Metropolregion und Stadt Einbeck veranstalten erstmals KI-Promptathon „Prompters‘ Paradise“

Veröffentlicht: 31. Juli 2024
Die Metropolregion GmbH und die Stadt Einbeck veranstalten erstmals einen Mobility Promptathon (Bild: Metropolregion GmbH)

Mit einem Promptathon suchen die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH und die Stadt Einbeck nach innovativen Ideen für die Mobilität der Zukunft. In dem Wettbewerb im September sollen mit Hilfe künstlicher Intelligenz spannende Lösungen rund um das Thema Verkehr erarbeitet werden.  

Metropolregion, 31.07.2024. „A Kickstart for Mobility“ – Das verspricht der Promptathon „Prompters‘ Paradise“, den die Stadt Einbeck und die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH veranstalten. Im Mittelpunkt steht der Einsatz Künstlicher Intelligenz, mit der Herausforderungen in der Mobilität gelöst werden sollen.

Der zweitägige Promptathon findet im Rahmen des am 10. September geplanten Smart City Days Einbeck statt und startet bereits am Vortag. Veranstaltungsort ist der PS.SPEICHER. Die Teilnehmenden haben 24 Stunden Zeit, innovative Lösungen zu entwickeln. Die besten drei Teams erhalten Preisgelder von bis zu 1.000 Euro. Der Promptathon ist ein gemeinschaftliches Hack-Event auf Basis von KI. Mit den durch Prompts – Anweisungssignale bzw. Eingaben in ein KI-System – erhaltenen Antworten sollen Lösungen zu verschiedenen Herausforderungen rund um die Mobilität entwickelt werden. Die Zielgruppe des Wettbewerbs sind Studierende, Auszubildende, (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen, Gründer*innen sowie alle Menschen, die an Lösungen im Mobilitätsbereich interessiert sind oder gern mit KI experimentieren. Die Teilnahme ist kostenfrei. Voraussetzung ist ein Mindestalter von 16 Jahren.

„Mit unserer Zukunftsstrategie 2035 arbeiten wir als Smart City-Modellkommune daran, Einbeck auch in Zukunft attraktiv und lebenswert zu gestalten. Indem wir unser Engagement mit dem Knowhow der Metropolregion in Form eines KI-Promptathons zur Mobilität verknüpfen, schaffen wir einen Mehrwert für unsere Stadt und fungieren als metropolregionale Vorreiter für Innovationen in diesem Bereich“, erklärt Sabine Michalek, Bürgermeisterin der Stadt Einbeck und Mitglied des Aufsichtsrates der Metropolregion.

Metropolregions-Geschäftsführer Christoph Meineke:Künstliche Intelligenz wird das Werkzeug der Zukunft sein. Wir wollen mit einem Promptathon in unserem Handlungsfeld Mobilität innovative Ideen generieren und bewusst aus bisherigen Denk- und Handlungsmustern ausbrechen.  Dies kommt der Attraktivität unserer Metropolregion zugute, sei es bei der Positionierung als innovativer Standort oder als Startup-Ökosystem.“ Positive Erfahrungen hat die Metropolregion bereits mit dem jährlich stattfindenden „HealthHack“ in Braunschweig gesammelt. Der Hackathon wird seit 2018 für Lösungen im Gesundheitsbereich ausgerichtet, liefert regelmäßig nutzbare Impulse für die Praxis und hat Start-up-Gründungen hervorgebracht.

Kluge Köpfe, kreative Ideen – die brauche es, um nachhaltige Mobilitätslösungen zu entwickeln, ist sich Christina Schulze, Leiterin Handlungsfeld Mobilität bei der Metropolregion GmbH, sicher: „Die Verkehrswende ist eine Mammutaufgabe, bei der KI unterstützen kann. Dabei geht es nicht allein um den Umstieg auf E-Mobilität oder mehr ÖPNV, sondern beispielsweise auch darum, Parksuchverkehre zu minimieren oder durch ein vernetztes Mobilitätsangebot den Umweltverbund nutzer*innenfreundlich zu gestalten. Unser Promptathon bietet hier eine ideale Grundlage, um im Fast Track Innovationen in diesem Spannungsfeld zu entwickeln. Mitmachen lohnt sich definitiv!“

Weitere Informationen rund um den neuen Promptathon der Metropolregion gibt es hier. Partner*innen und spannende Challenges werden in den kommenden Wochen bis zum Promptathon bekannt gegeben.

Über die Metropolregion GmbH

Die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH vernetzt Menschen und Unternehmen, Wissenschaft und Kommunen mit ihrem Können und Wissen, ihren Kompetenzen und Ideen – metropolregional, national und international. Sie entwickelt und ermöglicht Projekte in den Handlungsfeldern Mobilität, Gesundheitswirtschaft und Standortmarketing. Dabei umfasst sie rund 3,9 Millionen Einwohner*innen auf einem Drittel der Fläche Niedersachsens.

Über die Smart City Einbeck

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen fördert das Projekt Smart City. In diesem sollen Informations- und Vernetzungstechnologien dazu beitragen, Modellkommunen nachhaltig weiterzuentwickeln und Teilhabe sowie Lebensqualität zu stärken. Zu diesen Modellkommunen zählt die Stadt Einbeck, die hierzu unter Mitarbeit der Bürger*innen eine „Zukunftsstrategie 2035“ entwickelt hat.

Über den PS.SPEICHER

Einbeck beherbergt mit dem PS.SPEICHER Europas größtes Oldtimermuseum mit Exponaten aus dem 19. Jahrhundert bis heute. Damit bildet er den idealen Rahmen für einen Promptathon im Handlungsfeld Mobilität.

