Mit einer optimierten Medikamentenentwicklung fit für die Zukunft

Veröffentlicht: 14. August 2023
Prof. Stefan Dübel, Leiter der Abteilung Biotechnologie an der TU Braunschweig (Foto: Prof. Stefan Dübel zum PaPräKa-Kongress (Foto: Fa. Abcalis GmbH - Nils Müller)

Eine der Erkenntnisse, die das Covid-19-Virus hinterlassen hat: Wir müssen als Gesellschaft besser auf zukünftige Pandemien vorbereitet sein. Um dieses Anliegen zu kommunizieren, wurde das Projekt PaPräKa (PandemiePräventionsKampagnen) ins Leben gerufen mit dem Ziel, alle relevanten Akteur*innen und Stakeholder zusammenzubringen und konstruktiv an Szenarien für die zukünftige Pandemiebekämpfung zu arbeiten.

Welche Rolle dabei der Fachkongress „Removing Roadblocks in der Medikamentenentwicklung – Prozesse von der Präklinik bis zum IP-Transfer beschleunigen“ von der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH und der Technischen Universität Braunschweig spielt, haben wir im Gespräch mit Prof. Dr. Stefan Dübel, Leiter der Abteilung Biotechnologie an der TU Braunschweig und wissenschaftlicher Leiter von PaPräKa und RAPID Niedersachsen, sowie mit Linda Hoffmeister, Projektmanagerin von PaPräKa bei der Metropolregion GmbH, erörtert.  

Redaktion: Herr Prof. Dübel, wie bewerten Sie rückblickend die Prozesse in der Medikamentenentwicklung während der COVID-19-Pandemie?

Dübel: Die extrem schnelle Entwicklung unseres COVID-19-Medikaments, das wir aus der universitären Forschung innerhalb eines Jahres bis in die klinische Prüfung brachten, erscheint zwar von außen als rekordverdächtig, dennoch haben wir während dieser Zeit viele nichtwissenschaftliche Faktoren wahrgenommen, die den Fortschritt mehr als eventuelle wissenschaftliche Probleme behinderten. Mit anderen Worten, es wäre noch schneller gegangen - in einer pandemischen Situation mit täglich Tausenden von Toten eigentlich ein Unding. Diese Erkenntnis war der Ausgangspunkt der Initiativen PaPräKa/RAPID Niedersachsen und PaPräKa.

Redaktion: Wo hat die Zusammenarbeit während der Pandemie bereits gut geklappt, wo sind Netzwerke entstanden, auf die auch künftig zurückgegriffen werden kann?

Dübel: Die völlig unproblematische Zusammenarbeit mit den lokalen Kollegen in Braunschweig, bei uns insbesondere am HZI und ITEM, war Gold wert und hat enorm Zeit gespart, vor allem, weil alle Beteiligten sich seit langer Zeit gut kannten. Im direkten Vergleich dazu hatte unser gleichzeitig laufender COVID-19 EU-Forschungsverbund ATAC Logistik-Probleme durch die Lockdowns. Daraus haben wir viel gelernt.

Redaktion: Bürokratie, Kommunikation, Organisation – das sind alles Aspekte, die dazu beitragen, dass der Prozess der Medikamentenentwicklung länger dauert als er müsste. Wo sehen Sie in diesem ganzen Ablauf die größten Hürden?

Dübel: Wir haben gerade dazu ja eine sehr genaue und umfassende Erhebung unter reger Mithilfe verschiedenster Stakeholder aus allen befassten Bereichen, von Forschung bis Behörden und Industrie, durchgeführt. Die Ergebnisse sind in unserem RAPID-Aktionsplan zusammengefasst, in dem wir auch zur Verbesserung zehn sehr detaillierte und konkrete Maßnahmen vorschlagen. Der RAPID-Aktionsplan wird auf dem Kongress vorgestellt. Kurz zusammengefasst geht es vorwiegend um finanzielle, rechtliche und verwaltungstechnische Hindernisse.  

Redaktion: Was ließe sich tun, um die Situation künftig zu verbessern?

