachkräfte in der Pflege (laut Bericht des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW), erstellt 2021 i. A. des Bundeswirtschaftsministeriums). Gleichzeitig wird in der Öffentlichkeit regelmäßig ein fehlendes Bild von professioneller Pflege bemängelt.

GesundheIT: Können Sie uns Ihr Bild von professioneller Pflege beschreiben? Welche Strategien gegen den Pflegenotstand verfolgt das Land Niedersachsen? Welche Rolle nehmen dabei digitale Strategien ein? Wie geht es bei der notwendigen digitalen Transformation der Krankenhäuser weiter?

Daniela Behrens: Mein Bild von professioneller Pflege beschreibt ein System, das die Bedürfnisse der pflegedürftigen Menschen und die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte gleichermaßen im Blick behält. Gute Pflege ist nur mit motivierten Pflegekräften möglich.

Wir wissen, dass angesichts des demografischen Wandels der Versorgungsbedarf weiter steigen wird und das bisherige System an seine Grenzen stoßen wird. Auch wenn die Zahl der Pflegekräfte in Niedersachsen erfreulicherweise stetig ansteigt, müssen wir weiter dafür sorgen noch mehr junge Menschen für den Beruf der Pflegekraft zu begeistern. Ein Weg hierfür ist zum Bespiel die neue generalistische Pflegeausbildung. Sie sorgt dafür, dass Absolventinnen und Absolventen mehr Einsatzmöglichkeiten nach der Ausbildung haben und steigern so die Attraktivität des Berufsbildes insgesamt.

Wollen wir die Pflege ganzheitlich für die Zukunft fit machen, müssen wir bei der sektorenübergreifenden Versorgung ansetzen und mehr regionale Modelle entwickeln. Im Rahmen der „Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen“ erarbeiten wir zusammen mit den Akteurinnen und Akteuren in der Pflege Verbesserungsvorschläge in einer Reihe von Bereichen. Außerdem, das ist mir sehr wichtig, werden wir im Büro der Patientenbeauftragten eine unabhängige Beschwerdestelle Pflege einrichten.

Eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie ist ein wichtiges Mittel, um dem Pflegenotstand zu begegnen. Hier sind vor allem Maßnahmen gefragt, die praktisch im Alltag helfen. Daher fließt ein großer Teil der Mittel aus unserem Förderprogramm zur Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum in Digitalisierungsprojekte von Pflegediensten. Bisher betrifft Digitalisierung hauptsächlich den Bereich der Organisation. Wenn ein Pflegedienst hier Zeit einsparen kann, kommt dies naturgemäß den zu pflegenden Menschen zugute. Wir sehen aber auch immer wieder Digitalprojekte, die auf eine verbesserte Kommunikation und Vernetzung zwischen Pflegenden, Angehörigen und Hausärztinnen und Hausärzten abzielen. Von diesem Austausch profitieren alle, zudem wurden dadurch in der Pandemie zusätzliche Beratungsangebote möglich, die es in dieser Form sonst nicht gegeben hätte.

Die Digitalisierung schreitet auch in den Krankenhäusern voran. Aus den Mitteln des Krankenhauszukunftsfonds werden Digitalisierungsprojekte in Krankenhäusern sowie sektorenübergreifende Digitalisierungsvorhaben gefördert. Neben dem unmittelbaren Nutzen ist dies auch ein Instrument, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, indem die Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sinnvoll und zielgerichtet – „smarter“- eingesetzt werden kann, wo sie benötigt wird. Gleichzeitig folgen wir damit den Empfehlungen der Enquetekommission „Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen – für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung“ im Bereich „Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung“. Zusammen mit den Unikliniken in Hannover und Göttingen wird hier für Niedersachsen ein Fördervolumen von 400 Millionen Euro umgesetzt.

Themenfeld Medizin/Medizininformatik/Pflegeinformatik:

Neben dem Pflegenotstand gibt es auch einen zunehmenden Mangel an Ärztinnen und Ärzten, insbesondere in ländlichen Regionen. An der European Medical School (EMS) Oldenburg konnte die Zahl der Medizinstudienplätze zum WiSe 2022/2023 von 80 auf 120 erhöht werden. Im Verhältnis Einwohnerzahlen zu Studienplätzen liegt der Median in Deutschland bei rund 750 Einwohnern pro Studienplatz. In Niedersachsen kommen auf einen Studienplatz rund 1300 Einwohner.

GesundheIT: Welche Pläne zur Schaffung weiterer Studienplätze im Fach Humanmedizin gibt es in Niedersachsen und der Metropolregion?

