Deep Learning erkennt molekulare Muster von Krebs

Veröffentlicht: 30. Juni 2022
© Akalin Lab, MDC

Wie unterscheiden sich krebskranke von gesunden Zellen? Ein neuer Machine-Learning-Algorithmus namens „ikarus“ kennt die Antwort, berichtet ein Team um den Bioinformatiker Altuna Akalin vom MDC nun im Fachjournal „Genome Biology“. Das Programm hat eine charakteristische Gensignatur gefunden.

Wenn es darum geht, in Datenbergen Muster zu identifizieren, ist ein Mensch einer künstlichen Intelligenz (KI) chancenlos unterlegen. Besonders das maschinelle Lernen, ein Teilbereich der KI, wird oft eingesetzt, um Gesetzmäßigkeiten in Datensätzen zu finden – sei es zur Aktienmarktanalyse, Bild- und Spracherkennung oder der Klassifizierung von Zellen. Um Krebszellen zuverlässig von gesunden Zellen zu unterscheiden, hat ein Team um Dr. Altuna Akalin, Leiter der Technologieplattform „Bioinformatik und Omics-Datenwissenschaft“ am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), nun ein Machine-Learning-Programm namens „ikarus“ entwickelt. In den Tumorzellen fand das Programm ein krebsübergreifendes Muster, bestehend aus einer charakteristischen Kombination an Genen. Der Algorithmus entdeckte in dem Muster außerdem Arten von Genen, die man bislang nicht eindeutig mit Krebs in Verbindung gebracht hatte, schreibt die Forschungsgruppe im Fachjournal „Genome Biology“.            
 
Maschinelles Lernen bedeutet im Grunde, dass ein Algorithmus anhand von Trainingsdaten selbstständig lernt, bestimmte Fragestellungen zu beantworten. Seine Strategie ist dabei, nach Mustern in den Daten zu suchen, die ihm bei der Problemlösung helfen. Nach der Trainingsphase kann das System das Gelernte verallgemeinern und somit unbekannte Daten beurteilen. „Eine große Herausforderung war, geeignete Lerndatensätze zu bekommen, bei denen Fachleute bereits eine präzise Einteilung der Zellen in ‚gesund’ und ‚krebskrank’ vorgenommen hatten“, erzählt Jan Dohmen, der Erstautor der Studie.           
 
Eine überraschend gute Trefferquote    
 
Obendrein sind Datensätze aus Einzelzell-Sequenzierungen häufig verrauscht. Das bedeutet: Die Informationen über die molekularen Eigenschaften der einzelnen Zellen sind nicht ganz genau – weil zum Beispiel in jeder Zelle eine unterschiedliche Anzahl Gene erkannt wird oder die Proben nicht immer gleich verarbeitet werden. Sie hätten unzählige Publikationen durchforstet und etliche Forschungsgruppen kontaktiert, um ausreichend gute Datensätze zu bekommen, berichten Dohmen und sein Kollege Dr. Vedran Franke, der Ko-Leiter der Studie. Mit Daten von Lungen- und Darmkrebszellen trainierte das Team den Algorithmus schließlich, bevor dieser auf Datensätze von weiteren Tumorarten angewendet wurde.           
 
In der Trainingsphase musste ikarus eine Liste charakteristischer Gene finden, anhand derer das Programm die Zellen einteilen konnte: „Wir haben verschiedene Ansätze ausprobiert und verfeinert“, sagt Dohmen. Eine zeitintensive Arbeit, wie alle drei Forscher erzählen. „Ausschlaggebend war, dass ikarus letztlich zwei Listen nutzte: eine für Krebsgene und eine für Gene anderer Zellen“, erklärt Franke. Nach der Lernperiode konnte der Algorithmus auch bei anderen Krebsarten zuverlässig zwischen gesunden und krebskranken Zellen unterscheiden, etwa in Gewebeproben von Leberkrebs oder Neuroblastomen. Seine Trefferquote lag meist nur wenige Prozent daneben. Das hat auch die Forschungsgruppe überrascht: „Wir haben nicht erwartet, dass eine gemeinsame Signatur existiert, die Tumorzellen von verschiedenen Krebsarten so genau definiert“, sagt Akalin. „Noch können wir allerdings nicht sagen, dass die Methode für alle Krebsarten funktioniert“, fügt Dohmen hinzu. Damit ikarus zuverlässig bei der Krebsdiagnose helfen kann, wollen die Forschenden ihn noch an weiteren Tumorarten testen.

KI als vollautomatische Diagnose-Hilfe  
 
Die Klassifizierung „gesund“ versus „krebskrank“ ist dabei längst nicht das Ende des Projekts. In ersten Tests konnte ikarus bereits zeigen, dass sich die Methode auch andere Zelltypen oder bestimmte Subtypen von Tumorzellen unterscheiden kann. „Wir wollen den Ansatz verallgemeinern“, sagt Akalin, „also ihn derart weiterentwickeln, dass er alle möglichen Zelltypen in einer Biopsie unterscheiden kann“.
 
In der Klinik schauen sich Pathologen Gewebeproben von Tumoren meist nur unter dem Mikroskop an und identifizieren so die unterschiedlichen Zelltypen. Das ist mühsam und kostet viel Zeit. Mit ikarus könnte dieser Schritt irgendwann vollautomatisch ablaufen. Außerdem könne man aus den Daten zusätzlich etwas über die unmittelbare Umgebung des Tumors ableiten, sagt Akalin. Das wiederum könnte den Ärztinnen und Ärzten helfen, eine optimale Therapie auszuwählen. Denn oftmals deute die Zusammensetzung des Krebsgewebes und der Mikroumgebung darauf hin, ob eine bestimmte Behandlung oder ein Medikament anschlagen wird oder nicht. Darüber hinaus hilft die KI möglicherweise, neue Medikament zu entwickeln: „Wir können mit ikarus Gene identifizieren, die potenzielle Treiber der Krebserkrankung sind“, sagt Akalin. Neuartige Wirkstoffe könnten dann an diesen molekularen Zielstrukturen ansetzen.            
 
Zusammenarbeit im Home-Office          
 
Bemerkenswert an der Publikation sei, dass die notwendigen Arbeiten vollständig während der Coronapandemie durchgeführt wurden. Alle Beteiligten waren zu der Zeit nicht an ihren normalen Arbeitsplätzen im Berliner Institut für Medizinische Systembiologie (BIMSB), das zum MDC gehört. Sie hielten im Home-Office nur über digitale Kanäle Kontakt. „Das Projekt beweist, dass man eine digitale Struktur schaffen kann, die wissenschaftliche Arbeiten unter diesen Bedingungen ermöglicht“, hebt Franke hervor.

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC)
 
Das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft gehört zu den international führenden biomedizinischen Forschungszentren. An den MDC-Standorten in Berlin-Buch und Mitte analysieren Forscher*innen aus rund 60 Ländern das System Mensch – die Grundlagen des Lebens von seinen kleinsten Bausteinen bis zu organübergreifenden Mechanismen. Wenn man versteht, was das dynamische Gleichgewicht in der Zelle, einem Organ oder im ganzen Körper steuert oder stört, kann man Krankheiten vorbeugen, sie früh diagnostizieren und mit passgenauen Therapien stoppen. Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sollen rasch Patient*innen zugutekommen. Das MDC fördert daher Ausgründungen und kooperiert in Netzwerken. Besonders eng sind die Partnerschaften mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin im gemeinsamen Experimental and Clinical Research Center (ECRC) und dem Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Am MDC arbeiten 1600 Menschen. Finanziert wird das 1992 gegründete MDC zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent vom Land Berlin.

Bildunterschrift: Proben von Darmkrebstumoren kann man – gemäß der Genexpression – in vier Standard-Subtypen einordnen. Die Plattform maui hat die Proben ähnlich klassifiziert. Allerdings gibt es nun Hinweise darauf, dass Subtyp 2 (in grün, Abbildung A) eigentlich in zwei Subtypen unterteilt werden müsste (grün und hellblau in Abbildung B).  