Nahezu jede Kommune erfährt einen Strukturwandel innerhalb ihrer Ortsmitten, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Dennoch sind die Herausforderungen ähnlich. Häufig geht es um den Verlust von inhabergeführten Geschäften, die Zunahme des Onlinehandels oder den Leerstand in großen Warenhäusern. Das Netzwerk „Revitalisierung von Innenstädten“ bietet daher eine ideale Gelegenheit, um sich von Kommune zu Kommune auszutauschen und den Input von Expert*innen zu diskutieren. Da bereits der erste Austausch im März viele Synergien geschaffen hatte, wurde eine Verstetigung der Veranstaltung von allen Beteiligten gewünscht. Das zweite Netzwerktreffen fand im Rahmen der Real Estate Arena statt.

Austausch auf der Real Estate Arena

Der anfängliche Standrundgang der Gemeinschaftsausstellerfläche der Metropolregion bot eine gute Gelegenheit, um über den Umgang unserer Partner mit ihren Innenstädten informiert zu werden. So setzt beispielsweise Göttingen seit Jahren auf die Nutzungsmischung Handel und Wohnen, Wolfsburg als sehr junge Stadt hingegen hat aufgrund von Denkmalschutzauflagen paradoxerweise wenig Spielraum für die Umgestaltung der Innenstadt.

Nach diesem Austausch wurden ausgewählte Messestände in der Halle besucht. Die Leerstandslotsen und Die Stadtretter gaben den kommunalen Vertreter*innen interessante Einblicke in ihre Netzwerkarbeit und legten ihr Hilfsangebot dar. Lidl berichtete von eigenen Marktkonzepten, den veränderten Kaufansprüchen von Kund*innen und dem baulichen Wandel von Lebensmittelgeschäften.

Impulse für und aus der Metropolregion

Nach einem austauschintensiven Mittagsimbiss standen Vorträge zum Niedersächsischen Quartiersgesetz auf dem Programm, ein wichtiges Schlüsselinstrument zur Stärkung der Innenstädte.

Thorsten Blauert vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung berichtete von zwei vergangenen Förderwettbewerben zur Gründung von Business Improvement Districts (BID), den teilnehmenden Quartiersinitiativen und ihren Chancen und Hemmnissen. Blauert ermutigte die Kommunen, ihr Interesse zu äußern, sollten neue Fördermöglichkeiten gewünscht werden.

Im Anschluss teilte Frank Heinze von Heinze & Partner seine Erfahrungen mit der Landesförderung anhand von Göttingen, der ersten Stadt, bei der mithilfe dieser Unterstützung eine Eigentümer*inneninitiative gegründet wurde, die gemeinsam mit der Stadtverwaltung ein Maßnahmenkonzept für das NQG-Quartier erarbeitet hatte. Das oberste Ziel sei es, nicht auf die reine Funktionalität der Innenstadt zu setzen, sondern die Schaffung einer Wohlfühlatmosphäre voranzutreiben und somit die Besucherfrequenz und Aufenthaltsdauer zu verlängern. Einen spannenden Einblick auf die Frage, wie wir in Zukunft wohnen werden und welche Rolle die Innenstadt dabei spielen wird, gab in ihrem Vortrag Dilek Ruf, die Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten. So stellte sie zur Diskussion, ob die aktuellen Auflagen für Bestandsimmobilien hinsichtlich Wärmedämmung, Nachhaltigkeit und Brandschutz in ihrem jetzigen Ausmaß nicht unverhältnismäßig seien, da sich aufgrund der hohen Sanierungskosten häufig ein Abriss und Neubau eher rechne als ein Umbau, was mit Blick auf den Umgang mit Ressourcen nicht im Sinne der Nachhaltigkeit sein könne.

„Dritte Orte“ als möglicher Gamechanger

Abschließend äußerten die Teilnehmenden Themenwünsche für ein weiteres Treffen. Hierbei stoß das Konzept der „Dritten Orte“ und der Umgang mit Bildungseinrichtungen und Bibliotheken in Innenstädten auf großes Interesse.

Insgesamt bot die Veranstaltung Raum für die Entwicklung neuer Perspektiven auf die Gestaltung unserer urbanen Lebensräume. Für die Kommunen wird es jedoch eine Herausforderung bleiben, das richtige Maß der Verantwortlichkeit zu finden. Sind sie bereit, Zuständigkeiten für die Entwicklung ihrer Ortsmitten abzugeben, birgt dies Risiken, bietet aber auch eine Vielzahl an Chancen.

Unter der Leitung von Airbus und mit Unterstützung von akademischen Partnern, Flughäfen und führenden Unternehmen der Wasserstoffindustrie ist ein innovatives Projekt zur Handhabung und Betankung mit Flüssigwasserstoff in der Luftfahrt gestartet. Das von der EU geförderte Projekt GOLIAT (Ground Operations of Liquid hydrogen AircrafT) vereint zehn Akteure aus acht Ländern, um den großflächigen Einsatz von Wasserstoff an Flughäfen zu entwickeln. Das Projekt wird über eine Laufzeit von vier Jahren mit 10,8 Millionen Euro aus dem EU-Rahmenprogramm Horizont Europa finanziert.

Die Leibniz Universität Hannover (LUH) ist mit dem Institut für elektrische Energiesysteme (IfES) am Forschungsprojekt GOLIAT beteiligt. Hauptgegenstand ist dabei die Auslegung und Wirtschaftlichkeit der Versorgung von flüssigem Wasserstoff (LH2) für Flughäfen. Das IfES verfügt über spezielles Fachwissen in der Modellierung, Optimierung und techno-ökonomischen Bewertung von LH2-Versorgungsketten und Betankungssystemen für die Luftfahrt. Die Hauptbeiträge der LUH konzentrieren sich daher auf die Berechnung der LH2-Kraftstoffkosten am Flughafen, den Vergleich der Wirtschaftlichkeit verschiedener Wasserstoffversorgungsketten und die detaillierte Betrachtung der Kosten und Sensitivitäten von LH2-Betankungssystemen. Diese Analysen helfen, die in Zukunft benötigten Infrastrukturen und damit verbundenen Investitionen besser zu verstehen und leisten damit einen wichtigen Beitrag für eine klimafreundlichere Zukunft.