Björn Thümler: Die niedersächsischen Standorte der Universitätsmedizin leisten einen bedeutsamen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in Niedersachsen, aber auch bundesweit. Wir haben allein in dieser Legislaturperiode bisher schon 191 Vollstudienplätze geschaffen und sind damit bei 789 Studienanfängerplätzen in Vollzeit. Dies entspricht einer Steigerung von über 30 Prozent.

Die Fachbereiche Medizin- sowie Pflegeinformatik nehmen in der nationalen sowie internationalen Gesundheitswirtschaft eine zunehmend größer werdende Rolle ein.

GesundheIT: Welche Rolle spielt Pflegeinformatik in absehbarer Zeit in Niedersachsen?

Björn Thümler: Die Bedeutung von Daten kann in den Lebenswissenschaften gar nicht hoch genug geschätzt werden. Dies gilt besonders für die erheblichen Fortschritte in der personalisierten Medizin, die sowohl in der Krankenversorgung als auch in der Pflege spürbare Verbesserungen versprechen. Damit wir diese Potenziale nutzen können, darf uns jedoch eine wichtige Ressource nicht verloren gehen: das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in eine verantwortungsvolle Verwendung und Speicherung sensibler Gesundheitsdaten. Ich bin daher sehr dankbar, dass in der KI-Strategie der Landesregierung dieser Aspekt intensiv beleuchtet wird. Gleichzeitig bin ich zuversichtlich, dass wir aufbauend auf der Medizininformatikinitiative der Bundesregierung auch den Bedarfen in der Pflege die gebührende Aufmerksamkeit widmen werden, um zum Wohle einer alternden Gesellschaft die Lebensqualität in Niedersachsen stetig zu verbessern.

48 Stunden geballte Digital Health Power, 500 Aussteller, 11000 Besucher*innen und 300 Speaker*innen – das ist unsere Bilanz der DMEA 2022. Was die Digital Health Community nach wie vor bewegt: Digitalisierung ist Gegenwart und Zukunft, es fehlen jedoch eine umfassende Strategie und eine eigene Vision für das deutsche Gesundheitssystem – leider nichts Neues. Vor allem die Notwendigkeit einer nationalen Strategie und entsprechender Entscheidungen hat Prof. Dr. Reinhold Haux bereits vor Jahren in einer internationalen Vergleichsstudie nachgewiesen. Mehr zu den Fokusthemen hier.  

  • Interoperabilität ist eine Grundvoraussetzung für digital Health

Interoperabilität bildet die Grundvoraussetzung für die digitale Medizin, auf der Big-Data und KI-Technologien aufbauen können.  Ein Thema für die nationale Strategie? 

(“A German-Israeli dialogue about Digital Health & AI presented by ELNET-Germany", DMEA, 27.04.22, Stage A. Keynote Lauterbach DMEA 2022, 26.04.22. Vgl. auch: e-health.com, “Interoperabilität - Voraussetzung für Künstliche Intelligenz und Big Data in der Medizin”, 26.02.19)   

  • Deutschland plant eine umfassende Strategie zur Digitalisierung des Gesundheitswesens - die digitale Identität soll kommen

„Ich verstehe mich als Digitalisierungsminister und stehe in der Bringschuld“ betont Lauterbach in diesem Zusammenhang. Der Fokus liegt zunächst auf der Schaffung einer digitalen Identität aller Patientinnen und Patienten in Deutschland, welche die Grundlage für weitere digitale Anwendungen im Gesundheitsbereich bildet. Zudem stehen die Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte sowie die verpflichtende Einführung des elektronischen Rezepts auf der Agenda.   

(Keynote Lauterbach DMEA 2022, 26.04.22)  

  • Der Return on Digital muss spürbar sein

Schlechte analoge Prozesse ergeben schlechte digitale Prozesse – so weit, so bekannt. Entscheidend ist die konsequente Kundenzentrierung. Die digitale Medizin ist eine neue Medizin, nicht eine Kopie der analogen Medizin.  

(“A German-Israeli dialogue about Digital Health & AI presented by ELNET-Germany", DMEA, 27.04.22, Keynote Lauterbach DMEA 2022, 26.04.22.)  

  • Daten müssen ein Gebrauchsgegenstand werden

Gesundheitsdaten werden weniger bereitwillig geteilt als andere private Daten. Patient*innen müssen das Recht haben zu entscheiden, mit wem sie ihre Daten teilen wollen.  

(“A German-Israeli dialogue about Digital Health & AI presented by ELNET-Germany", DMEA, 27.04.22)  

  • European Vision For AI 2021  

Gegenwart und Zukunft der Künstlichen Intelligenz in Europa benötigen einen wegweisenden Rechtsrahmen. Künstliche Intelligenz muss von Menschen überwacht werden – eine echte Herausforderung, sobald wir es mit selbstlernenden Systemen zu tun haben, die ihre Algorithmen selbst programmieren. 