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Altuna Akalin           
Leiter der Technologieplattform „Bioinformatics and Omics Data Science“
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC)            
+49 30 9406-4271        
Altuna.Akalin@mdc-berlin.de

Originalpublikation:

Jan Dohmen et al. (2022): „Identifying tumor cells at the single-cell level using machine learning“. Genome Biology, DOI: 10.1186/s13059‐022‐02683‐1

Weitere Informationen:

https://genomebiology.biomedcentral.com/track/pdf/10.1186/s13059-022-02683-1.pdf - Paper
https://www.mdc-berlin.de/de/news/press/maui-deep-learning-krebs-kuenstliche-int... -

Quelle: https://idw-online.de/de/news795386

Weitere 13 Millionen Euro fürs Klinikum Braunschweig vom Land

Ende 2023 wird der Standort Holwedestraße des Städtischen Klinikums seine Pforten schließen. Alle aktuell dort befindlichen Bereiche ziehen dann in die Salzdahlumer Straße. Ein Großprojekt nicht nur für Braunschweig, sondern auch für Niedersachsen: Nachdem das Land in diesem Jahr bereits 20 Millionen Euro für das Projekt in das Investitions­programm aufgenommen hatte, kommen nun weitere 13 Millionen hinzu.

Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum: „Damit leistet das Land einen weiteren wichtigen Beitrag für das derzeit größte öffentliche Investitionsprojekt in Braunschweig. Mit dem Zwei-Standorte-Konzept  können wir unseren regionalen Maximalversorger für die Zukunft sicher aufstellen.“

Neben den Fachbereichen Ästhetische, Plastische und Handchirurgie und der HNO-Klinik ziehen auch die Unfallchirurgie und die Orthopädie von der Holwedestraße in die Salzdahlumer Straße um. Durch die Zusammenlegung wird die größte zentrale Notaufnahme außerhalb der Universitätskliniken in Niedersachsen entstehen – sie wächst von 950 auf 1450 Quadratmeter, aus bisher 27 Behandlungsplätzen werden 40.

Quelle: Stadt Braunschweig | presse-service.de

Melanie Wendling wird neue Geschäftsführerin des bvitg

Führungswechsel beim Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e. V.: Melanie Wendling übernimmt die Geschäftsführung des Verbandes und tritt die Nachfolge von Sebastian Zilch an. „Wir schauen dankbar auf Jahre erfolgreicher Arbeit von Sebastian Zilch als Geschäftsführer des Verbandes zurück. Gleichzeitig freuen wir uns sehr, dass wir mit Frau Melanie Wendling wieder eine außerordentlich kompetente Geschäftsführerin gefunden haben, die mit dem Gesundheitswesen bestens vertraut ist und mit unseren Mitgliedern die Digitalisierung in Deutschland weiter voranbringen wird“, erklärt Gerrit Schick, Vorstandsvorsitzender des bvitg.

Melanie Wendling war zuletzt als Abteilungsleiterin Gesundheit und Rehabilitation bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung tätig. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Abschluss der RTL-Journalistenschule arbeitete sie als persönliche Referentin von Bundesministerin Ulla Schmidt und Bundesminister Philipp Rösler im Bundesministerium für Gesundheit. Im Anschluss wechselte sie zu Telekom Healthcare Solutions, wo sie die Politik und Verbandsvertretung verantwortete.

„Die Digitalisierung des Gesundheitswesens hat in den letzten Jahren rasant an Tempo gewonnen. Ich freue mich sehr darauf, diesen Wandel zusammen mit dem Team des Bundesverbandes Gesundheits-IT aktiv mitzugestalten – zum Wohle der Patient*innen und als vernehmbare Stimme der IT-Anbieter in Deutschland”, sagt Melanie Wendling. Der auf der DMEA angekündigte partizipative Strategieprozess des Bundesministeriums für Gesundheit ist für sie eines der drängendsten Themen der nächsten Zeit: „Klar muss dabei aber auch sein: Eine nachhaltige, innovative und digitale Gesundheitsversorgung in Deutschland kann nur gemeinsam mit dem bvitg und seinen Mitgliedsunternehmen gestaltet werden”, so Wendling.

Gemeinsam mit seinen über 100 Mitgliedsunternehmen arbeitet der bvitg daran, die Gesundheits-IT für alle Versorgungsbereiche zu etablieren, um so die gesundheitliche Versorgung der Menschen in Deutschland zu verbessern.

Quelle: https://www.bvitg.de/melanie-wendling-wird-neue-geschaeftsfuehrerin-des-bvitg/

Die kartenlose Anmeldung in der E-Rezepte App ist da

Die Mobil Krankenkasse geht als eine der ersten Krankenkassen neue Wege und ermöglicht Versicherten die vereinfachte Nutzung digitaler Lösungen. Als eine der ersten gesetzlichen Krankenkassen hat sie die kartenlose Anmeldung für die E-Rezept-App umgesetzt.

Das E-Rezept ist in Deutschland bereits angekommen. Zum 1. Juni 2022 sind bereits über 25.000 E-Rezepte eingelöst worden. In den kommenden Wochen ist ein erheblicher Zuwachs zu erwarten. Bald wird jeder Versicherte in den Kontakt mit dem E-Rezept kommen.

Damit die Versicherten die Vorteile des elektronischen Rezeptes mittels App nutzen können, sind grundsätzlich eine Gesundheitskarte mit NFC-Funktion (Funkstandard zur drahtlosen Datenübertragung), eine PIN sowie ein NFC-fähiges Smartphone zusätzlich erforderlich. Für die Versicherten der Mobil Krankenkasse geht es aber auch einfacher und schneller: Als eine der ersten gesetzlichen Krankenkassen hat die Betriebskrankenkasse die kartenlose Anmeldung für die E-Rezept-App umgesetzt. Alle Versicherten, die ein sicheres Identifikationsverfahren durchlaufen haben, können sich damit direkt in der E-Rezept-App anmelden. Dabei wird die „ePA App“ der Mobil Krankenkasse für die Anmeldung am E-Rezept-System genutzt.

 „Die Mobil Krankenkasse leistet damit Pionierarbeit und zeigt, dass es immer auch einen konstruktiven Weg im Sinne der Versicherten gibt, um digitale Lösungen allen Beteiligten zur Verfügung zu stellen“, erklärt Florian Hartge, Chief Production Officer bei der gematik GmbH. Mario Heise, Vorstandsvorsitzender der Mobil Krankenkasse, ergänzt: „Gemeinsam mit der gematik GmbH, der Mobil ISC GmbH sowie der Research Industrial Systems Engineering (RISE) Forschungs-, Entwicklungs- und Großprojektberatung GmbH haben wir verschiedene Möglichkeiten rund um die Anmeldung für das E-Rezept geprüft und ermöglichen unseren Versicherten fortan einen kartenlosen und zeitgemäßen Zugang zur Verschreibung.“

Die neue Möglichkeit zur Anmeldung in der App löst dabei zwei Herausforderungen, die bisher die Nutzung des E-Rezepts für Versicherte erschwert haben: Zum einen umgeht sie den Umstand, dass viele Versicherte noch keine NFC-fähige elektronische Gesundheitskarte oder noch keine dazugehörige PIN von ihrer Krankenversicherung erhalten haben. Zum anderen können sich nun auch Versicherte in der App anmelden, deren Smartphones keine NFC-Schnittstelle haben. Diesen Versicherten wird nun über ein sicheres und vereinfachtes Anmeldeverfahren die Nutzung der E-Rezept App ermöglicht. Diese Möglichkeit besteht in Anlehnung an das Prozedere, wie es die gesetzlichen Krankenkassen auch für die elektronische Patientenakte vorsehen und bietet neben Post- bzw. Video-Ident auch die Möglichkeit, sich persönlich im Service Point seiner Krankenkasse vorzustellen. Weitere 87 gesetzliche Krankenkassen stehen ebenfalls in den Startlöchern, diesen vereinfachten Prozess für ihre Versicherten anzubieten.