Aus sauberer und effizienter Kraftstoff bietet LH2 eine vielversprechende Lösung zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, die mit dem Flughafenbetrieb und dessen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verbunden sind. Die hohe Energiedichte von LH2 ermöglicht Langstreckenflüge für Flugzeuge, doch zum breiten Einsatz von Wasserstoff an Flughäfen gibt es noch viel zu tun. Unter anderem müssen die betrieblichen, rechtlichen, wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Auswirkungen sowie die Kapazität und Leistung der Technologien besser verstanden werden.

Prof. Dr.-Ing. Richard Hanke-Rauschenbach, Leiter des IfES der LUH, erläutert: „Wir freuen uns sehr, Mitglied des GOLIAT-Teams zu werden und unser Fachwissen über die Techno-Ökonomie grüner LH2-Versorgungsinfrastrukturen in das Projekt einzubringen. Solche Demonstrationen sind nicht nur ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung der H2-betriebenen Luftfahrt, sondern liefern auch wertvolle Erkenntnisse für die künftige Entwicklung einer kostengünstigen und zuverlässigen LH2-Lieferkette. Die möglichst frühzeitige Ermittlung der Anforderungen an die Infrastruktur ist entscheidend für den Erfolg unserer gemeinsamen Bemühungen für ein klimafreundlicheres Luftverkehrssystem.“

Die GOLIAT-Projektpartner sind: Airbus, H2FLY, Chart Industries, Inc., TU Delft, Leibniz Universität Hannover, Flughafen Rotterdam Den Haag, Flughafen Stuttgart, Flughafen Budapest, VINCI Airports, Royal Schiphol Group

Weitere Informationen zum Projekt GOLIAT: www.airbus.com/en/newsroom/press-releases/2024-05-innovative-aviation-liquid-hydrogen-project-launched

Quelle: Auftakt für ein innovatives Flüssigwasserstoff-Projekt in der Luftfahrt – Leibniz Universität Hannover (uni-hannover.de)

Attraktive Innenstädte, die mehr als Einkaufs- und Konsummeile sind, darum ging es am 10. November 2023 im Zedita/Kaisersaal Hameln bei der Veranstaltung „Revitalisierung Innenstadt“. Auf Initiative der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH versammelten sich rund 50 Vertreter*innen aus Politik und Wirtschaft, um über Perspektiven für die Innenstädte zu diskutieren. Im Mittelpunkt stand dabei auch das Programm „Hameln handelt“ – ein Best-Practice-Beispiel für die Belebung der Innenstädte. Mehr zu diesem Programm und wie es nach der Veranstaltung mit einem interkommunalen Netzwerk in Sachen Innenstadtbelebung weitergehen soll, haben wir mit Thomas Wahmes besprochen. Er ist Referatsleiter Wirtschaftsförderung und Öffentlichkeitsarbeit bei der Stadt Hameln.

Redaktion: Herr Wahmes, seit 2021 bezuschusst das Programm „Hameln handelt“ Gründer*innen, die sich mit einer neuen Geschäftsidee in der Innenstadt ansiedeln wollen. Insgesamt unterstützt die Stadt Gründer*innen mit bis zu 5.000 Euro monatlich bei der Nettokaltmiete im ersten Jahr und auch darüber hinaus gibt es noch finanzielle Hilfestellung. Wie langfristig ist das Programm angelegt?

Thomas Wahmes: Das Programm ist bewusst nicht langfristig angelegt. Unsere Intention war es, nach der Corona-Pandemie mit ihren negativen Auswirkungen auf den innerstädtischen Einzelhandel einer drohenden Abwärtsspirale entgegenzuwirken. Wir wissen aber, dass jeder Eingriff in wirtschaftliche Abläufe kritisch hinterfragt werden sollte. Daher wollen wir eine Dauersubventionierung vermeiden. Der Rat hat den Förderzeitraum bis zum 31.12.2025 begrenzt – aus heutiger Sicht eine vertretbare Entscheidung.

Redaktion: Bislang wurden schon mehr als 30 Anträge gestellt, zwölf Erfolgsgeschichten sind auf der Internetseite der Stadt nachzulesen. Wie hat sich die Innenstadt von Hameln seit Programmstart verändert?

Wahmes: Der Abwärtstrend konnte gestoppt werden. Das ist schon mal ein guter Erfolg. Mehr noch: Wir sind der Auffassung, dass unsere Innenstadt durch viele neue Konzepte und Angebote deutlich attraktiver geworden ist. Dafür sind wir den Geschäftsbetreibern dankbar. Nur durch ihren Mut und ihre Risikobereitschaft ist der Erfolg möglich geworden. Wir dürfen aber nun nicht stehen bleiben, sondern müssen weiter für unsere Innenstadt kämpfen. Die Gefahr, dass bei weiteren Ladenschließungen schnell ein „Kipp-Punkt“ erreicht ist, der zu einer nur schwer aufzuhaltenden Abwärtsbewegung führen würde, ist noch nicht gebannt.

Redaktion: Ein Problem, das Oberbürgermeister Claudio Griese angesprochen hat, ist der bauliche Zustand der Immobilien in der Innenstadt. 45 Ladenflächen seien derzeit von Leeerstand betroffen, davon seien 15 aufgrund baulicher Mängel nicht vermietbar. Was will bzw. kann die Stadt dahingehend tun?

Wahmes: Tatsächlich ist es ein großes Problem, dass einige Ladenlokale aufgrund baulicher Mängel gar nicht vermietet werden können. Wenn sich diese Immobilien dann noch in exponierter Lage befinden, ist dies umso mehr ein Ärgernis. Wir versuchen alles, um Eigentümer dazu zu bewegen, ihre Immobilien weiter zu entwickeln. Wir können immer nur an die Verantwortung der Eigentümer appellieren – rechtliche Möglichkeiten gibt es leider nur sehr eingeschränkt. Aber wir lassen nicht locker und konnten dadurch schon einige Erfolge erzielen.