(Kongress: “Digitalisierung in der Pflege - nicht nur im Krankenhaus”, DMEA, 27.04.22)    

  • Green Health gewinnt an Bedeutung

Das Thema Green Health gewinnt zunehmend an Bedeutung. In Zukunft wird “digital” als Innovationsfaktor im Gesundheitswesen nicht mehr ausreichen. Nachhaltigkeit und Digitalisierung müssen im vergleichsweise emissionsstarken Gesundheitssystem zusammengedacht und -gebracht werden. Die Zielsetzung: Klimaneutralität bis 2030 im Gesundheitswesen, CO2 Bepreisung und Bewertungsmaßstäbe.  

(“Green is the new Digital - warum Digital Health in der Zukunft nicht mehr ausreicht!”, DMEA, 26. April 2022)  

  •   Telemedizin ist gekommen um zu bleiben  

Telemedizin ist eine andere Form der Medizin: Behandlung werden zunehmend so durchgeführt, dass eine körperliche Anwesenheit vor Ort durch eine digitale Anwesenheit ersetzt wird. Im Mittelpunkt steht der Patient. Die Vorteile sind vielfältig, die Herausforderungen auch. Probleme bestehen aktuell in der Abrechnung der telemedizinischen Leistungen sowie in der Akzeptanz und Umsetzung vor Ort in den Praxen. Klar ist: Telemedizin ist gekommen um zu bleiben.  

(“Telemedizin: Gekommen, um zu bleiben”, DMEA, 27. April 2022)  

  • Mehr Schnelligkeit und Mut zu Innovation  

Und zum Schluss ein Evergreen: Wir sollten nicht immer nach den 100% beim Markteintritt streben, sondern schneller werden und aus möglichen Fehlern lernen. Schnell und mutig voran ist das Motto.  (“A German-Israeli dialogue about Digital Health & AI presented by ELNET-Germany", DMEA, 27.04.22)  

In dieser Ausgabe durften wir mit Dr. Corinna Morys-Wortmann, Leiterin der Geschäftsstelle Gesundheitsregion Göttingen/Südniedersachsen sprechen.

Ich wünsche mir, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen endlich schneller Fahrt aufnimmt und es an Stelle der dicken Papierakte ein geschmeidig funktionierendes, digitales Dokumentationssystem gibt, in dem tatsächlich alle beteiligten Leistungserbringer*innen kommunizieren können.

Dr. Corinna Morys-Wortmann

GesundheIT: Frau Dr. Morys-Wortmann, welche Forschungsschwerpunkte hat Ihre Gesundheitsregion im Bereich der (digitalen) Gesundheitswirtschaft?

Morys-Wortmann: Südniedersachsen hat mit dem Institut für Medizinische Informatik an der UMG - Universitätsmedizin Göttingen einen starken Forschungspartner, der überregional und international in Netzwerke der Medizinischen- und der Versorgungsforschung eingebunden ist. Als exemplarische Beispiele seien genannt: die Medizininformatikinitiative, das HiGHmed Konsortium und das Zukunftslabor Gesundheit. Aber auch in Sachen Rechnerinfrastruktur ist Göttingen mit der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen (GWDG) ein starker Partner für die Forschung:

Der Göttinger Supercomputer „Emmy“ ist Norddeutschlands schnellster Rechner und belegte weltweit im Jahr 2020 Platz 47. Emmy ist ein System des Norddeutschen Verbundes für Hoch- und Höchstleistungsrechnen (HLRN), das von der GWDG und der Universität Göttingen betrieben wird. Auch die aQua-Institut GmbH ist im Bereich Versorgungsforschung als Partner bundesweit in viele erfolgreiche Projekte eingebunden. Ein Blick in die Praxis zeigt: intelligente, digitale Lösungen sind auch für den Krankentransport im ländlichen Raum ein wichtiger Erfolgsfaktor für Qualität, Schnittstellenmanagement und Pünktlichkeit. Hier setzt R+ MediTransport aus Gieboldehausen Maßstäbe.

GesundheIT: Was sind Ihre Zukunftsvisionen?

Morys-Wortmann: Ehrlich gesagt: als Patientin wünsche ich mir, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen endlich schneller Fahrt aufnimmt und es an Stelle der dicken Papierakte ein geschmeidig funktionierendes, digitales Dokumentationssystem gibt, in dem tatsächlich alle beteiligten Leistungserbringer*innen, von der Arzt- und Physiotherapiepraxis bis zur Hebamme kommunizieren und dokumentieren können. Aktuell gibt es schon viele Ansätze dafür, aber ein gutes Stück Weg liegt noch vor uns. Ein Beispiel für die Vernetzung der verschiedenen Leistungserbringer, auch über den engeren Kreis des Gesundheitswesens hinaus, ist unsere Plattform HEDI, die das Ziel hat, Schwangere und junge Eltern mit Hebammen, Gynäkolog*innen, Kinderärzt*innen aber auch mit sozialen Beratungsstellen zu vernetzen.