Wie es konkret funktioniert, zeigt die Anleitung „Kurz erklärt“:

https://www.gematik.de/media/gematik/Medien/E-Rezept/Dokumente/gematik_KurzErklaert_E_Rezept_Fasttrack.pdf

Nds. Digitalministerium sucht Robotik Talente: Bewerben bis zum 15.8.

Mit dem „Robotik Talente Preis“ zeichnet das Niedersächsische Digitalisierungsministerium auch 2022 wieder herausragende Abschlussarbeiten und Schulprojekte auf dem Gebiet der Robotik aus. In vier Kategorien werden Preisgelder von insgesamt 10.000 Euro vergeben. Bewerbungsschluss ist der 15.8.2022

Das Niedersächsische Wirtschafts- und Digitalisierungsministerium vergibt in diesem Jahr erneut den „Robotik Talente Preis“ für Promotionen sowie Master- und Bachelorarbeiten im Bereich Robotik. Mit einem Sonderpreis soll zusätzlich ein herausragendes Schulprojekt ausgezeichnet werden. Der Preis für Schulen würdigt insbesondere die Ausbildung von Kindern und Jugendlichen im Bereich Robotik, die besonders geeignet ist, soziale Barrieren und tradierte Rollenbilder zu überwinden und darüber hinaus ohne freiwilliges Engagement von Lehrerinnen und Lehrern sowie Eltern kaum möglich ist.

Preise für Promotion, Master, Bachelor und Schulprojekte

Bis zum 15.8.2022 können Bewerbungen eingereicht werden. Eine Jury aus Robotikexperten wird die Auswahl treffen. Die Auszeichnungen werden während der Digitalkonferenz TECHTIDE 2022 am 12. und 13.9.2022 übergeben. Insgesamt werden Preisgelder in Höhe von 10.000 Euro vergeben. Der „Robotik Talente Preis“ in der Kategorie „Promotion“ ist mit 3.000 Euro, in der Kategorie „Masterarbeit“ mit 2.500 Euro sowie in der Kategorie „Bachelorarbeit“ mit 1.500 Euro dotiert. Beim Sonderpreis für Schulen winkt ein Preisgeld von 3.000 Euro.

„Nachwuchs fit und sichtbar machen“

„Robotik und Künstliche Intelligenz sind zentrale Technologien für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft“, sagt Niedersachsens Digitalisierungsstaatssekretär Stefan Muhle. „Insbesondere an unseren Hochschulen arbeiten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler an den Innovationen von morgen. Mit unserem Wettbewerb wollen wir den Nachwuchs fit für die robotergestützten Veränderungen machen und die Arbeit junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich Robotik sichtbar machen.“

Bewerbungen können ab sofort unter christina.blume@mw.niedersachsen.de eingereicht werden. Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung

Am 23. Juni durften wir Dinah Stollwerck-Bauer in Hannover begrüßen. Auf ihrer dreitägigen Sommertour besuchte die Landesbeauftragte für regionale Landesentwicklung Leine-Weser 15 Projekte und Initiativen im Amtsbezirk, welche die regionale Entwicklung unterstützen und voranbringen.

„Ich freue mich sehr darauf, wieder vor Ort an den vielfältigen Projekten und Initiativen in unserer Region teilhaben zu können und die engagierten Menschen kennenzulernen, die sich für ihre Anliegen einsetzen und Impulse für die weitere Entwicklung geben”, sagte sie im Vorfeld ihrer Reise.

Im Zentrum ihres Besuchs in Hannover standen drei Projekte der metropolregionalen Gesundheitswirtschaft: die Pandemiepräventionsplattform PaPräKa, das Comprehensive Cancer Center (CCC-H) sowie Emma, ein Lieferdienst für Senioren- und Pflegeheime.

Linda Hoffmeister, Projektmanagerin Gesundheit bei der Metropolregion stellte gemeinsam mit dem Projektpartner Allan Koch, Themenmanager Pandemieprävention beim Innovationszentrum Niedersachsen, das vom Amt für regionale Landesentwicklung geförderte Projekt PaPräKa vor. Ziel des interdisziplinären Projekts ist es, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit durch zahlreiche Kommunikationsmaßnahmen stärker zu vernetzen und so dazu beizutragen, schneller und effizienter auf Pandemien reagieren und diesen im besten Fall vorbeugen zu können. Des Weiteren berichtete Prof. Hans Christiansen, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und spezielle Onkologie der Medizinischen Hochschule Hannover, über die Arbeit des CCC, das von der Deutschen Krebshilfe zum onkologischen Spitzenzentrum ernannt wurde und darauf ausgerichtet ist, krebskranken Menschen eine noch bessere, individuell zugeschnittene Behandlung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu ermöglichen. Das dritte vorgestellte Projekt hat Ralph Keller ins Leben gerufen: der innovative, seniorengerechte Online-Lieferservice Emma versorgt die Bewohner*innen von Pflege- und Seniorenheimen mit den Dingen des täglichen Bedarfs. Die Bestellung wird online aufgegeben und innerhalb von 24 bis 72 Stunden geliefert. Doch das ist nicht genug. Geplant ist, zukünftig auch das Einkaufserlebnis durch die Anwendung von VR-Brillen für die Bewohner*innen in die Einrichtungen zu bringen.

Wir danken Frau Stollwerck-Bauer sowie unseren Projektpartnern für den Besuch und die Unterstützung.

Das erste Amtsjahr, Pandemie und Wissenschaft in Niedersachsen, Pandemieprävention, Digitalisierung, Pflege und Studienplätze - Daniela Behrens, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und Björn Thümler, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur im Auf den Punkt.

GesundheIT: Frau Behrens, Sie sind jetzt seit etwas über einem Jahr im Amt und wir freuen uns heute erneut mit Ihnen sprechen zu dürfen. Schauen wir zunächst einmal zurück: Sie haben Ihr Amt in turbulenten Zeiten übernommen: Wie haben Sie das letzte Jahr wahrgenommen? (Sind Sie zufrieden oder hätten Sie etwas rückblickend anders gemacht?)  

Daniela Behrens: In der Tat, die Anfangszeit in der Hochphase der Pandemie war sehr turbulent und das ist noch vorsichtig ausgedrückt. Aber, ich war mir den Herausforderungen sehr bewusst, als mich der Ministerpräsident angerufen hat. Natürlich sieht man im Nachhinein Dinge, die noch besser hätten laufen müssen. Das ist in jeder Krisensituation so. Ein gutes Krisenmanagement erfordert, dass man schnell und trotzdem überlegt und vorausausschauend agiert. Wir sind in Niedersachsen im Vergleich mit anderen Ländern gut durch die vergangenen Monate gekommen. Das zeigt, wir haben viel richtig gemacht. Ich sage ausdrücklich „wir“, damit meine ich zum einen die Landesregierung und zum anderen mein Team im Ministerium, das mich von Anfang an konstruktiv und vertrauensvoll begleitet hat.

GesundheIT: Herr Thümler, wie blicken Sie als verantwortlicher Minister für Wissenschaft auf das letzte Jahr zurück - wie hat die Pandemie die Wissenschaft in Niedersachsen beeinflusst?  

Björn Thümler: In der Pandemie sind Wissenschaft und Forschung an sich, aber auch unsere exzellenten Forscherinnen und Forscher stärker in den Blick der breiten Öffentlichkeit getreten. Es freut mich sehr, dass auch gerade Forscherinnen aus Niedersachsen bundesweit Impulse gesetzt haben, um die Pandemie zu überwinden. Wir haben jedoch auch gesehen, dass das Verständnis für wissenschaftliche Prozesse vielfach noch geschaffen werden muss. Auch ist beunruhigend, mit wie viel Energie unsere Forschenden fachlich und persönlich angegriffen wurden, weil ihre Hinweise auf Kritik stießen. Wir haben gesehen, wie wichtig Transfer und Translation sind, um nicht nur Ideen in Niedersachsen zu entwickeln, sondern diese auch auszuwerten. Wir brauchen künftig noch leistungsfähigere Netzwerke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, ein modernes und möglichst zielgruppenspezifisches Verständnis für Wissenschaftskommunikation – und vielleicht auch einfach etwas mehr Zeit, um uns mit wissenschaftlichen Fragen zu beschäftigen und diese objektiv zu bewerten.