Redaktion: Am 10. November gab es auf unserer Veranstaltung zur Innenstadtrevitalisierung verschiedenste Vorträge, unter anderem auch aus den Niederlanden und Frankreich. Was können sich Städte und Gemeinden in Deutschland für ein Beispiel an Maßnahmen aus dem Ausland nehmen?

Wahmes: Ich denke, dass der Blick über den Tellerrand immer hilfreich ist. Wir haben während der Metropolregion-Veranstaltung eindrucksvolle Vorträge gehört. Die Herangehensweise in den Niederlanden und in Frankreich erscheint beispielhaft – vor allem die Mentalität des Ärmel-aufkrempelns, die Ausdauer und die Innovationsbereitschaft.

Redaktion: Das Thema „Dritter Ort“ spielt auch eine Rolle. Dabei handelt es sich um niedrigschwellige, konsumfreie Orte in Innenstädten wie beispielsweise Bibliotheken oder Volkshochschulen. Inwiefern können „Dritte Orte“ dazu beitragen, Innenstädte wie Hameln als Anziehungspunkte zu erhalten?

Wahmes: Innenstädte sind längst mehr als nur Einkaufszonen. Wer in die Innenstadt geht, möchte auch Freizeit gestalten und etwas erleben. Wir sehen, dass gastronomische Angebote immer mehr an Bedeutung gewinnen. Genauso wichtig sind aber auch „Dritte Orte“. In Hameln haben wir unsere Stadtbibliothek umgebaut und neu ausgerichtet. Damit gewinnt unsere Innenstadt zusätzlich an Attraktivität.

Redaktion: In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits das Netzwerk Innenstadt NRW, das Städte und Gemeinden fachlich berät und unter anderem dabei unterstützt, Innenstadtakteur*innen zu qualifizieren. Nun ist ein solches Netzwerk auch im Gespräch für die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH. Was versprechen Sie sich als Wirtschaftsförderer davon?

Wahmes: Es ist gerade der Austausch unter Kolleginnen und Kollegen, der uns voranbringt. Das haben bereits die vielen Gespräche während der Veranstaltung „Revitalisierung Innenstadt“ im November vergangenen Jahres gezeigt. Man kann viel voneinander lernen, man kann gemeinsam neue Ideen entwickeln. Ein Netzwerk macht uns stärker – und hilft uns, schwierige Aufgaben noch besser zu bewältigen.

Informationen rund um "Hameln handelt" sind hier zu finden:

https://www.hameln.de/de/wirtschaft-stadt-umwelt/wirtschaft/handel-gastro-u-stadtmarketing/hameln-handelt

https://www.hameln.de/de/erfolgsgeschichten

Am 10. November haben wir uns mit rund 50 Interessierten in Hameln darüber ausgetauscht, wie Innenstädte modern gedacht werden können - zum Beispiel als Begegnungsort anstatt als reine Einkaufsmeile. Einige Impulse aus den Vorträgen haben wir hier nun noch einmal zusammengetragen.

Revitalisierung Innenstadt:

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Die Referent*innen der Veranstaltung Revitalisierung Innenstadt

(Foto: Jennifer Bullert)

Elzo Dijkhuis stellte das Forum

Groningen vor (Foto: Jennifer Bullert)

Eine Delegation aus metropolregionalen Kommunen, Wirtschaftsförderern, Regionalverbänden und niedersächsischem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung hat den Smart City World Congress in Barcelona besucht. Ziel soll ein Niedersächsischer Gemeinschaftsstand der innovativen Partnerinnen und Partner für 2024 sein.

Metropolregion, 21.11.2023. Mit den Partnerinnen und Partnern der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg hat kürzlich eine Delegationsreise zum Smart City World Congress in Barcelona stattgefunden. Eine Metropole, die bei den Themen ÖPNV, Fahrrad sowie alternativer Mobilität nachhaltig und vorbildlich unterwegs ist. Das Ziel für die Beteiligten ist ein Gemeinschaftsstand Niedersachsens aus innovativen und smarten Kommunen, Regionen und Unternehmen vom 5. bis 7. November 2024. Generalkonsul Dr. Dirk Rotenberg und Sascha Thorn von der Fira Barcelona haben den Gästen aus Niedersachsen einen guten Überblick auf der Messe gegeben hinsichtlich Konzeption, Umsetzung und Zielen. Dabei wurden verschiedene Stände von Bundesländern und Regionen besucht, u.a. bereits ein Stand der WOBCOM, der Digitaltochter der Stadt Wolfsburg. Insgesamt neun Bundesländer sind mit 130 innovativen Regionen und Partner*innen aus Deutschland auf der Messe bereits vertreten. Das Interesse der geförderten Smart City-Kommunen und weiterer smarter Kommunen aus Niedersachsen ist groß, da das frische Konzept und die Umsetzung auf der Messe überzeugt haben.

Über den Smart City World Expo Congress

Der Smart City Expo World Congress ist die weltweit größte Veranstaltung (Messe und Fachkongresse) zum Thema urbane Innovation. Hier werden innovative Unternehmen mit Institutionen und Organisationen vernetzt, um die Städte zukunftssicher zu gestalten und neue Weiterentwicklungsmöglichkeiten zu entdecken. Das Ziel ist eine Resilienz gegen die Herausforderungen in den Bereichen u.a. Klimawandel, Digitalisierung, IT und Anpassungen der grauen (technisch mit Wasser), grünen (Begrünung von Flächen) und blauen (natürliche und künstliche Gewässer) Infrastruktur der Kommunen. Hier wird Zukunft der Infrastrukturen und Lebenswelten gestaltet und geplant.

Mehr als 50 Teilnehmende haben am vergangenen Freitag (10.11.) im Zedita/ Kaisersaal in Hameln das Thema „Revitalisierung Innenstadt“ diskutiert. Dabei standen Best-Practice-Beispiele aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden im Mittelpunkt.

