Reinsetzen, starten, losdüsen. Vom Ziel eine ungefähre Vorstellung im Kopf. So wie es manchem Autofahrenden geht, geht es auch in Hackathonformaten zu. Einen besonderen haben wir im vergangenen Jahr ausgerichtet: “Prompters‘ Paradise“ – den ersten Promptathon der Metropolregion, bei dem Künstliche Intelligenz dabei helfen sollte, tragfähige Lösungen für die Mobilität zu entwickeln. Rund 20 Interessierte nahmen teil. Das Team “Gaslighted“ sicherte sich den zweiten Platz. Ihre Idee hat bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr großen Anklang gefunden – auch lange nach dem Promptathon. Wir haben mit dem Team darüber gesprochen, wie es Bundes- und Landstraßen mit Ladesäuleninfrastruktur ausstatten will – und wieso Landwirt*innen hierbei eine entscheidende Rolle zukommen könnte.
Das Team Gaslighted bestand aus:
Krish Gaba (1. v. l.), Student der Data Science & AI an der Universität des Saarlandes
Julia Maulhardt (2 v. l.), Beraterin für Elektromobilität (HWK)
Akarshan Kapoor (2. v. r.)
Riya Ahuja (1. v. r.)
Das zweitplatzierte Team beim Promptathon in Einbeck erhält den Siegercheck von Metropolregions-Geschäftsführer Christoph Meineke (Mitte) (Foto: Jennifer Bullert)
Redaktion: Bei unserem „Prompters‘ Paradise“ hattet ihr den zweiten Platz belegt. Inwiefern hattet ihr mit so einem Erfolg gerechnet?
Akarshan: So ein 24 Stunden-Hackathon ist sehr dynamisch. Wir hatten nicht mit dem Erfolg gerechnet, auch wenn wir uns einen guten Platz erhofft hatten. Wir hatten auch noch ein weiteres Teammitglied, Riya. Als es los ging, mussten wir uns erstmal sortieren: Bist du in diesem Team? Bist du in unserem Team? Wir haben viel rumgefragt und am Ende sind wir vier zusammengekommen, haben an der Idee gearbeitet und der Rest ist Geschichte.
Redaktion: Euer Team hatte sich auf dem Promptathon für die Challenge der NLStBV entschieden. Warum?
Julia: Ich bin Elektromobilitätsberaterin und es war die einzige Idee mit Elektromobilität. Ich habe mich darüber gefreut, dass ich mit meinem Input helfen konnte.
Krish: Ich fand, diese Idee brauchte eine Lösung. Darum hatte ich mich dafür entschieden.
Akarshan: Kleine Hintergrundinfo zu Krish: Es war sein erster Hackathon. Er war ein Newbie was Coden anbelangt und darum war es für ihn ein neues Abenteuer. Ich habe ein wenig als sein Mentor fungiert und ihm gesagt, was zu tun ist: „Okay, code dies. Bau das mit ein. So bettest du Dinge mit ein.“ Es war aufregend und ein realistisches Lernerlebnis.
Krish (lacht): Ja, das stimmt zu 100 Prozent.
Redaktion: Ihr habt euch mit der Ladesäuleninfrastruktur an Landes- und Bundesstraßen auseinandergesetzt. Welchen Status quo habt ihr ermittelt?
Julia: Da gab es praktisch keine weitere Infrastruktur – nicht mal einen Abfalleimer. Also haben wir die Infrastruktur in einem Radius von 20 bis 50 Kilometern evaluiert.
Redaktion: Was ist aus eurer Sicht der Hauptgrund dafür, dass die Infrastruktur hier bislang nicht ausgebaut wurde?
Julia: Weil es dort keine Autobahn gibt. Also gibt es dort nicht so viel Verkehr. Die Bundes- und Landstraßen verbinden einfach zwei Städte ohne weitere Infrastruktur miteinander. Also gibt es auch keinen Grund, dort anzuhalten. In Städten gibt es Supermärkte oder irgendetwas anderes, wo man seine Zeit verbringen kann, während man darauf wartet, dass der Ladevorgang beendet ist. An Autobahnen gibt es Raststätten, wo man etwas essen kann und Tankstellen. Aber an Bundes- und Landesstraßen gibt es nichts außer die Straßen selbst.
