Automotive Health: Datenschutz, Infrastruktur, Finanzierung – unser FokusTalk Health

Veröffentlicht: 31. Mai 2022

60 Minuten Automotive Health – Wir haben in unserem FokusTalk mit Expert*innen aus Gesundheit, Versorgung, Wissenschaft und Verbraucherschutz über den Status Quo und die Zukunft von Gesundheit im Auto gesprochen. Dabei im Fokus: die International Standard Accident Number (ISAN) des Peter L. Reichertz Instituts als Bestandteil der digitalen Rettungskette. Neben Fahrzeugen sollen zukünftig auch Wohnungen und Wearables Notsituationen erkennen und automatisch einen Notruf absetzen können. Dabei werden bereits Informationen zur Situation, Krankheitsstand und weiteren relevanten Informationen, wie beispielsweise die Anzahl der Insassen, der Füllstand des Tanks oder der Batterie übermittelt – und das rein technisch über eine sichere Kommunikationsstruktur. Wir haben die Kernthemen und Forderungen rund um das Thema Automotive Health zusammengefasst.

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“Unsere smarte Rettungskette: Fahrzeuge und Wohnungen sollen automatisch einen Notfall erkennen, einen Notruf absetzen und Informationen übermitteln”

– Prof. Dr. Thomas Deserno, Stv. Geschäftsführer am PLRI

Datenschutz: Das Thema Datenschutz ist essenziell. Wie können hoch sensible Daten, die sowohl aus Fahrzeug- als auch Gesundheitsdaten bestehen verbunden werden, ohne dass wir zu gläsernen Fahrer*innen werden? Laut der Verbraucherzentrale geben rund 35% der Autofahrer*innen an, dass sie bereits der Übermittlung ihrer Mobilitätsdaten nicht zustimmen würden. Eine vertrauensvolle Systemarchitektur ist hier von besonderer Bedeutung.

Das Projekt ISAN zielt auf Datensparsamkeit ab und stellt eine Datentreuhänderschaft in den Fokus. Die Weiterleitung von Daten soll auf freiwilliger Basis geschehen und nur solche Daten umfassen, die wirklich für die Rettungskette relevant sind. Die Kernidee von ISAN: Die Daten bleiben da, wo sie erhoben wurden – im Datenspeicher des Fahrzeuges – und werden nur in einer Notsituation bereitgestellt. Im ISAN Projekt ist zunächst die PTB der Treuhänder. Sobald ISAN Marktreif ist, soll die Datentreuhänderschaft neu vergeben werden. Die Projektbeteiligten stellen klar, dass keine Daten bei den Fahrzeugherstellern landen.

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„Der vertrauensvolle Umgang mit Daten aus dem Auto rettet Leben, reduziert oder vermeidet gar Langzeitbeeinträchtigungen der Fahrzeuginsassen”

–  Prof. Dr. Siegfried Hackel, PTB

Infrastruktur: Sowohl eCall als auch ISAN benötigen ein flächendeckendes Netz um Daten zu übertragen und Hilfe in Form von Fahrzeugen oder Rettungskräften an den Unfallort anzufordern. Da das ISAN-Projekt nicht nur den Bereich Automotive Health, sondern ebenso den Bereich Smart Home abdeckt, ist nicht nur in Ballungszentren sondern auch auf Feldwegen, im Wald oder auf dem Berg ein flächendeckendes Netz essenziell.

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„Der eCall ist ein System, das auch dann arbeiten kann, wenn die Fahrer oder die Insassen im Fahrzeug nicht mehr in der Lage sind zu reagieren“

– Frank Brennecke, Geschäftsführer OCEON Products & Services GmbH

Finanzierung: Hier muss zwischen der akuten Notfallsituation und Gesundheitsprävention unterschieden werden. Mit einem EKG am Lenkrad lässt sich die Regelmäßigkeit des Herzschlags überprüfen, um beispielsweise einen Schlaganfall frühzeitig zu erkennen. Hier eröffnet sich eine Schnittstelle zu Krankenkassen. Autohersteller können die Nutzung von ISAN zudem als Premium-Feature anbieten. Die Finanzierung ist an dieser Stelle noch nicht eindeutig geklärt.

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“Wir brauchen eine verbraucherfreundliche, starke Sicherheitsarchitektur beim Zugang zu Fahrzeugdaten. Autohersteller dürfen nicht zu Gatekeepern für Mobilitätsdaten werden“

– Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen, Verbraucherzentrale Bundesverband

„Wir werden 2030 gar nicht mehr über Automotive Health sprechen. Das Auto in 2030 wird ein Smartphone auf Rädern sein. Gesundheitsanwendungen werden wie das Health-Kit auf dem iPhone selbstverständlich sein“

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– Prof. Dr. David Matusiewicz, Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule

Wie geht es für ISAN weiter? Der nächste Schritt im ISAN-Projekt ist der Feldversuch: Dabei soll demonstriert werden, wo und an welchen Stellen eine sichere Kommunikation einen Mehrwert für die Rettungskette bietet.

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