Metropolregion, 14.11.2023. Die Innenstädte befinden sich im Wandel: Vielerorts nehmen Leerstände zu, statt inhabergeführter Geschäfte dominieren Handelsketten das Stadtbild und durch die Schließung von Kaufhäusern fallen wichtige Ankermieter weg. Hinzu kommt die Konkurrenz aus dem Onlinehandel. Diese Ausgangslage hat die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH zum Anlass genommen, sich mit Vertreter*innen aus Politik und Wirtschaft über die Belebung der Innenstädte auszutauschen. Dabei wurde deutlich: Innenstädte sind weitaus mehr als Einkaufsmeilen. Sie sind auch Orte der Begegnung.

Gerade die Corona-Pandemie hat den Onlinehandel weiter gestärkt. Mit „Hameln handelt“ hat Hamelns Oberbürgermeister Claudio Griese ein Programm vorgestellt, das seit 2021 Gründer*innen bezuschusst, die sich mit einer neuen Geschäftsidee in der Innenstadt ansiedeln wollen. „Seitdem haben wir 32 Anträge erhalten und konnten bereits 20 Betriebe unterstützen. Vier Anträge befinden sich noch in Prüfung. Mit dem Programm haben wir Pionierarbeit geleistet“, so Griese. Diese wird auch seitens der IHK, Geschäftsstelle Hameln durch deren Leiterin Dr. Dorothea Schulz begrüßt. Dennoch gebe es weiterhin viel Leerstand. Laut Griese seien von 45 leerstehenden Ladenflächen in Hameln 15 aufgrund des baulichen Zustands derzeit nicht vermietbar.

rund 50 interessierte haben an der veranstaltung im zedita in hameln teilgenommen foto jennifer bullert

Rund 50 Interessierte haben an der Veranstaltung im Zedita in Hameln teilgenommen (Foto: Jennifer Bullert)

Best-Practice Beispiele aus Deutschland und Europa

Eine Möglichkeit, große Leerstände zu beseitigen, zeigte ein Beispiel aus Lünen in Westfalen. Dort wurde ein ehemaliges Hertie-Kaufhaus in eine Immobilie für Wohnen und Handel umgewandelt. Ein Mix aus Handel, Wirtschaft, Wohnen, Kultur und Erleben sei entscheidend für eine attraktive Innenstadt, erklärte Astrid Linn, Fachbereichsleitung Innovative Stadt aus Lünen. Auch im benachbarten Ausland gibt es Konzepte und Programme, mit denen die Belebung der Innenstädte gelungen ist. In Frankreich wurde das nationale Programm „Action cœur de ville“ aufgelegt. Dadurch haben zahlreiche mittelgroße Städte, wie z.B. Cahors im Südwesten Frankreichs, ihre Stadtzentren wiederbelebt, indem sie sowohl bei der Renovierung von Wohnungen als auch bei kulturellen Aktionen und Maßnahmen zur Entwicklung des Handels angesetzt haben. In den Niederlanden gilt das Forum Groningen als Vorzeigebeispiel. Es dient als Begegnungsort, der nicht nur Kino, Bücherei und Museum beherbergt, sondern auch ein gastronomisches Angebot.

Interkommunales Netzwerk als Motor für Innenstadtbelebung

„Die Veranstaltung dient als Initialzündung“, so Silvia Nieber, Geschäftsführerin der Metropolregion GmbH. „Die Teilnehmenden haben angeregt miteinander diskutiert und dabei wurde der Wunsch nach einem interkommunalen Netzwerk für lebendigere Innenstädte deutlich.“ „Mit einem solchen Netzwerk können wir eine Schwarmintelligenz ausbilden und uns den Herausforderungen gemeinsam stellen. So lässt sich auch das Problem der knappen Ressourcen bei Personal und Finanzen bewältigen“, ergänzt Henning Heiß, Landrat des Landkreises Peine und Vorsitzender des Vereins Kommunen in der Metropolregion e.V.

Hier kann das Netzwerk Innenstadt NRW als Impuls dienen. Geschäftsführerin Christiane Marks stellte den Zusammenschluss auf der Veranstaltung vor. In ihm engagieren sich seit 2008 Städte und Gemeinden auf Basis einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft. Das Netzwerk bietet dabei Fachberatungen, bündelt Erfahrungen für seine Mitglieder und trägt zur Qualifikation von Innenstadtakteur*innen bei.

Die Stadt Einbeck und die Metropolregion zu Besuch bei der Stadt Lohne

„Neue Läden. Neues Leben.“ Unter diesem Titel hat die Stadt Lohne 2021 ein Programm  aufgelegt, das seitdem die gezielte Ansiedlung von Existenzgründerinnen und -gründern in der Innenstadt fördert. Darüber informierte sich Ulrike Lauerwald, Leiterin der Stabsstelle Business & Public Relations der Stadt Einbeck, mit Alexander Feuser, Leiter des Handlungsfeldes Mobilität bei der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH. Dabei sammelten sie gemeinsam mit der Leiterin der Stabsstelle Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Stadt Lohne, Anne Nußwaldt, neue Impulse. Ziel des Besuchs war der Netzwerkausbau der Stadt Einbeck und der Metropolregion, der gegenseitige Erfahrungsaustausch und die geplante Veranstaltung „Revitalisierung Innenstadt“ der Metropolregion.

Besuch bei Anne Nußwaldt Stadt Lohne  (Foto: Stadt Lohne )

Anne Nußwaldt (Stadt Lohne) und Ulrike Lauerwald (Stadt Einbeck) mit Alexander Feuser ( Metropolregion GmbH) (Foto: Stadt Lohne)

Die Stadt Lohne mit ca. 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, ungefähr 70 Kilometer südlich von Oldenburg gelegen, sei laut Anne Nußwaldt, „ein sehr starker Industriestandort, insbesondere im Bereich der Kunststoffindustrie, die unter anderem für die Auto-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie produziert. In Lohne finden Sie auf diesem Gebiet Weltmarktführer.“ Der Tourismus hingegen steht wirtschaftlich betrachtet nicht auf Platz eins, ist jedoch auch von Bedeutung – konkret die Bereiche Geschäfts-, Fahrrad- und Tagestourismus.