Themenfeld Pandemie/Prävention:

Der globale Covid-19 Ausbruch hat verdeutlicht, wie wichtig eine gute Vorbereitung zur Pandemiebekämpfung ist. Ziel des neuen Projektes PandemiePräventionsKampagnen (PaPräKa) der Metropolregion GmbH ist es, das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Präventivmaßnahmen gegen Pandemien zu schärfen, die relevanten Akteure zu vernetzen und in ihrer Arbeit zu unterstützen.

GesundheIT: Wo sehen Sie die Stärken in der Metropolregion bezüglich der Vorbereitung auf zukünftige Pandemien?

Daniela Behrens: Die Metropolregion Hannover, Göttingen, Braunschweig und Wolfsburg zeichnet sich durch eine außerordentlich gute medizinische Infrastruktur aus. Darüber hinaus ist sie ein bedeutender Wissenschafts- und Technologiestandort. An den Universitätskliniken und den außeruniversitären Einrichtungen wird unter anderem Spitzenforschung im Bereich der Infektionsmedizin betrieben. Niedersachsen hat als Innovations- und Forschungsstandort eine bundesweite Strahlkraft. Dies wird unter anderem deutlich durch die vielen und zum Teil sehr erfolgreichen Start-Ups und Firmengründungen in diesem Bereich. Eine weitere Stärke liegt in der Vielzahl medizinischer Ausbildungsstätten. Die Gesundheitsämter haben davon profifiert und konnten in der Pandemie schnell qualifiziertes und motiviertes Nachwuchspersonal als sogenannte Containment Scouts für die Kontaktpersonennachverfolgung gewinnen. Genau das war ein ganz entscheidenden Erfolgsfaktor, um die Ausbreitung des Coronavirus gut zu beherrschen. Niedersachsen ist ein vielfältiger und starker Standort. Im Bereich des Gesundheitswesens, wie auch in Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft bauen wir auf ein stabiles Fundament, das wir stetig ausbauen und auf das wir auch in Zukunft bauen können.

Themenfeld Pandemie/Long-Covid:

Die unter dem Begriff “Long-Covid“ zusammengefassten Langzeitfolgen einer Corona-Infektion sind eine Belastung für die Betroffenen und stellen zunehmend eine Herausforderung für unser Gesundheitssystem dar.

GesundheIT: Wo sehen Sie in den Forschungseinrichtungen der Metropolregion Potential, um “Long-Covid” besser zu verstehen und insbesondere die Datensammlung und- Auswertung voranzutreiben?  

Björn Thümler: Die Infektionsforschung in Niedersachsen ist sehr leistungsstark – dies gilt besonders für die Metropolregion. Besser werden können wir in Sachen Vernetzung. Hierzu leistet unser Forschungsnetzwerk COFONI einen bedeutenden Beitrag, dessen Aufbau wir mit Mitteln in Höhe von 8,4 Mio. Euro fördern. Seit Februar 2022 werden vier Projekte zu Long-Covid gefördert, von denen ich mir spannende Erkenntnisse verspreche. Wir müssen uns dem diffusen Krankheitsbild Long-Covid schrittweise nähern und daraus die richtigen Rückschlüsse ziehen. Dazu trägt auch der Expertenrat Long-Covid des MWK bei, im dem wir auch gemeinsam mit dem MS sowie der Versorgerseite Ansätze und mögliche Antworten diskutieren. Die Forschungseinrichtungen der Metropolregion sind, auch aufgrund ihrer starken Translationsorientierung, ideal aufgestellt, um zu weiteren Erkenntnisgewinnen beizutragen.

Themenfeld Digitalisierung:

Der Digitalisierungsbedarf im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) ist während der Pandemie verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

GesundheIT: Welche Maßnahmen zur Digitalisierung wurden in den vergangenen zwei Jahren im niedersächsischen ÖGD umgesetzt, welche weiteren Maßnahmen sind konkret geplant?  

Daniela Behrens: Der ÖGD hat während der Pandemie Großartiges geleistet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an ihre Grenzen und oft auch darüber hinaus gegangen. Dafür können wir uns gar nicht oft genug bedanken.

Die Pandemie hat Vieles im Bereich der Digitalisierung vorangebracht. Wir haben zum Beispiel landesweit in den kommunalen Gesundheitsämtern mit dem webbasierten Programm SORMAS eine digitale Infrastruktur aufgebaut, die unter anderem die Kontaktnachverfolgung erleichtert hat. Es hat sich aber auch gezeigt, dass es gerade im Bereich der Vernetzung Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Die letzten zwei Jahre haben uns gezeigt, dass ein gut ausgestatteter ÖGD ein wichtiger Grundpfeiler in der Pandemieprävention und -bekämpfung ist. Deshalb haben Bund und Länder den „Pakt für den ÖGD“ geschlossen. Für die Digitalisierung des ÖGD sieht der Pakt Bundesmittel in Höhe von 800 Mio. Euro vor. Mit diesen Mitteln sollen eine übergreifende Kommunikation sowie die Kompatibilität über alle Ebenen hinweg sichergestellt werden können. Daraus hat Niedersachsen Ende 2021 erste Finanzhilfen in Höhe von rund 6 Mio. Euro vom Bund erhalten. Wir investieren diese Mittel, um den Infektionsschutz im ÖGD zu stärken. Dazu gehört die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie.

Mein Ziel ist es, beim Ausbau der Digitalisierung und Stärkung des ÖGD systematisch und einheitlich vorzugehen und so eine nachhaltige, zukunftsfähige Lösung mit kompatiblen Schnittstellen zu entwickeln.

Themenfeld Pflege:

Der Mangel an Pflegekräften ist und bleibt eine enorme Herausforderung für die Gesundheitswirtschaft in Deutschland (Stichwort “Pflegenotstand”). Bundesweit fehlen offenbar mindestens 35.000 Fachkräfte in der Pflege (laut Bericht des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW), erstellt 2021 i. A. des Bundeswirtschaftsministeriums). Gleichzeitig wird in der Öffentlichkeit regelmäßig ein fehlendes Bild von professioneller Pflege bemängelt.

GesundheIT: Können Sie uns Ihr Bild von professioneller Pflege beschreiben? Welche Strategien gegen den Pflegenotstand verfolgt das Land Niedersachsen? Welche Rolle nehmen dabei digitale Strategien ein? Wie geht es bei der notwendigen digitalen Transformation der Krankenhäuser weiter?

Daniela Behrens: Mein Bild von professioneller Pflege beschreibt ein System, das die Bedürfnisse der pflegedürftigen Menschen und die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte gleichermaßen im Blick behält. Gute Pflege ist nur mit motivierten Pflegekräften möglich.

Wir wissen, dass angesichts des demografischen Wandels der Versorgungsbedarf weiter steigen wird und das bisherige System an seine Grenzen stoßen wird. Auch wenn die Zahl der Pflegekräfte in Niedersachsen erfreulicherweise stetig ansteigt, müssen wir weiter dafür sorgen noch mehr junge Menschen für den Beruf der Pflegekraft zu begeistern. Ein Weg hierfür ist zum Bespiel die neue generalistische Pflegeausbildung. Sie sorgt dafür, dass Absolventinnen und Absolventen mehr Einsatzmöglichkeiten nach der Ausbildung haben und steigern so die Attraktivität des Berufsbildes insgesamt.