Redaktion: Also quasi viele weiße Flecken sozusagen. Euer Ziel ist es, die ländlichen und suburbanen Bereiche zu Mobilitäts-Hotspots zu machen. Wie stellt ihr euch solche Mobilitäts-Hotspots vor?
Akarshan: Wir haben einen Algorithmus erstellt, der auflistet, wo es überall Elektrizitäts-Werke gibt. Wie ist es um die Autobahnen und die Hauptverkehrsadern bestellt? Wie viele Verkehrsdaten können wir sammeln? Sind die Daten in Echtzeit verfügbar? Das sind Schlüsselfaktoren, um herauszufinden, was als nächstes unternommen werden muss. Sie legen im Grunde fest, wie wir weiter vorangehen und die Infrastruktur in Niedersachsen verbessern können. Wir wollten unbedingt Echtzeitnutzung integrieren, indem wir die Google Maps-Schnittstelle nutzen. Aber während des Hackathons hatten wir keinen Zugang zu dieser Schnittstelle, weil wir dafür Kreditkarteninformationen hätten angeben müssen, bevor es nutzbar ist. Also mussten wir innerhalb der 24 Stunden einen Open Source-Weg nutzen. Da gibt es ein tolles Projekt namens Open Street Map, das uns erlaubt hat, all diese Parameter herauszubekommen: Autobahnen, Verkehrsdichte und so weiter. Auf Basis des Algorithmus waren wir in der Lage eine Webseite mit einer Karte zu erstellen und die exakten Orte hervorzuheben, an denen die Infrastruktur verbessert werden kann.
Julia: Wir hatten ein Vision Board: Die Landwirte, denen die Felder direkt an den Straßen gehören, sollten miteinbezogen werden. Zum Beispiel mit einem kleinen Verkaufsstand, an dem sie ihre Produkte verkaufen können. Wer die Ladestation nutzt, kann währenddessen diese Produkte erwerben. Wir hatten dazu ein Bild mit der KI erstellt: Ladestationen, lokale Produkte und das alles eingebettet direkt neben den landwirtschaftlichen Flächen, wo auch Windräder und Solarpanele zu finden sind.
Redaktion: Also ein starker Nachhaltigkeitsaspekt. Auch an Bundes- und Landesstraßen finden sich Tankstellen. Wieso also nicht dort einfach die Möglichkeit für Ladesäulen schaffen/ unterstützen?
Akarshan: Das war eines unserer hauptsächlichen Probleme. Wenn es schon Ladesäulen in der Nähe gibt, wie berücksichtigen wir das im Algorithmus? Ich glaube, bei unserem Algorithmus haben wir einen Parameter von fünf bis zehn Kilometern im Umkreis genutzt. Wenn es dort schon Ladesäulen gab, haben wir die Zone übersprungen und sind zur nächsten übergegangen. Dort, wo schon Ladesäulen vorhanden waren, haben wir außerdem überlegt: Wie können wir diese verbessern? Vielleicht, indem wir einen kleinen Verkaufsstand von Landwirten ergänzen.
Julia: Und im Ergebnis hatten wir einen Gebietsradius, in dem es nichts gab. Auf diesen konnten wir uns konzentrieren und überlegen, wie dieses Gebiet nutzbar werden könnte.
Redaktion: Wie würde der ideale Standort für eine Ladesäule aussehen?
Julia: Wenn man die typische landwirtschaftliche Fläche nimmt, dann gibt es dort vielleicht Hofläden, Tiere, was immer gut ist, wenn man Kinder dabei hat und die während des Ladevorgangs beschäftigen möchte. Und mit den lokalen Produkten können die Landwirte extra Geld verdienen. Es ist sozusagen ein Win-Win. Außerdem profitiert der Landwirt von der Energie, die er verkaufen kann, sollte er beispielsweise Solarpanele, am besten Agri-PV auf seinen Flächen besitzen. Diese Energie kann direkt für die Ladesäulen genutzt werden.
Schützenhilfe hatte das Team unter anderem von Mentor Shivam Tokhi (3. v.r.) von der NLStBV, der die Challenge ins Rennen geschickt hatte (Foto: Spieker Fotografie)
Redaktion: Ihr steht im engen Austausch mit der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr; wollt also eure Idee weiterverfolgen und einen echten Impact schaffen. Was ist dahingehend als nächstes geplant?