GesundheIT: Was ist das Besondere an Ihrem Projekt zur digitalen Schwangerenversorgung?

Morys-Wortmann: Mit www.hedi.app haben wir zusammen mit unserem Kooperationspartner, der aidminutes GmbH, eine mehrsprachige, kostenlose und werbefreie Plattform entwickelt. Von Anfang an wurden die zukünftigen Nutzergruppen mit in die Entwicklung einbezogen: Hebammen, Schwangere, Ärzt:innen und Fachkräfte aus den verschiedenen Beratungsstellen. Kurzfristig wurde Ukrainisch neben Deutsch, Englisch, Französisch und Farsi implementiert, so dass aktuell 160 leitlinienkonforme Informationstexte in diesen Sprachen frei verfügbar und für Südniedersachsen auch mit den entsprechenden Kontaktadressen verknüpft sind. Im Sommer werden auch das DSGVO-konforme Kommunikationsmodul, das wie die Telematikinfrastruktur den Matrix-Chat nutzt, und das Koordinationsmodul - die „virtuelle Hebammenzentrale“ - für Südniedersachsen online gehen. Aktuell sind wir bundesweit mit weiteren Landkreisen im Gespräch, die daran interessiert sind, HEDI bei sich zu implementieren. Das bietet uns die Chance, aus einem als „Soziale Innovation“ aus ESF-Mitteln geförderten Projekt den Übergang in die Verstetigung zu schaffen.

GesundheIT: Welchen Mehrwert wünschen Sie sich aus dem Verbund der Metropolregion und was bringen Sie mit?

Morys-Wortmann: Der Mehrwert der Metropolregion sollte nach innen in einer guten Vernetzung der verschiedenen Institutionen und aktiven Mitglieder aus allen thematischen und regionalen Bereichen liegen. Nach außen kann sie durch eine überregionale Sichtbarkeit der Themen, Projekte und Kompetenzen in der Region z.B. durch gemeinsame Messeauftritte und andere Marketingmaßnahmen einen wirklichen Mehrwert schaffen.

Was wir mitbringen: Südniedersachsen besitzt neben der UMG eine sehr hohe Dichte an Forschungsinstituten und Firmen im Life Science Bereich und damit auch der Gesundheitswirtschaft. In der Gesundheitsregion, die Stadt und Landkreis Göttingen und die Landkreise Northeim und seit Anfang 2022 auch Holzminden umfasst, ist jeder fünfte Arbeitsplatz dem Gesundheits- und Sozialwesen zuzuordnen. Thematisch sind Neurowissenschaften und Bioimaging wichtige Themen. Die Life Science Factory, der Gesundheitscampus Göttingen und Firmen wie Sartorius, Evotec und Ottobock sind die Leuchttürme der Region.

GesundheIT: Vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Dr. Morys-Wortmann.

Bereits nach einer Woche konnte Susanne Kiesewetter das KRH Klinikum Siloah wieder verlassen. Neben den regelmäßigen Nachsorge- und Begleituntersuchungen ihrer Lebererkrankung sind ihr für die kommenden Wochen nur drei kleine Punkte und ein etwa vier Zentimeter langer Schnitt auf dem Bauch geblieben. „Ich bin total froh, dass das Ding endlich raus ist und dass es mir schon wieder so gut geht“, gesteht die 53-Jährige. Das sie Teil einer Premiere war, spielt für sie nur eine Nebenrolle.

Auch aus Expertensicht ist alles optimal gelaufen, bestätigt Prof. Dr. Josef Fangmann, Sektionsleiter für hepatobiläre Chirurgie in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und minimalinvasive Chirurgie im KRH Klinikum Siloah: „Frau Kiesewetter hat das Problem, dass sich auf ihrer Leber gutartigen Geschwüre, so genannte Adenome bilden. Eines dieser Geschwüre bereitete ihr besondere Probleme. Es freut uns sehr, dass wir ihr mit der Entfernung ein Stück Lebensqualität zurückgeben konnten.