Wollen wir die Pflege ganzheitlich für die Zukunft fit machen, müssen wir bei der sektorenübergreifenden Versorgung ansetzen und mehr regionale Modelle entwickeln. Im Rahmen der „Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen“ erarbeiten wir zusammen mit den Akteurinnen und Akteuren in der Pflege Verbesserungsvorschläge in einer Reihe von Bereichen. Außerdem, das ist mir sehr wichtig, werden wir im Büro der Patientenbeauftragten eine unabhängige Beschwerdestelle Pflege einrichten.

Eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie ist ein wichtiges Mittel, um dem Pflegenotstand zu begegnen. Hier sind vor allem Maßnahmen gefragt, die praktisch im Alltag helfen. Daher fließt ein großer Teil der Mittel aus unserem Förderprogramm zur Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum in Digitalisierungsprojekte von Pflegediensten. Bisher betrifft Digitalisierung hauptsächlich den Bereich der Organisation. Wenn ein Pflegedienst hier Zeit einsparen kann, kommt dies naturgemäß den zu pflegenden Menschen zugute. Wir sehen aber auch immer wieder Digitalprojekte, die auf eine verbesserte Kommunikation und Vernetzung zwischen Pflegenden, Angehörigen und Hausärztinnen und Hausärzten abzielen. Von diesem Austausch profitieren alle, zudem wurden dadurch in der Pandemie zusätzliche Beratungsangebote möglich, die es in dieser Form sonst nicht gegeben hätte.

Die Digitalisierung schreitet auch in den Krankenhäusern voran. Aus den Mitteln des Krankenhauszukunftsfonds werden Digitalisierungsprojekte in Krankenhäusern sowie sektorenübergreifende Digitalisierungsvorhaben gefördert. Neben dem unmittelbaren Nutzen ist dies auch ein Instrument, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, indem die Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sinnvoll und zielgerichtet – „smarter“- eingesetzt werden kann, wo sie benötigt wird. Gleichzeitig folgen wir damit den Empfehlungen der Enquetekommission „Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen – für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung“ im Bereich „Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung“. Zusammen mit den Unikliniken in Hannover und Göttingen wird hier für Niedersachsen ein Fördervolumen von 400 Millionen Euro umgesetzt.

Themenfeld Medizin/Medizininformatik/Pflegeinformatik:

Neben dem Pflegenotstand gibt es auch einen zunehmenden Mangel an Ärztinnen und Ärzten, insbesondere in ländlichen Regionen. An der European Medical School (EMS) Oldenburg konnte die Zahl der Medizinstudienplätze zum WiSe 2022/2023 von 80 auf 120 erhöht werden. Im Verhältnis Einwohnerzahlen zu Studienplätzen liegt der Median in Deutschland bei rund 750 Einwohnern pro Studienplatz. In Niedersachsen kommen auf einen Studienplatz rund 1300 Einwohner.

GesundheIT: Welche Pläne zur Schaffung weiterer Studienplätze im Fach Humanmedizin gibt es in Niedersachsen und der Metropolregion?

Björn Thümler: Die niedersächsischen Standorte der Universitätsmedizin leisten einen bedeutsamen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in Niedersachsen, aber auch bundesweit. Wir haben allein in dieser Legislaturperiode bisher schon 191 Vollstudienplätze geschaffen und sind damit bei 789 Studienanfängerplätzen in Vollzeit. Dies entspricht einer Steigerung von über 30 Prozent.

Die Fachbereiche Medizin- sowie Pflegeinformatik nehmen in der nationalen sowie internationalen Gesundheitswirtschaft eine zunehmend größer werdende Rolle ein.

GesundheIT: Welche Rolle spielt Pflegeinformatik in absehbarer Zeit in Niedersachsen?

Björn Thümler: Die Bedeutung von Daten kann in den Lebenswissenschaften gar nicht hoch genug geschätzt werden. Dies gilt besonders für die erheblichen Fortschritte in der personalisierten Medizin, die sowohl in der Krankenversorgung als auch in der Pflege spürbare Verbesserungen versprechen. Damit wir diese Potenziale nutzen können, darf uns jedoch eine wichtige Ressource nicht verloren gehen: das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in eine verantwortungsvolle Verwendung und Speicherung sensibler Gesundheitsdaten. Ich bin daher sehr dankbar, dass in der KI-Strategie der Landesregierung dieser Aspekt intensiv beleuchtet wird. Gleichzeitig bin ich zuversichtlich, dass wir aufbauend auf der Medizininformatikinitiative der Bundesregierung auch den Bedarfen in der Pflege die gebührende Aufmerksamkeit widmen werden, um zum Wohle einer alternden Gesellschaft die Lebensqualität in Niedersachsen stetig zu verbessern.

48 Stunden geballte Digital Health Power, 500 Aussteller, 11000 Besucher*innen und 300 Speaker*innen – das ist unsere Bilanz der DMEA 2022. Was die Digital Health Community nach wie vor bewegt: Digitalisierung ist Gegenwart und Zukunft, es fehlen jedoch eine umfassende Strategie und eine eigene Vision für das deutsche Gesundheitssystem – leider nichts Neues. Vor allem die Notwendigkeit einer nationalen Strategie und entsprechender Entscheidungen hat Prof. Dr. Reinhold Haux bereits vor Jahren in einer internationalen Vergleichsstudie nachgewiesen. Mehr zu den Fokusthemen hier.  

  • Interoperabilität ist eine Grundvoraussetzung für digital Health

Interoperabilität bildet die Grundvoraussetzung für die digitale Medizin, auf der Big-Data und KI-Technologien aufbauen können.  Ein Thema für die nationale Strategie? 

(“A German-Israeli dialogue about Digital Health & AI presented by ELNET-Germany", DMEA, 27.04.22, Stage A. Keynote Lauterbach DMEA 2022, 26.04.22. Vgl. auch: e-health.com, “Interoperabilität - Voraussetzung für Künstliche Intelligenz und Big Data in der Medizin”, 26.02.19)   

  • Deutschland plant eine umfassende Strategie zur Digitalisierung des Gesundheitswesens - die digitale Identität soll kommen

„Ich verstehe mich als Digitalisierungsminister und stehe in der Bringschuld“ betont Lauterbach in diesem Zusammenhang. Der Fokus liegt zunächst auf der Schaffung einer digitalen Identität aller Patientinnen und Patienten in Deutschland, welche die Grundlage für weitere digitale Anwendungen im Gesundheitsbereich bildet. Zudem stehen die Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte sowie die verpflichtende Einführung des elektronischen Rezepts auf der Agenda.   

(Keynote Lauterbach DMEA 2022, 26.04.22)  

  • Der Return on Digital muss spürbar sein

Schlechte analoge Prozesse ergeben schlechte digitale Prozesse – so weit, so bekannt. Entscheidend ist die konsequente Kundenzentrierung. Die digitale Medizin ist eine neue Medizin, nicht eine Kopie der analogen Medizin.  

(“A German-Israeli dialogue about Digital Health & AI presented by ELNET-Germany", DMEA, 27.04.22, Keynote Lauterbach DMEA 2022, 26.04.22.)  

  • Daten müssen ein Gebrauchsgegenstand werden

Gesundheitsdaten werden weniger bereitwillig geteilt als andere private Daten. Patient*innen müssen das Recht haben zu entscheiden, mit wem sie ihre Daten teilen wollen.  

(“A German-Israeli dialogue about Digital Health & AI presented by ELNET-Germany", DMEA, 27.04.22)  

  • European Vision For AI 2021  

Gegenwart und Zukunft der Künstlichen Intelligenz in Europa benötigen einen wegweisenden Rechtsrahmen. Künstliche Intelligenz muss von Menschen überwacht werden – eine echte Herausforderung, sobald wir es mit selbstlernenden Systemen zu tun haben, die ihre Algorithmen selbst programmieren. 