Dübel: Die einzelnen Maßnahmen sind oft sogar einfach und erfordern keine wesentlichen Finanzmittel. Die meisten Engstellen könnten durch eine vorbereitende Abstimmung der beteiligten Partner über die finanziellen, rechtlichen und verwaltungstechnischen Rahmenbedingungen vor der nächsten Pandemie gelöst werden. Gemeinsames Motiv ist: vorher miteinander reden, und vorbereitet sein, statt erst zu reagieren, wenn Menschen sterben.

Redaktion: Auf dem Fachkongress am 14. September soll es ja nun darum gehen, wie die Medikamentenentwicklung effizienter werden kann. Aufgeteilt ist der Kongress in drei Blöcke zu den Themen Herausforderungen für die Forschung, Herausforderungen für die Umsetzung und Lösungsansätze. Was versprechen Sie sich von den Panels?

Hoffmeister: Das Hauptziel von PaPräKa ist die optimale Vernetzung aller relevanten Stakeholder, die an der Pandemiebekämpfung im Land beteiligt waren und sind. Das spiegelt sich auch im Programm unseres Fachkongresses mit dem Schwerpunkt Medikamentenentwicklung wider. Die Paneldiskussionen bieten Raum für den interdisziplinären Austausch, der an anderer Stelle möglicherweise zu kurz kommt.

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Linda Hoffmeister ist Projektmanagerin von PaPräKa bei der Metropolregion GmbH (Foto: Metropolregion GmbH)

Redaktion: Wie soll es nach dem Kongress konkret weitergehen?

Hoffmeister: Die Vernetzung der verschiedenen Akteur*innen langfristig zu gewährleisten und nachhaltig sicherzustellen, bleibt weiterhin das Ziel. Die nächste Pandemie kann unter Umständen schneller kommen, als wir es uns jetzt vorstellen. Dann sollten wir wirklich effektiver vorbereitet sein und unsere Lehren aus der Covid-19-Pandemie gezogen haben.

Dübel: Unser Ziel muss es natürlich sein, alle für die Medikamentenentwicklung befassten Stellen und Institutionen vor der nächsten Pandemie so miteinander zu vernetzen und vorbereitende Koordinationsstrukturen und -regeln so zu schaffen, dass die Wissenschaftler*innen bei der nächsten pandemischen Bedrohung nicht mehr gebremst, sondern unterstützt werden. Denn die nächste Pandemie wird kommen, das steht außer Zweifel.

Redaktion: An dem PaPräKa-Fachkongress sind viele Partner*innen und Initiativen beteiligt: Neben der TU Braunschweig sind das RAPID Niedersachsen, BioRegioN – das Life Science Network Niedersachsen, Startup Niedersachsen und die Life Science Factory. Also viel Schlagkraft, die sich da zusammengetan hat. An welchen Kriterien machen Sie einen Erfolg fest?

Hoffmeister: Eines der Erfolgskriterien stellt aus meiner Sicht das große Interesse der einzelnen Akteur*innen an der gesamten Thematik dar. Auch wenn wir im alltäglichen Leben momentan nicht mehr viel von der Pandemie spüren, so ist es dennoch extrem wichtig, dass wir für die nächste Pandemie besser vorbereitet sind. Das gilt sowohl für den Bereich der Medikamentenentwicklung, als auch für viele weitere Bereiche. Ich bin mir sicher, dass es sich auszahlen wird, konstruktive Lehren aus der Covid-19-Pandemie zu ziehen und sich auf allen Ebenen angemessen auf einen weiteren Pandemiefall vorzubereiten.

Dübel: Dank der zahlreichen Mithilfe der vielen an der Erstellung des RAPID Aktionsplans beteiligten Stakeholder haben wir eine sehr genaue Beschreibung der Probleme, und viele sehr konkrete Vorschläge, wie sie zu lösen sind. Ein Erfolg wäre es deshalb, wenn die Politik einige unserer Vorschläge umsetzen würde. Es geht hier immerhin um Menschenleben.

Der PaPräKa-Fachkongress findet am 14. September 2023 von 9:00 bis 17:30 Uhr in der Life Science Factory in Göttingen statt. Einen Überblick über das Programm mit hochkarätigen Expert*innen aus Wissenschaft und Forschung finden Sie hier.

PaPräKa wird gefördert durch das Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser.

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