Natürlich stehen für die Behandler auch das Wohlergehen der Patientin und der erfolgreiche Eingriff im Mittelpunkt. Das Besondere aus Sicht der medizinischen Experten war jedoch, dass es zum ersten Mal gelungen ist, einen leberchirurgischen Eingriff mit Hilfe des DaVinci OP Roboters durchzuführen. „Seit Anfang 2022 wird dieser am Klinikum Siloah auch für Operationen am Dick- und Enddarm und an der Bauchspeicheldrüse eingesetzt“, verdeutlicht Dr. Heiko Aselmann, Sektionsleiter für roboterassistierte Chirurgie in der Klinik für Allgemeinchirurgie. „Jetzt auch solche großen Operationen minimalinvasiv anbieten zu können, ist ein weiterer Meilenstein in unserer Entwicklung.“

„Möglich geworden ist dies durch unsere besondere Expertise und Vernetzungskultur“, beschreibt Prof. Dr. Julian Mall, Chefarzt der Klinik die Rahmenbedingungen unter denen diese Behandlung möglich war. „Sowohl die roboterassistierte Chirurgie als auch die Leberchirurgie sind Bereiche, die eine hohe Spezialisierung der Behandler erfordern. Ein unglaublicher Mehrwert für unsere Patient*innen entsteht dann, wenn es uns wie in diesem Fall gelingt, das Können und Wissen effektiv zusammenzubringen.“

Nicht in jedem Fall ist ein roboterassistierter Eingriff die richtige Wahl – Es kommt auf die individuelle Problemlage des Patienten an. Grundsätzlich gilt aber, dass durch den Einsatz des DaVinci-Assistenzsystems größere Schnitte auch bei komplexen Eingriffen wie Leberoperationen vermieden werden können. Minimal invasive Eingriffe an der Leber führen zu einem geringeren Blutverlust, weniger postoperativen Schmerzen, einem kürzeren Krankenhausaufenthalt und einer schnelleren Erholung und sind dabei genauso sicher, wie klassische Operationen.

„Wir werden dieses Feld der roboterassistierten Leberchirurgie am KRH Klinikum Siloah schrittweise weiterentwickeln“, erklärt Robotikexperte Aselmann und der Leberspezialist Fangmann ergänzt hörbar zufrieden: „Der erste Meilenstein ist jedenfalls gesetzt.“

Quelle: Expertenteam meistert komplexen Eingriff bei junger Patientin (krh.de)

Bildquelle: KRH Klinikum Hannover

„Wie wollen wir in Zukunft zusammenleben? Wie wollen wir arbeiten? Deutschland braucht einen Startup Modus, wir müssen überall schneller werden“ – mit diesen Worten eröffnete Staatssekretär Stefan Muhle den ersten Pandemiepräventionsworkshop in der Metropolregion. Vergangene Woche trafen sich zahlreiche Stakeholder aus Wissenschaft, Wirtschaft und Versorgung zum ersten Workshop im Rahmen der Kommunikationsplattform PaPräKa. Im Fokus: Die Initiative RAPID Niedersachsen. Gemeinsam wurde in hybriden Arbeitsgruppen über eine Roadmap zur besseren Vorbereitung und Reaktion auf künftige pandemische Bedrohungen diskutiert und Input zur Optimierung von "nicht-wissenschaftlichen" Rahmenbedingungen der Arzneimittelentwicklung und Pandemieabwehr zusammengetragen.

Prof. Dr. Stefan Dübel, Professor für Biotechnologie an der TU Braunschweig und Projektpartner PaPräKa zeigt sich sehr zufrieden mit dem ersten Workshop: „Wir freuen uns über die große Unterstützung und die vielen kreativen Beiträge der Teilnehmenden. Wenn es nun zur Umsetzung kommt, können wir pandemischen Bedingungen mit RAPID Niedersachsen deutlich schneller und effizienter begegnen.“

Im nächsten Schritt heißt es nun für die Projektpartner TU Braunschweig, Innovationszentrum Niedersachsen GmbH und Metropolregion GmbH: Ergebnisse zusammentragen und einen Punkteplan ausarbeiten, der unter anderem Forderungen für Genehmigungsverfahren, Verträge, Koordination, Ressourcen, Translation, Wissenschaftskommunikation und Forschungsförderung beinhaltet.