Akarshan: Das ist vermutlich eine etwas enttäuschende Antwort, denn aktuell: Nichts, weil wir nach dem Hackathon alle unseres eigenen Weges gegangen sind. Wir sind alle beschäftigt. Ich studiere, Krish und Riya studieren. Julia arbeitet. Unser Terminkalender lässt es gerade nicht zu, dass wir uns wieder treffen.
Julia: Ich bin in Kontakt mit Shivam Tokhi, einem Elektromobilitätsmanager von der NLStBV. Wir schauen jetzt, wie es weitergehen kann.
Akarshan: Um den Algorithmus zu verbessern, braucht es noch tiefergehende Arbeit. Während des Hackathons ging es darum, dass eine einzelne Person all die Daten abgerufen hat. Was passiert, wenn die gesamte deutsche Bevölkerung das zur gleichen Zeit tun würde? Nehmen wir die Deutsche Bahn-App: Leute loggen sich ein und sehen die Fahrpläne. Ähnlich sollen die Menschen die Möglichkeit bekommen, sich in diese App einzuloggen und alles zu sehen. Ein Punkt dabei ist die Ladezeit. Die Ladezeit der Anwendung zu verkürzen und die Aktivität zu verbessern. Wir hatten drei Open Street Maps dafür genutzt. Vielleicht bekommen wir ja künftig eine Finanzierung und könnten damit die Google Maps-Schnittstelle für 24 oder 48 Stunden nutzen, abhängig vom Verfügungsrahmen der Kreditkarte. Das könnte künftig als Langzeitinvestition gesehen werden.
Redaktion: Ihr seid im Hackathon-Format schon erprobt und habt teils auch an unserem HealthHack teilgenommen. Was überzeugt euch an Hackathons?
Akarshan: Hackathons sind eine Art finanzieller Förderung und wenn man ein Entwickler ist, weiß man, wie man codet. Für mich bedeutet die Teilnahme, dass ich es meinem Lebenslauf hinzufügen kann ebenso wie meinem LinkedIn-Profil. Zweitens: Wenn es beim Hackathon ein nettes Preisgeld gibt, hat man eine Art passives Einkommen als Student. Das lässt sich nutzen, um zu feiern, um einen neuen Laptop zu kaufen oder irgendetwas anderes. Das sind für mich die beiden Hauptgründe: Der Feel-good-Faktor und das passive Einkommen.
Krish (grinst): Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten, die intelligenter sind als ich. Ich hab Akarshan und Julia und Riya getroffen. Zusammen löst man das Problem und wächst zusammen. Wenn ich Hilfe benötige, kann ich jeden von ihnen fragen und sie helfen mir. Sie haben mehr Erfahrung als ich. Preisgelder spielen für mich keine große Rolle, aber die Beziehungen, die durch den Hackathon entstehen, sind sehr wichtig. Ich habe auch am HealthHack teilgenommen und viele Startups getroffen, die eine finanzielle Unterstützung suchen. Deren Nummern habe ich jetzt und kann sie kontaktieren. Und wenn es sich ergibt, kann ich bei diesen Startups einsteigen.
Akarshan (grinst): Bedeutet für dich also auch Geld, wenn du bei ihnen mitmachst.
Krish (lacht): Wenn du Erfahrung und Fähigkeiten hast, wird dir das Geld folgen.
Julia: Ich habe am Hackathon teilgenommen, weil ich mit Menschen im Bereich Elektromobilität/Mobilität zusammenarbeiten wollte, um ein Problem zu lösen und das in sehr begrenzter Zeit. Das war wirklich aufregend. Normalerweise hat man etwas länger Zeit, bevor man Entscheidungen treffen muss. Aber bei Hackathons muss man schnell sein und steht unter Druck. Die gegenseitige Unterstützung bei den Fähigkeiten, die Krish erwähnt hat, sind Aspekte, die ich wirklich toll fand. Menschen kennenzulernen, Ideen zu haben, Fähigkeiten zu nutzen, um eine Lösung zu finden. Und nicht jeder muss Erfahrung im Bereich Programmieren oder Strategie haben. Jeder kann etwas beitragen und gibt sein Bestes in kurzer Zeit. Das war, was mich am meisten begeistert hat.
Redaktion: Vielen Dank für das Interview und weiterhin ganz viel Erfolg!
Die im Zuge des Promptathons entwickelte Webseite des Teams lässt sich unter folgendem Link austesten: https://team-gas-lit.vercel.app/