Die Eckdaten* der Stadt im Oldenburger Münsterland:

  • sehr geringe Schulden,
  • eine unterdurchschnittliche Arbeitslosenquote und
  • ein starker Bevölkerungszuwachs,
  • eine hohe Geburtenrate,
  • ein geringer Altersdurchschnitt der Stadtbewohnerinnen und Bewohner
  • eine überdurchschnittlich hohe Kaufkraft

(*Die genauen Daten sind dem Zahlenspiegel 2023 der Stadt zu entnehmen, siehe untenstehender Verweis auf die entsprechende Internetseite)

Trotz sehr guter Bevölkerungs- und Wirtschaftsdaten steht Lohne wie viele andere Kommunen in Niedersachsen und in Deutschland vor der Herausforderung, dem Leerstand von Einzelhandelsflächen in der Innenstadt entgegenzutreten. Darüber hinaus geht es darum, die Grundfunktionen einer lebendigen Innenstadt als lebenswerten Ort zu erhalten. Mithilfe des Programms „Neue Läden. Neues Leben.“ will die Stadt Gründerinnen und Gründer von Unternehmen aktiv bei ihrem Weg in die Selbstständigkeit unterstützen. Dreimal im Jahr haben Bewerberinnen und Bewerber die Möglichkeit, sich online mit ihrer Geschäftsidee zu bewerben. Eine Jury aus neun verschiedenen Partnern, unter anderem bestehend aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft, entscheidet letztendlich über die Konzepte. Wichtig seien, so Anne Nußwaldt, neben weiteren Aspekten, das Belebungspotenzial der Idee für die umliegenden Lagen sowie das Alleinstellungmerkmal bzw. eine gewisse Originalität, ohne die Anforderungen zu hoch zu setzen. Jede/r soll mit einer guten Idee eine Chance bekommen.

Bis zu 10.000 Euro maximal können Neuunternehmerinnen und -unternehmer von der Stadt erhalten. Begleitend dazu findet ein durch die Universität Vechta organisiertes professionelles Business Coaching statt, das den Bewerberinnen und Bewerbern Hilfestellung bei der Umsetzung ihrer Geschäftsidee geben soll. Auch erfahrene Unternehmerinnen und Unternehmer, die ein neues Geschäft in der Innenstadt eröffnen oder in den zentralen Versorgungsbereich umziehen, können von Förderungen profitieren.

Patensystem soll Gründerinnen und Gründer unterstützen

Die Stadt vermittelt Ladenlokale im Innenstadtbereich zu besonders guten Miet-Bedingungen und es wird den Neulingen auf Wunsch ein erfahrenes Mitglied der Lohner Kaufmannschaft zur Seite gestellt, das bei Fragen berät. Eine Art Patensystem, um die Neustarter auch nach der Gründung ihres Geschäftes nicht alleine zu lassen. Die Mitgliedschaft im lokalen Handels- und Gewerbeverein Citymarketing „Gans und gar Lohne e.V.“ ist für die Selbständigen im ersten Jahr kostenfrei, ebenso die Geschäftskonten bei zwei ansässigen Banken, der Sparkasse und der Volksbank.

Der Austausch zwischen den Städten Einbeck und Lohne mit der Metropolregion soll fortgesetzt werden. Anne Nußwaldt wird zudem auch am 10. November an der Auftaktveranstaltung zum Thema „Revitalisierung Innenstadt“ in Hameln teilnehmen.

Weiterführende Informationen zur Stadt Lohne finden Sie hier:

www.gruenderprogramm-lohne.de

*www.lohne.de/Unsere-Stadt/Stadtportraet/Lohne-in-Zahlen.htm?

http://www.lohner-leben.de/

https://www.lohne.de/Kultur-Freizeit/Tourismus.htm?

Weiterführende Informationen zur Stadt Einbeck finden Sie hier:

https://www.einbeck.de/

https://www.einbeck-tourismus.de/

https://www.einbecker-eulenfest.de/

https://www.ps-speicher.de/sonderausstellung-tempo-tempo-tempo

Das Thema Mobilität bewegt die Gesellschaft. Heute stehen mehr Fortbewegungsmöglichkeiten zur Verfügung als je zuvor: Die Menschen sind nicht nur zu Fuß unterwegs, sondern mit dem Fahrrad/ E-Bike/ Lastenrad mit (E-)Autos, mit Bus und Bahn. Diese Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen. Mit Blick auf den Klimawandel wollen auch immer mehr Menschen ihre Wegstrecken nachhaltig und umweltbewusst absolvieren. Hinzu kommt die fortschreitende Digitalisierung, die weitere Chancen für Innovationen im Verkehrssektor bietet. Vor diesem Hintergrund haben wir uns mit Prof. Michael Ortgiese unterhalten. Er ist kommissarischer Institutsleiter des Instituts für Verkehrssystemtechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR).

Redaktion: Prof. Ortgiese, wie sieht Ihre Wunschvorstellung von moderner und nachhaltiger Mobilität aus?

Ortgiese: Meine Wunschvorstellung deckt sich hier mit den Leitbildern, die aktuell in der Fachwelt diskutiert werden. Wir sollten für unsere Mobilität flexibel das Verkehrsmittel wählen, das die Umwelt und das Klima am wenigsten beeinträchtigt. Ich möchte aber jetzt zwei Dinge ergänzen: Einerseits sollten wir nicht nur die aktuellen Emissionen betrachten, sondern auch den kompletten Lebenszyklus eines Verkehrsmittels. So stellt sich beispielsweise bei der Elektromobilität die Frage, ob wir immer größere Reichweiten mit immer größeren Batterien realisieren müssen. Weiterhin sollten wir berücksichtigen, dass auch umweltfreundliche Fahrzeuge im motorisierten Verkehr insbesondere unsere Städte belasten. Neben dieser Flexibilität sollten wir uns also auch überlegen, ob jeder Weg notwendig ist.