(Kongress: “Digitalisierung in der Pflege - nicht nur im Krankenhaus”, DMEA, 27.04.22)    

  • Green Health gewinnt an Bedeutung

Das Thema Green Health gewinnt zunehmend an Bedeutung. In Zukunft wird “digital” als Innovationsfaktor im Gesundheitswesen nicht mehr ausreichen. Nachhaltigkeit und Digitalisierung müssen im vergleichsweise emissionsstarken Gesundheitssystem zusammengedacht und -gebracht werden. Die Zielsetzung: Klimaneutralität bis 2030 im Gesundheitswesen, CO2 Bepreisung und Bewertungsmaßstäbe.  

(“Green is the new Digital - warum Digital Health in der Zukunft nicht mehr ausreicht!”, DMEA, 26. April 2022)  

  •   Telemedizin ist gekommen um zu bleiben  

Telemedizin ist eine andere Form der Medizin: Behandlung werden zunehmend so durchgeführt, dass eine körperliche Anwesenheit vor Ort durch eine digitale Anwesenheit ersetzt wird. Im Mittelpunkt steht der Patient. Die Vorteile sind vielfältig, die Herausforderungen auch. Probleme bestehen aktuell in der Abrechnung der telemedizinischen Leistungen sowie in der Akzeptanz und Umsetzung vor Ort in den Praxen. Klar ist: Telemedizin ist gekommen um zu bleiben.  

(“Telemedizin: Gekommen, um zu bleiben”, DMEA, 27. April 2022)  

  • Mehr Schnelligkeit und Mut zu Innovation  

Und zum Schluss ein Evergreen: Wir sollten nicht immer nach den 100% beim Markteintritt streben, sondern schneller werden und aus möglichen Fehlern lernen. Schnell und mutig voran ist das Motto.  (“A German-Israeli dialogue about Digital Health & AI presented by ELNET-Germany", DMEA, 27.04.22)  

In dieser Ausgabe durften wir mit Dr. Corinna Morys-Wortmann, Leiterin der Geschäftsstelle Gesundheitsregion Göttingen/Südniedersachsen sprechen.

Ich wünsche mir, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen endlich schneller Fahrt aufnimmt und es an Stelle der dicken Papierakte ein geschmeidig funktionierendes, digitales Dokumentationssystem gibt, in dem tatsächlich alle beteiligten Leistungserbringer*innen kommunizieren können.

Dr. Corinna Morys-Wortmann

GesundheIT: Frau Dr. Morys-Wortmann, welche Forschungsschwerpunkte hat Ihre Gesundheitsregion im Bereich der (digitalen) Gesundheitswirtschaft?

Morys-Wortmann: Südniedersachsen hat mit dem Institut für Medizinische Informatik an der UMG - Universitätsmedizin Göttingen einen starken Forschungspartner, der überregional und international in Netzwerke der Medizinischen- und der Versorgungsforschung eingebunden ist. Als exemplarische Beispiele seien genannt: die Medizininformatikinitiative, das HiGHmed Konsortium und das Zukunftslabor Gesundheit. Aber auch in Sachen Rechnerinfrastruktur ist Göttingen mit der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen (GWDG) ein starker Partner für die Forschung:

Der Göttinger Supercomputer „Emmy“ ist Norddeutschlands schnellster Rechner und belegte weltweit im Jahr 2020 Platz 47. Emmy ist ein System des Norddeutschen Verbundes für Hoch- und Höchstleistungsrechnen (HLRN), das von der GWDG und der Universität Göttingen betrieben wird. Auch die aQua-Institut GmbH ist im Bereich Versorgungsforschung als Partner bundesweit in viele erfolgreiche Projekte eingebunden. Ein Blick in die Praxis zeigt: intelligente, digitale Lösungen sind auch für den Krankentransport im ländlichen Raum ein wichtiger Erfolgsfaktor für Qualität, Schnittstellenmanagement und Pünktlichkeit. Hier setzt R+ MediTransport aus Gieboldehausen Maßstäbe.

GesundheIT: Was sind Ihre Zukunftsvisionen?

Morys-Wortmann: Ehrlich gesagt: als Patientin wünsche ich mir, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen endlich schneller Fahrt aufnimmt und es an Stelle der dicken Papierakte ein geschmeidig funktionierendes, digitales Dokumentationssystem gibt, in dem tatsächlich alle beteiligten Leistungserbringer*innen, von der Arzt- und Physiotherapiepraxis bis zur Hebamme kommunizieren und dokumentieren können. Aktuell gibt es schon viele Ansätze dafür, aber ein gutes Stück Weg liegt noch vor uns. Ein Beispiel für die Vernetzung der verschiedenen Leistungserbringer, auch über den engeren Kreis des Gesundheitswesens hinaus, ist unsere Plattform HEDI, die das Ziel hat, Schwangere und junge Eltern mit Hebammen, Gynäkolog*innen, Kinderärzt*innen aber auch mit sozialen Beratungsstellen zu vernetzen.

GesundheIT: Was ist das Besondere an Ihrem Projekt zur digitalen Schwangerenversorgung?

Morys-Wortmann: Mit www.hedi.app haben wir zusammen mit unserem Kooperationspartner, der aidminutes GmbH, eine mehrsprachige, kostenlose und werbefreie Plattform entwickelt. Von Anfang an wurden die zukünftigen Nutzergruppen mit in die Entwicklung einbezogen: Hebammen, Schwangere, Ärzt:innen und Fachkräfte aus den verschiedenen Beratungsstellen. Kurzfristig wurde Ukrainisch neben Deutsch, Englisch, Französisch und Farsi implementiert, so dass aktuell 160 leitlinienkonforme Informationstexte in diesen Sprachen frei verfügbar und für Südniedersachsen auch mit den entsprechenden Kontaktadressen verknüpft sind. Im Sommer werden auch das DSGVO-konforme Kommunikationsmodul, das wie die Telematikinfrastruktur den Matrix-Chat nutzt, und das Koordinationsmodul - die „virtuelle Hebammenzentrale“ - für Südniedersachsen online gehen. Aktuell sind wir bundesweit mit weiteren Landkreisen im Gespräch, die daran interessiert sind, HEDI bei sich zu implementieren. Das bietet uns die Chance, aus einem als „Soziale Innovation“ aus ESF-Mitteln geförderten Projekt den Übergang in die Verstetigung zu schaffen.

GesundheIT: Welchen Mehrwert wünschen Sie sich aus dem Verbund der Metropolregion und was bringen Sie mit?

Morys-Wortmann: Der Mehrwert der Metropolregion sollte nach innen in einer guten Vernetzung der verschiedenen Institutionen und aktiven Mitglieder aus allen thematischen und regionalen Bereichen liegen. Nach außen kann sie durch eine überregionale Sichtbarkeit der Themen, Projekte und Kompetenzen in der Region z.B. durch gemeinsame Messeauftritte und andere Marketingmaßnahmen einen wirklichen Mehrwert schaffen.

Was wir mitbringen: Südniedersachsen besitzt neben der UMG eine sehr hohe Dichte an Forschungsinstituten und Firmen im Life Science Bereich und damit auch der Gesundheitswirtschaft. In der Gesundheitsregion, die Stadt und Landkreis Göttingen und die Landkreise Northeim und seit Anfang 2022 auch Holzminden umfasst, ist jeder fünfte Arbeitsplatz dem Gesundheits- und Sozialwesen zuzuordnen. Thematisch sind Neurowissenschaften und Bioimaging wichtige Themen. Die Life Science Factory, der Gesundheitscampus Göttingen und Firmen wie Sartorius, Evotec und Ottobock sind die Leuchttürme der Region.

GesundheIT: Vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Dr. Morys-Wortmann.

Bereits nach einer Woche konnte Susanne Kiesewetter das KRH Klinikum Siloah wieder verlassen. Neben den regelmäßigen Nachsorge- und Begleituntersuchungen ihrer Lebererkrankung sind ihr für die kommenden Wochen nur drei kleine Punkte und ein etwa vier Zentimeter langer Schnitt auf dem Bauch geblieben. „Ich bin total froh, dass das Ding endlich raus ist und dass es mir schon wieder so gut geht“, gesteht die 53-Jährige. Das sie Teil einer Premiere war, spielt für sie nur eine Nebenrolle.