Ein großer Dank geht an die Staatsekretärin Dr. Sabine Johannsen und Staatssekretär Stefan Muhle für die motivierenden Grußworten, Prof. Dr. Melanie Brinkmann, Prof. Dr. Nils Hoppe und Prof. Dr. Stefan Dübel für die spannenden Impulsvorträge und die Leitung der Arbeitsgruppen sowie an Tanja Föhr, die mit ihren Sketch-Notes durch die Veranstaltung führte und natürlich an alle Teilnehmer*innen, die die Initiative RAPID Niedersachsen ihrem Ziel mit ihrem wertvollen Input ein großes Stück näher bringen: Pandemieprävention im Fast Track. Mehr über RAPID hier: https://startup.nds.de/rapid/

Mehr über PaPräKa unter: https://metropolregion.de/gesundheit/papraeka/

60 Minuten Automotive Health – Wir haben in unserem FokusTalk mit Expert*innen aus Gesundheit, Versorgung, Wissenschaft und Verbraucherschutz über den Status Quo und die Zukunft von Gesundheit im Auto gesprochen. Dabei im Fokus: die International Standard Accident Number (ISAN) des Peter L. Reichertz Instituts als Bestandteil der digitalen Rettungskette. Neben Fahrzeugen sollen zukünftig auch Wohnungen und Wearables Notsituationen erkennen und automatisch einen Notruf absetzen können. Dabei werden bereits Informationen zur Situation, Krankheitsstand und weiteren relevanten Informationen, wie beispielsweise die Anzahl der Insassen, der Füllstand des Tanks oder der Batterie übermittelt – und das rein technisch über eine sichere Kommunikationsstruktur. Wir haben die Kernthemen und Forderungen rund um das Thema Automotive Health zusammengefasst.

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“Unsere smarte Rettungskette: Fahrzeuge und Wohnungen sollen automatisch einen Notfall erkennen, einen Notruf absetzen und Informationen übermitteln”

– Prof. Dr. Thomas Deserno, Stv. Geschäftsführer am PLRI

Datenschutz: Das Thema Datenschutz ist essenziell. Wie können hoch sensible Daten, die sowohl aus Fahrzeug- als auch Gesundheitsdaten bestehen verbunden werden, ohne dass wir zu gläsernen Fahrer*innen werden? Laut der Verbraucherzentrale geben rund 35% der Autofahrer*innen an, dass sie bereits der Übermittlung ihrer Mobilitätsdaten nicht zustimmen würden. Eine vertrauensvolle Systemarchitektur ist hier von besonderer Bedeutung.

Das Projekt ISAN zielt auf Datensparsamkeit ab und stellt eine Datentreuhänderschaft in den Fokus. Die Weiterleitung von Daten soll auf freiwilliger Basis geschehen und nur solche Daten umfassen, die wirklich für die Rettungskette relevant sind. Die Kernidee von ISAN: Die Daten bleiben da, wo sie erhoben wurden – im Datenspeicher des Fahrzeuges – und werden nur in einer Notsituation bereitgestellt. Im ISAN Projekt ist zunächst die PTB der Treuhänder. Sobald ISAN Marktreif ist, soll die Datentreuhänderschaft neu vergeben werden. Die Projektbeteiligten stellen klar, dass keine Daten bei den Fahrzeugherstellern landen.

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„Der vertrauensvolle Umgang mit Daten aus dem Auto rettet Leben, reduziert oder vermeidet gar Langzeitbeeinträchtigungen der Fahrzeuginsassen”

–  Prof. Dr. Siegfried Hackel, PTB

Infrastruktur: Sowohl eCall als auch ISAN benötigen ein flächendeckendes Netz um Daten zu übertragen und Hilfe in Form von Fahrzeugen oder Rettungskräften an den Unfallort anzufordern. Da das ISAN-Projekt nicht nur den Bereich Automotive Health, sondern ebenso den Bereich Smart Home abdeckt, ist nicht nur in Ballungszentren sondern auch auf Feldwegen, im Wald oder auf dem Berg ein flächendeckendes Netz essenziell.

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„Der eCall ist ein System, das auch dann arbeiten kann, wenn die Fahrer oder die Insassen im Fahrzeug nicht mehr in der Lage sind zu reagieren“

– Frank Brennecke, Geschäftsführer OCEON Products & Services GmbH

Finanzierung: Hier muss zwischen der akuten Notfallsituation und Gesundheitsprävention unterschieden werden. Mit einem EKG am Lenkrad lässt sich die Regelmäßigkeit des Herzschlags überprüfen, um beispielsweise einen Schlaganfall frühzeitig zu erkennen. Hier eröffnet sich eine Schnittstelle zu Krankenkassen. Autohersteller können die Nutzung von ISAN zudem als Premium-Feature anbieten. Die Finanzierung ist an dieser Stelle noch nicht eindeutig geklärt.