Redaktion: Einerseits ist es durch das 49-Euro-Ticket für viele Menschen attraktiver geworden, auf Bus und Bahn umzusteigen. Andererseits kommt es immer wieder aufgrund von Personalmangel oder Krankheitsfällen zum Ausfall von Fahrten oder ganzen Verbindungen. Wie kann der ÖPNV mit dem motorisierten Individualverkehr besser mithalten oder ihm sogar ebenbürtig sein?

Ortgiese: Hier sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Das Deutschland-Ticket umfasst zwei wesentliche Komponenten. Einerseits macht es die Nutzung des ÖPNV leichter, weil es ohne Einschränkungen in ganz Deutschland im Nahverkehr gilt. Das zweite ist natürlich der Preis. Ich bin der Meinung, dass wir im Rahmen der Mobilitätswende die Attraktivität des ÖPNV als Ganzes stärken müssen. Hierzu zählt neben einem attraktiven Preis auch ein attraktives Angebot. Und die Angebote müssen sich wirtschaftlich tragen. Hierzu zählt auch, dass wir ausreichend Personal finden und dieses auch entsprechend bezahlen. Das Deutschland-Ticket kann ja nur ein Anfang sein, die Umgestaltung des Systems muss viel weiter reichen. Automatisierung kann hier beispielsweise einen Beitrag leisten.

Redaktion: Stichwort: Multimodalität – also die Möglichkeit nicht nur mit dem Bus von A nach B zu gelangen, sondern beispielsweise auch mit On-Demand-Verkehren, etc. Die Metropolregion GmbH hat im Juni einen Förderantrag über vier Mio. Euro beim Bundesministerium für Bildung und Forschung eingereicht. Damit soll die Mobilität durch ÖPNV und Individualverkehr besser miteinander verflochten werden und so auch das Klima schonen. Um die Gewohnheiten der Verkehrsteilnehmenden zu ändern, sollen auch Gamification- und Nudging-Ansätze genutzt werden. Welche Aufgabe hat das DLR im Antrag?

Ortgiese: Wir sind hier auf drei Ebenen tätig. Einerseits beteiligen wir uns an dem Aufbau einer Plattform, mit der die Verkehrsteilnehmer ein multimodales Angebot leicht und flexibel nutzen können. So sehr wir uns diese Flexibilität in der Verkehrsmittelwahl wünschen, wir dürfen nicht vergessen, dass mit dieser Flexibilität für die Nutzenden auch ein hohes Maß an Komplexität verbunden ist. Hier müssen wir durch geeignete digitale Angebote eine gute Unterstützung leisten. Neue Angebote sind aber nicht nur für die Nutzenden komplex, sondern auch für die Entscheidungsträger. Mit Simulationsmodellen wollen wir einen Beitrag leisten, dass die in der Metropolregion tätigen Akteure bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützt werden. Dieses mündet in unserem dritten Beitrag, die Entwicklung von attraktiven Kooperationsmodellen in der Metropolregion.

Redaktion: Künstliche Intelligenz ist zurzeit ein großes Thema. Wie sieht da aktuell der Einsatz im Bereich Verkehr und Mobilität aus?

Ortgiese: Künstliche Intelligenz wird auch im Bereich von Verkehr und Mobilität in der Zukunft eine große Rolle spielen. Ich habe ja bereits erwähnt, dass umfassende multimodale Angebote mit einer gewissen Komplexität verbunden sind. Zum Glück werden wir in der Zukunft eine Vielzahl von Daten erhalten, die für die Optimierung des Gesamtsystems genutzt werden können. Für diese Optimierung bietet Künstliche Intelligenz viele Ansatzpunkte. An dieser Stelle ist mir mit Blick auf die aktuelle Diskussion aber auch wichtig zu betonen, dass Künstliche Intelligenz eine Vielzahl von Ausprägungen hat. Viele dieser Ausprägungen sind gut beherrschbar und führen nicht zu den Herausforderungen, die wir aktuell vor dem Hintergrund ChatGPT diskutieren.

Redaktion: Kommen wir zum Autonomen Fahren. 2018 gab es in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos eine Studie im Auftrag des ADAC e.V. Diese geht davon aus, dass sich automatisierte Autos erst ab 2030 anfangen im Straßenverkehr zu verbreiten. 2050 soll dann erst rund die Hälfte aller Fahrzeuge über Automatisierungsfunktionen verfügen. Demnach sollen diese aber erst einmal nur auf Autobahnen genutzt werden können und nicht auf Landstraßen. Woran liegt das und wie schätzen Sie den zeitlichen Fortschritt zum Ziel des Level 5 als selbst fahrendes Auto ein?

Ortgiese: Mit zeitlichen Prognosen möchte ich mich hier an dieser Stelle zurückhalten. Aktuell sehen wir noch eine Vielzahl von Problemen. Die Erfahrungen der Vergangenheit lehren uns aber auch, dass sich technische Fortschritte manchmal sprunghafter und schneller einstellen, als wir es ursprünglich gedacht hatten. Ich glaube, wir werden einen evolutionären Prozess erleben, indem schrittweise neue Technologien eingeführt werden. Die Autobahn spielt hier eine Rolle, aber vielleicht auch gewisse spezielle gesicherte Streckenabschnitte im Stadtverkehr. Wir sehen aktuell in den USA , dass technologische Fortschritte erzielt werden. Für den Standort Deutschland wird es wichtig sein, dass wir mit der technologischen Entwicklung mithalten können. Hier sind wir in Teilen ganz gut, an anderen Stellen haben wir sicherlich Aufholbedarf. Hier sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, die nicht nur rein technischer Natur sind, sondern auch kultureller. Wir brauchen mehr Mut zur Einführung von Innovationen und die beteiligten Akteure müssen in neuen Konstellationen zusammenarbeiten. Bei der Realisierung dieser neuen Kooperationsmodelle sehe ich eine der größten Herausforderungen.