Auch aus Expertensicht ist alles optimal gelaufen, bestätigt Prof. Dr. Josef Fangmann, Sektionsleiter für hepatobiläre Chirurgie in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und minimalinvasive Chirurgie im KRH Klinikum Siloah: „Frau Kiesewetter hat das Problem, dass sich auf ihrer Leber gutartigen Geschwüre, so genannte Adenome bilden. Eines dieser Geschwüre bereitete ihr besondere Probleme. Es freut uns sehr, dass wir ihr mit der Entfernung ein Stück Lebensqualität zurückgeben konnten.

Natürlich stehen für die Behandler auch das Wohlergehen der Patientin und der erfolgreiche Eingriff im Mittelpunkt. Das Besondere aus Sicht der medizinischen Experten war jedoch, dass es zum ersten Mal gelungen ist, einen leberchirurgischen Eingriff mit Hilfe des DaVinci OP Roboters durchzuführen. „Seit Anfang 2022 wird dieser am Klinikum Siloah auch für Operationen am Dick- und Enddarm und an der Bauchspeicheldrüse eingesetzt“, verdeutlicht Dr. Heiko Aselmann, Sektionsleiter für roboterassistierte Chirurgie in der Klinik für Allgemeinchirurgie. „Jetzt auch solche großen Operationen minimalinvasiv anbieten zu können, ist ein weiterer Meilenstein in unserer Entwicklung.“

„Möglich geworden ist dies durch unsere besondere Expertise und Vernetzungskultur“, beschreibt Prof. Dr. Julian Mall, Chefarzt der Klinik die Rahmenbedingungen unter denen diese Behandlung möglich war. „Sowohl die roboterassistierte Chirurgie als auch die Leberchirurgie sind Bereiche, die eine hohe Spezialisierung der Behandler erfordern. Ein unglaublicher Mehrwert für unsere Patient*innen entsteht dann, wenn es uns wie in diesem Fall gelingt, das Können und Wissen effektiv zusammenzubringen.“

Nicht in jedem Fall ist ein roboterassistierter Eingriff die richtige Wahl – Es kommt auf die individuelle Problemlage des Patienten an. Grundsätzlich gilt aber, dass durch den Einsatz des DaVinci-Assistenzsystems größere Schnitte auch bei komplexen Eingriffen wie Leberoperationen vermieden werden können. Minimal invasive Eingriffe an der Leber führen zu einem geringeren Blutverlust, weniger postoperativen Schmerzen, einem kürzeren Krankenhausaufenthalt und einer schnelleren Erholung und sind dabei genauso sicher, wie klassische Operationen.

„Wir werden dieses Feld der roboterassistierten Leberchirurgie am KRH Klinikum Siloah schrittweise weiterentwickeln“, erklärt Robotikexperte Aselmann und der Leberspezialist Fangmann ergänzt hörbar zufrieden: „Der erste Meilenstein ist jedenfalls gesetzt.“

Quelle: Expertenteam meistert komplexen Eingriff bei junger Patientin (krh.de)

Bildquelle: KRH Klinikum Hannover

„Wie wollen wir in Zukunft zusammenleben? Wie wollen wir arbeiten? Deutschland braucht einen Startup Modus, wir müssen überall schneller werden“ – mit diesen Worten eröffnete Staatssekretär Stefan Muhle den ersten Pandemiepräventionsworkshop in der Metropolregion. Vergangene Woche trafen sich zahlreiche Stakeholder aus Wissenschaft, Wirtschaft und Versorgung zum ersten Workshop im Rahmen der Kommunikationsplattform PaPräKa. Im Fokus: Die Initiative RAPID Niedersachsen. Gemeinsam wurde in hybriden Arbeitsgruppen über eine Roadmap zur besseren Vorbereitung und Reaktion auf künftige pandemische Bedrohungen diskutiert und Input zur Optimierung von "nicht-wissenschaftlichen" Rahmenbedingungen der Arzneimittelentwicklung und Pandemieabwehr zusammengetragen.

Prof. Dr. Stefan Dübel, Professor für Biotechnologie an der TU Braunschweig und Projektpartner PaPräKa zeigt sich sehr zufrieden mit dem ersten Workshop: „Wir freuen uns über die große Unterstützung und die vielen kreativen Beiträge der Teilnehmenden. Wenn es nun zur Umsetzung kommt, können wir pandemischen Bedingungen mit RAPID Niedersachsen deutlich schneller und effizienter begegnen.“

Im nächsten Schritt heißt es nun für die Projektpartner TU Braunschweig, Innovationszentrum Niedersachsen GmbH und Metropolregion GmbH: Ergebnisse zusammentragen und einen Punkteplan ausarbeiten, der unter anderem Forderungen für Genehmigungsverfahren, Verträge, Koordination, Ressourcen, Translation, Wissenschaftskommunikation und Forschungsförderung beinhaltet.

Ein großer Dank geht an die Staatsekretärin Dr. Sabine Johannsen und Staatssekretär Stefan Muhle für die motivierenden Grußworten, Prof. Dr. Melanie Brinkmann, Prof. Dr. Nils Hoppe und Prof. Dr. Stefan Dübel für die spannenden Impulsvorträge und die Leitung der Arbeitsgruppen sowie an Tanja Föhr, die mit ihren Sketch-Notes durch die Veranstaltung führte und natürlich an alle Teilnehmer*innen, die die Initiative RAPID Niedersachsen ihrem Ziel mit ihrem wertvollen Input ein großes Stück näher bringen: Pandemieprävention im Fast Track. Mehr über RAPID hier: https://startup.nds.de/rapid/

Mehr über PaPräKa unter: https://metropolregion.de/gesundheit/papraeka/

60 Minuten Automotive Health – Wir haben in unserem FokusTalk mit Expert*innen aus Gesundheit, Versorgung, Wissenschaft und Verbraucherschutz über den Status Quo und die Zukunft von Gesundheit im Auto gesprochen. Dabei im Fokus: die International Standard Accident Number (ISAN) des Peter L. Reichertz Instituts als Bestandteil der digitalen Rettungskette. Neben Fahrzeugen sollen zukünftig auch Wohnungen und Wearables Notsituationen erkennen und automatisch einen Notruf absetzen können. Dabei werden bereits Informationen zur Situation, Krankheitsstand und weiteren relevanten Informationen, wie beispielsweise die Anzahl der Insassen, der Füllstand des Tanks oder der Batterie übermittelt – und das rein technisch über eine sichere Kommunikationsstruktur. Wir haben die Kernthemen und Forderungen rund um das Thema Automotive Health zusammengefasst.

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“Unsere smarte Rettungskette: Fahrzeuge und Wohnungen sollen automatisch einen Notfall erkennen, einen Notruf absetzen und Informationen übermitteln”

– Prof. Dr. Thomas Deserno, Stv. Geschäftsführer am PLRI

Datenschutz: Das Thema Datenschutz ist essenziell. Wie können hoch sensible Daten, die sowohl aus Fahrzeug- als auch Gesundheitsdaten bestehen verbunden werden, ohne dass wir zu gläsernen Fahrer*innen werden? Laut der Verbraucherzentrale geben rund 35% der Autofahrer*innen an, dass sie bereits der Übermittlung ihrer Mobilitätsdaten nicht zustimmen würden. Eine vertrauensvolle Systemarchitektur ist hier von besonderer Bedeutung.

Das Projekt ISAN zielt auf Datensparsamkeit ab und stellt eine Datentreuhänderschaft in den Fokus. Die Weiterleitung von Daten soll auf freiwilliger Basis geschehen und nur solche Daten umfassen, die wirklich für die Rettungskette relevant sind. Die Kernidee von ISAN: Die Daten bleiben da, wo sie erhoben wurden – im Datenspeicher des Fahrzeuges – und werden nur in einer Notsituation bereitgestellt. Im ISAN Projekt ist zunächst die PTB der Treuhänder. Sobald ISAN Marktreif ist, soll die Datentreuhänderschaft neu vergeben werden. Die Projektbeteiligten stellen klar, dass keine Daten bei den Fahrzeugherstellern landen.