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“Wir brauchen eine verbraucherfreundliche, starke Sicherheitsarchitektur beim Zugang zu Fahrzeugdaten. Autohersteller dürfen nicht zu Gatekeepern für Mobilitätsdaten werden“

– Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen, Verbraucherzentrale Bundesverband

„Wir werden 2030 gar nicht mehr über Automotive Health sprechen. Das Auto in 2030 wird ein Smartphone auf Rädern sein. Gesundheitsanwendungen werden wie das Health-Kit auf dem iPhone selbstverständlich sein“

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– Prof. Dr. David Matusiewicz, Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule

Wie geht es für ISAN weiter? Der nächste Schritt im ISAN-Projekt ist der Feldversuch: Dabei soll demonstriert werden, wo und an welchen Stellen eine sichere Kommunikation einen Mehrwert für die Rettungskette bietet.

Sie wurde kürzlich von Prof. Karl Lauterbach in die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung berufen. Seit der letzten Krankenhaus-Strukturreform im Jahr 2002 haben sich viele Themen angestaut. Die Coronapandemie scheint den Blick auf notwendige Strukturen ebenfalls verändert zu haben. Wir durften mit Frau Prof. Martina Hasseler reden.

GesundheIT: Krankenhausversorgung, Facharztversorgung, Landarztquote - müssten wir nicht eigentlich von medizinischer Versorgung sprechen und folglich vernetzter denken?

Hasseler: Unser Problem in Deutschland ist, dass wir Gesundheitsversorgung nur ärztlich und in ICD-Krankheitsdiagnosen denken. Es wird vergessen, dass sogar für das Erstellen von Krankheitsdiagnosen wie auch das Umsetzen einer Therapie mehrere Gesundheitsberufe erforderlich sind. Wir gehen in Deutschland viel zu sehr von einer einzigen Berufsgruppen aus und vergessen dabei, dass eine bedarfsangemessene Gesundheitsversorgung nur interdisziplinär erfolgen kann. Eine Krankheitsdiagnose sagt erst mal wenig darüber aus, dass ein Mensch in gesundheitlicher und pflegerischer Versorgung braucht. Dafür brauchen wir ein Umdenken in Deutschland: es benötigt viele gut ausgebildete Gesundheitsberufe, die nur gemeinsame eine gute Gesundheitsversorgung erreichen können. Es geht also weniger um medizinische Versorgung als mehr um eine interdisziplinäre bedarfsangemessene Gesundheitsversorgung.

GesundheIT: Welche unterschiedlichen Herausforderungen sehen Sie in der Krankenhausversorgung und wie würden Sie priorisieren?

Hasseler: Die Regierungskommission hat letzte Woche ihre Arbeit begonnen. Aber sicherlich werden die Fragen der Finanzierung der Krankenhausleistungen, Abbau oder Nicht-Abbau von Krankenhäusern, regionale Krankenhausversorgung und weitere Themen mehr auf uns zukommen. Da ich die einzige Pflegewissenschaftlerin in der Regierungskommission bin, die auch die Praxis wie auch die Studienlagen aus anderen Ländern zum Mehrwert professioneller Pflege gut kennt, werde ich die Relevanz gut ausgebildeter Pflegeberufe, die in ausreichender Anzahl auch in Kliniken beschäftigt sein müssen, verdeutlichen. Bislang werden gut qualifizierte Pflegeberufe in Deutschland als Luxus betrachtet. Dabei zeigen Studienlagen aus dem internationalen Raum, dass gut qualifizierte Pflegeberufen einen hohen Mehrwert für Patienten*innen wie für Krankenhäuser haben. Ich werde auch verdeutlichen müssen, welcher Schaden der Pflegefachpersonalmangel auf allen Ebenen anrichtet, dass dieser nicht durch Pflegehelfer*innen in Krankenhäusern ausgeglichen werden kann.  Leider hat die Einführung des DRG-Systems zur Finanzierung der Krankenhäuser dazu geführt, dass auch hier vergessen wurde, dass eine gute Krankenhausversorgung nur interdisziplinär erfolgen kann. Des Weiteren werde ich versuchen darzustellen, dass bisher auch die Gesundheitsökonomie viel zu linear und eindimensional über die Finanzierung von Krankenhäusern nachdenkt und die Relevanz anderer Berufe nicht integriert.

GesundheIT: Was genau ist unter Deprofessionalisierung der Pflegeberufe zu verstehen? Was können wir von unseren europäischen Nachbarn lernen?