Redaktion: Wenn wir uns anschauen, dass in Deutschland das Thema Tempolimit teils polarisiert und wir auf der anderen Seite davon reden, künftig autonom zu fahren: Inwiefern können Sie sich vorstellen, dass die Menschen sich auch zurücknehmen können, was eigenständiges Fahren anbelangt und das Auto einfach mal machen lassen?

Ortgiese: Ich glaube, das wird schon klappen. Wir nutzen noch heute den Zug, den Bus oder das Flugzeug und lassen uns fahren.

Redaktion: Sie betreiben ja auch das Testfeld Niedersachen. Das ist zwischen Hannover, Hildesheim, Braunschweig und Wolfsburg auf 280 Streckenkilometern angesiedelt. Welche Tests haben Sie dort bislang durchgeführt und welche sind geplant?

Ortgiese: Das Testfeld Niedersachsen ist jetzt seit etwa zwei Jahren in Betrieb. Neben dem Abschnitt auf der Autobahn, den Sie erwähnten, gehört auch die bereits seit mehreren Jahren im Innenstadtbereich von Braunschweig betriebene Referenzstrecke zum Gesamtsystem. Im Testfeld auf der Autobahn und in der Stadt können wir die Entwicklung von Sensorsystemen für das automatisierte Fahren unterstützen, indem wir den Verkehrsfluss hochgenau beschreiben. Das Testfeld ermöglicht darüber hinaus eine umfassende Kommunikation und Interaktion zwischen Fahrzeugen und der Infrastruktur. Diese ist aus unserer Sicht wichtig, um möglichst schnell automatisierte Funktionen anbieten zu können. Partner aus der Metropolregion nutzen das Testfeld für ihre Technologieentwicklungen in diesen beiden Bereichen. Der Name Testfeld ist im Übrigen ein wenig irreführend. Es handelt sich hier um eine große Anlage des DLR, die langfristig für Entwicklungen zur Verfügung steht. Wir können den Unternehmen in der Metropolregion somit eine langfristige Entwicklungspartnerschaft anbieten. Das unterscheidet sich von vielen anderen Testfeldern, die aktuell in Deutschland und in Europa entstehen. Diese haben zumeist einen Projektcharakter und können diese Langfristigkeit nicht gewährleisten.

testfeld niedersachsen nachts foto dlr

Das Testfeld Niedersachsen bei Nacht (Foto: DLR)

Redaktion: Wie ist der Status quo und wie soll es weiter gehen? Wie können Partner*innen der Mobilität aus der Metropolregion vom Testfeld profitieren, um es voranzubringen?

Ortgiese: In der Metropolregion haben wir ein exzellentes Ökosystemen aus Industrie und Forschung, dass gemeinsam an der Gestaltung neuer, automatisierter Mobilitätslösungen arbeiten kann. Das Testfeld Niedersachen ist hier ein wichtiger Baustein. Hinzu kommen die Städte, die Landkreise und das Land. Diese spielen insgesamt eine wichtige Rolle beim Betrieb des Gesamtsystems. Ich erwähnte zuvor, dass neben der Technologieentwicklung auch neue Kooperationsmodelle erforderlich sind. Die technologische Kompetenz ist in der Metropolregion ohne Zweifel vorhanden. Wenn wir es jetzt noch schaffen, tragfähige Kooperationsmodelle zu entwickeln und so zu zeigen, wie diese Technologie erfolgreich betrieben werden kann, dann besitzen wir hier ohne Zweifel ein Alleinstellungsmerkmal. Ich glaube, das können wir gemeinsam schaffen. Hier wollen wir mit unserem Testfeld einen Beitrag leisten.

Redaktion: Was muss passieren, damit die Verkehrswende in absehbarer Zeit nachhaltig gelingt?

Ortgiese: Mut und Veränderungswille von allen Seiten. Wir müssen ein System umgestalten, dass so in den letzten 60 Jahren, oder noch länger, gewachsen ist. Hierfür haben wir aber deutlich weniger Zeit. Es wird nicht einfach werden und sicherlich an der ein oder anderen Stelle auch ein wenig unbequem. Das muss uns allen bewusst sein.

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Prof. Ortgiese.

Die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg wird nicht nur durch die vier Metropolen geprägt, sondern auch durch die Landkreise, Städte und Gemeinden im Umland.

Einmal mehr deutlich wurde dies beim Besuch in der über 14.000 Einwohner*innen- Gemeinde Lengede, bekannt durch das „Wunder von Lengede“. Gleich über zwei Bahnhöfe in einem Abstand von drei Kilometern lässt sich Lengede aus Hildesheim und Braunschweig erreichen.

Am Eingang des Rathauses dokumentiert das Schild „Gemeinde Lengede Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg“ Zugehörigkeit.

Jüngst waren die Geschäftsführerin der Metropolregion GmbH, Silvia Nieber, und der Leiter des Handlungsfeldes Mobilität, Alexander Feuser, sehr überrascht über das städtebauliche Engagement der Gemeinde zur Beseitigung des Leerstandes im Ort. Früher Supermarkt, heute Ärztehaus. Nur durch den mutigen Kauf der Immobilie durch die Gemeinde und das ambitionierte Beantragen von Fördergeldern konnte die Investition ermöglicht werden.

Ein solches Projekt sei zwar „keine kommunale Aufgabe“, aber das heiße nicht, dass Kommunen sie nicht übernehmen könnten angesichts des Ärztemangels gerade auf dem Lande, meint Bürgermeisterin Maren Wegener. Schließlich müsse einer Gemeinde daran gelegen sein, „Dinge zu schaffen, die dafür sorgen, dass die Menschen gerne dort leben“. Die Kommunen stehen vor der Herausforderung, aktiv zu werden. Lengede ist ein gutes Beispiel dafür.

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