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„Der vertrauensvolle Umgang mit Daten aus dem Auto rettet Leben, reduziert oder vermeidet gar Langzeitbeeinträchtigungen der Fahrzeuginsassen”

–  Prof. Dr. Siegfried Hackel, PTB

Infrastruktur: Sowohl eCall als auch ISAN benötigen ein flächendeckendes Netz um Daten zu übertragen und Hilfe in Form von Fahrzeugen oder Rettungskräften an den Unfallort anzufordern. Da das ISAN-Projekt nicht nur den Bereich Automotive Health, sondern ebenso den Bereich Smart Home abdeckt, ist nicht nur in Ballungszentren sondern auch auf Feldwegen, im Wald oder auf dem Berg ein flächendeckendes Netz essenziell.

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„Der eCall ist ein System, das auch dann arbeiten kann, wenn die Fahrer oder die Insassen im Fahrzeug nicht mehr in der Lage sind zu reagieren“

– Frank Brennecke, Geschäftsführer OCEON Products & Services GmbH

Finanzierung: Hier muss zwischen der akuten Notfallsituation und Gesundheitsprävention unterschieden werden. Mit einem EKG am Lenkrad lässt sich die Regelmäßigkeit des Herzschlags überprüfen, um beispielsweise einen Schlaganfall frühzeitig zu erkennen. Hier eröffnet sich eine Schnittstelle zu Krankenkassen. Autohersteller können die Nutzung von ISAN zudem als Premium-Feature anbieten. Die Finanzierung ist an dieser Stelle noch nicht eindeutig geklärt.

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“Wir brauchen eine verbraucherfreundliche, starke Sicherheitsarchitektur beim Zugang zu Fahrzeugdaten. Autohersteller dürfen nicht zu Gatekeepern für Mobilitätsdaten werden“

– Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen, Verbraucherzentrale Bundesverband

„Wir werden 2030 gar nicht mehr über Automotive Health sprechen. Das Auto in 2030 wird ein Smartphone auf Rädern sein. Gesundheitsanwendungen werden wie das Health-Kit auf dem iPhone selbstverständlich sein“

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– Prof. Dr. David Matusiewicz, Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule

Wie geht es für ISAN weiter? Der nächste Schritt im ISAN-Projekt ist der Feldversuch: Dabei soll demonstriert werden, wo und an welchen Stellen eine sichere Kommunikation einen Mehrwert für die Rettungskette bietet.

Wenn das Wissen in Rente geht – Erfahrungsschatz Alter. Unter dem Motto „Der Nachwuchs forscht für das Alter“ entwickelten Studierende innerhalb von zwei Wochen hochschulübergreifend innovative Lösungen für den generationenfreundlichen Alltag. Als bestes Projekt wurde die Idee einer niedrigschwelligen Begegnungsstätte für Jung und Alt von Studierenden aus Wolfenbüttel, Buxtehude und Braunschweig ausgezeichnet.

Wie kann der Erfahrungsschatz älterer Menschen für die nächste Generation bewahrt werden?

Was passiert mit dem Wissen, wenn jemand beispielsweise nach 40 Jahren im Beruf in Rente geht oder nach 20 Jahren den Posten im Ehrenamt aufgibt? Wie können die wertvollen Erfahrungen älterer Menschen bewahrt und an die nächste Generation weitergegeben werden? Mit dieser Fragestellung beschäftigten sich rund 40 Studierende aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen aufgeteilt in acht Teams bei den LINGA Wochen 2022.

Der Startschuss fiel bereits am 20.4.2022. Online fanden Kennenlernen und Ideenfindung statt. Die teilnehmenden Studierenden tauschten sich aus und bildeten ihre Projektgruppen. Workshops, Impulse und Mentor*innen standen den Studierenden zur Seite. Ziel war es, dass alle Teams zu Beginn des 48h Sprints einen Lösungsentwurf erarbeitet haben und direkt in die Validierungs- und anschließende Umsetzungsphase starten können.

Nach einer zweiwöchigen Online-Phase ging es für alle Teilnehmenden dann zum 48-Stunden-Sprint nach Stade. Ein erster Höhepunkt hier: Der moderierte Generationendialog, bei dem die Studierenden in den direkten Austausch mit den anwesenden Seniorinnen und Senioren gingen und ihnen auf den Zahn fühlten. Welche Sorgen bezogen auf ihren Erfahrungsschatz bewegen ältere Menschen? Wie wünschen sie sich einen Austausch und eine Weitergabe ihres Wissens?

Projekt „PuzzMe“ gewinnt LINGA Wochen 2022

Vor einer fünfköpfigen Fach-Jury wurden dann Anfang Mai die Ergebnisse als Pitch präsentiert. Nach der Begrüßung durch LINGA-Projektleiterin Delia Balzer folgten Grußworte von Björn Kemeter aus dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sowie von Kai Seefried, dem Landrat des Landkreises Stade. Die Jury wählte aus acht Ideen drei Sieger-Gruppen aus.

Sieger der LINGA Wochen 2022 und damit Preisträger von 1500 Euro wurde das Projekt „PuzzMe“, das eine möglichst einfache Kontaktaufnahme zwischen Jung und Alt anstrebt. Gelingen soll das über das Symbol zweier verbundener Puzzleteile, das als Aufsteller oder Aufkleber an jedem beliebigen Ort zum Dialog einladen soll. Durch das Anbringen oder Aufstellen dieses Logos können überall Begegnungsorte entstehen, ähnlich wie bei den bereits existierenden „Plauderbänken“, allerdings mit deutlich geringerem Aufwand. Den Prototypen für den Aufsteller hatte übrigens der Architekturstudent im Team entworfen. „Bock auf Austausch? Trau dich!“, ist der Appell der Projektgruppe. „Niedrigschwellig, schnell umsetzbar, fröhlich und frisch“, lobte die Jury.

Mit dem zweiten Platz und einem Preisgeld von 1000 Euro wurde das Projekt „Café ELBE“ ausgezeichnet. Die Idee dahinter besteht aus einem Begegnungs-Café. „Elbe“ ist in diesem Fall die Abkürzung für „Erleben und Begegnen“. Geschaffen werden soll ein Wohlfühlort, an dem in entspannter Atmosphäre und bei Kaffee und Kuchen moderierte Dialoge und Generationengespräche stattfinden können. Wer sein Wissen teilen möchte, soll es an Menschen weitergeben können, die von den Erfahrungen lernen und profitieren möchten. Das Projekt soll in Stade gestartet und später bundesweit fortgeführt werden. „Ein gutes Motto und Konzept“, fand die Jury.

Der dritte Platz und damit ein Preisgeld von 500 Euro ging an das Projekt „Frag Metis“, das sich mit dem Erfahrungsschatz von Ehrenamtlichen beschäftigt. Die Idee besteht aus einer Wissensbörse für das gesamte Ehrenamt. Über eine Webseite sollen sich Wissensgeber und Wissbegierige vernetzen können, beispielsweise scheidende Ehrenamtliche mit neuen Funktionstragenden. Über Workshops, Coachings, Stammtische und ähnliches soll das Wissen weitergeben werden, und zwar bundesweit, vereinsübergreifend und zugänglich für alle Altersklassen. Die Jury bezeichnete das Projekt als „tolles Element für das Ehrenamt“.

Über die LINGA Wochen 2022

Die LINGA Wochen verfolgen das Ziel, Studierende frühzeitig für das Thema „Altern als Chance“ zu sensibilisieren und durch die Beteiligung von unterschiedlichen Fachbereichen Innovationen und Ideenfindung vorantreiben. 

Quelle: https://linga.nds.de/abschluss-linga-wochen-2022/

Bei der LINGA finden Sie weitere Infos zu den LINGA Wochen

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