Hasseler: Wir müssen erst mal festhalten: die deutsche Pflegeausbildung ist zwei Stufen unter dem formalen Qualifikationsniveau europäischer Pflegequalifikationsabschlüsse. Während wir es in Deutschland mit dem Pflegeberufegesetz nicht geschafft haben, die deutsche Pflegeausbildung mit der europäischen Pflegeausbildung wirklich gleichzusetzen, entwickeln sich in Europa die Pflegeausbildungen weiter fort. In allen Ländern der EU studieren Pflegeberufe und erlangen mit dem Bachelorabschluss ihre Berechtigung als registrierte Pflegefachperson arbeiten zu dürfen. Deutschland ist in der EU dafür bekannt, noch eine veraltete Pflegeberufeausbildung an Pflegeschulen durchzuführen. Die Deprofessionalisierung der Pflegeberufe ist eine starke Entfachlichung der Pflegeberufe. Sie wird in Deutschland reduziert auf Verrichtungen und erkennt den therapeutischen, präventiven, gesundheitsförderlichen, rehabilitativen Mehrwert der Pflegefachberufe nicht an. Pflegeberufe, die auf akademischen Niveau qualifiziert und in ausreichender Anzahl in den Krankenhäusern arbeiten (Pflepgersonal-Patientenschlüssel) haben das Potenzial, Komplikations- und Sterberaten von Patienten*innen zu reduzieren und Kosten zu sparen. Da wir, wie oben dargestellt, immer noch überwiegen Pflegeausbildungen an Pflegeschulen anbieten, und auch keine Selbstverwaltung der Pflegeberufe und die Finanzierung der Leistungen der Pflegefachberufe nicht in den Sozialgesetzbüchern abgesichert haben, ist die deutsche Pflege bzw. sind die deutschen Pflegeberufe in den letzten 20 bis 30 Jahren deprofessionalisiert worden. Gerade bezogen auf die formalen Qualifikationsniveaus können wir in Deutschland nicht mehr mit der EU und der Welt mithalten. Aber weil es auch kein Leistungsrecht gibt, dass die Fachpflege finanziert, hat professionelle Pflege auch keinen Platz in unserem Gesundheitssystem.

GesundheIT: Kürzlich wurde eine Digitalisierungsstrategie für das deutsche Gesundheitswesen angekündigt. Neu sind solche Vorhaben nicht.  Wo sehen Sie das Potential für digitale Lösungen in der pflegerischen Versorgung im Krankenhaus und welche Hürden sind abzuräumen?

Hasseler: Das Problem ist, da unsere Entscheidungsträger in unserem System zumeist von einem sehr simplen Verständnis pflegerischer Versorgung ausgehen, dass die Pflegewissenschaft und die Pflegefachlichkeit in der Entwicklung der Digitalisierung im Gesundheitswesen in ihren professionellen Prozessen und Leistungen nicht mitgedacht werden. Wie in den Antworten zu Frage 1 bereits ausgeführt, gehen wir Deutschland irrtümlicherweise davon aus, dass eine medizinische Diagnose ausreicht, um eine gute Gesundheitsversorgung zu erreichen. Das tut sie aber nicht. Eine medizinische Diagnose kann allenfalls ein Anfang sein, wenn alle Gesundheitsberufe integriert werden, um dann zu eruieren, welche Versorgungsbedarfe daraus resultieren. Darüber hinaus gibt es aber auch Pflegediagnosen, die in Deutschland gar nicht etabliert sind oder eben die Einschätzung aller anderen Gesundheitsberufe, die für eine gute Gesundheitsversorgung von Bedeutung sind. Für die Pflegefachlichkeit und Pflegeberufe wird eine Digitalisierung nur dann sinnvoll sein, wenn diese den Pflegeprozess in den unterschiedlichen Settings und Sektoren unterstützen. Die Digitalisierung wird in vielen Bereichen die pflegerische Versorgung und den Pflegeprozess verändern. Sie wird aber nicht dafür sorgen, dass wir in Zukunft keine Pflegeberufe mehr benötigen. Wir werden in Zukunft besser ausgebildete Pflegeberufe benötigen, die auch im Bereich der IT und der Digitalisierung qualifiziert sind. Wenn der Pflegeprozess und die Anteile der pflegefachlichen Versorgung in der Digitalisierung von Krankenhäuern nicht mitgedacht werden, sondern immer nur von einer Berufsgruppe aus gedacht wird, besteht die Gefahr, dass eine bedarfsangemessene Digitalisierung für eine gute Patient*innenversorgung nicht erfolgen kann. Die Digitalisierung in den Krankenhäusern wird also nicht den Pflegepersonalmangel beheben, sondern nur die die Bedarfe an gut ausgebildeten Pflegefachpersonen verändern und die Digitalisierung in den Krankenhäusern kann nur gut gelingen, wenn die interdisziplinären Prozesse der Gesundheitsversorgung mitgedacht und zwingend integriert werden. Die Digitalisierung in den Krankenhäusern ist komplexer als manche vermutlich annehmen, wenn sie den  zukunfts- und patienten*innenorientiert entwickelt werden soll.

GesundheIT: Vielen Dank Frau Prof. Hasseler und viel Erfolg bei dieser so wichtigen Aufgabe.

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