Das Siegerteam des sechsten HealthHack der Metropolregion steht fest: Flow Well konnte die Jury von acht Teams am meisten überzeugen. Raphael Koßmann, Leiter Regionales Vertragswesen des HealthHack-Partners Techniker Krankenkasse, Landesvertretung Niedersachsen, überreichte den Preisscheck in Höhe von 1.000 Euro. Wie enge Türrahmen und Flure im Krankenhaus mit dem Sieg der vier Studenten zusammenhängt, berichtet uns Teammitglied Lukas Jurk im Interview.
Teammitglieder Flow Well:
Lukas Jurk, Wissentschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Braunschweig
Alexander Filippov, Student an der Technischen Universität Braunschweig
Ajay Chodankar, Student an der Technischen Universität Braunschweig
Raghu Varma Kopperla, Student an der Technischen Universität Braunschweig
Redaktion: Am 13. April habt ihr den HealthHack 2024 gewonnen. Wie blickt ihr auf euren Sieg zurück?
Lukas Jurk: Mit Stolz und mit Freude, weil wir uns auch direkt in einer guten Begleitung im Nachgang wiedergefunden haben. Gemeinsam haben wir natürlich das Ganze auch gefeiert, weil wir selber überrascht waren.
Redaktion: Der HealthHack begann mit rund zehn Ideen-Pitches. Wie kam euer Team zustande und wer war bei der Teamarbeit wofür zuständig?
Lukas Jurk: Ich hatte mich zusammen mit einem Informatik-Studierenden angemeldet und wir sind zu zweit in den Hackathon reingegangen. Wir haben dann erst gedacht, wir finden keine weiteren Teammitglieder. Die Idee hat nicht viel Anklang gefunden. Aber dann sind wir doch noch auf zwei indische Studierende aufmerksam geworden, die im Bereich Autonomes Fahren aktiv sind und im Lions Racing Team der TU Braunschweig Erfahrung gesammelt haben. Das hat vom technischen Background sehr gut zusammengepasst. Entsprechend war auch die Aufgabenverteilung relativ klar: Die eine Hälfte des Teams hat die Rahmenbedingungen der Idee formuliert und ausgearbeitet, mit den Coaches gesprochen, und die andere Hälfte hat sich mit der technischen Umsetzung befasst.
Redaktion: Ihr habt mit der Idee gewonnen, ein Plugin-Tool für Planer*innen von Neu- und Umbaumaßnahmen in Krankenhausbauten bereitzustellen. Damit soll dann automatisch eine dynamische Kollisionsprüfung in der Bauplanung ermöglicht werden. Was hat euch zu der Idee inspiriert?
Lukas Jurk: Alexander und ich arbeiten beide an einem Institut für Architekturforschung an der TU Braunschweig und sind quasi immer wieder im Kontakt mit Krankenhäusern, die wir erforschen. Dabei wurden wir auf die Problematik aufmerksam, dass doch sehr viele Abläufe physisch kollidieren, neben diversen anderen Hindernissen, die es natürlich im Arbeitsalltag gibt, und mit dieser Problematik wollten wir dann weiterarbeiten.
Redaktion: Kannst du eure Hack-Idee noch einmal in Kürze vorstellen?
Lukas Jurk: Ein Krankenhaus ist ein sehr komplexes Gebäude, in dem es viele Arbeits- und Logistikprozesse gibt. Das alles bei einem Neu- oder Umbauprojekt entsprechend vorausschauend zu planen, ist eine große Herausforderung. Wir möchten es den Bauherren erleichtern, diese Aufgabe wirklich gut zu meistern und im Vorhinein simulieren können, ob die Architektur mit den Arbeitsprozessen, den Dimensionen von der Ausstattung zusammenpasst, sodass am Ende dann hoffentlich das Bett nicht am Fahrstuhl hängen bleibt, sondern um jede Kurve herumkommt.
Redaktion: Was war die größte Herausforderung, die euer Projekt mit sich gebracht hat?
Lukas Jurk: Zum einen nochmal ganz klar zu definieren, welche Use-Cases gibt es? Also dann wirklich mit der Praxis ins Gespräch kommen: Wo gibt es welche Sondersituation, wo beispielsweise an einem Bett noch ein Beatmungsgerät dran hängt, wo sich mehr Personal aufgrund einer unmittelbar notwendigen Wiederbelebung befindet. Und das andere: Wie wir das Ganze eben technisch umsetzen und da möglichst schnell auch ein Ergebnis vorweisen können.
Redaktion: Wie geht es jetzt mit eurer Idee weiter?
Lukas Jurk: Tatsächlich hat uns die Idee begeistert und wir haben beschlossen, das Ganze zu dritt zu einem brauchbaren KI-Modell weiterzuentwickeln. Da streben wir dann sogar eine Gründung an. Falls Krankenhausbetreiber das lesen, sind wir immer offen für weiteren Input; zum Beispiel in Form von Daten, mit denen wir auch unser KI-Modell aufbauen können, um so die Planung zu vereinfachen und unsere Idee gemeinsam voranzubringen.
Redaktion: Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
Rund 45 Teilnehmende haben sich am 12. und 13. April an der sechsten Auflage des HealthHack der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH beteiligt. Im TRAFO Hub Braunschweig haben sie zwei Tage lang innovative Lösungen für Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegebereich entwickelt.
Metropolregion, 15.04.2024. Zu enge Krankenhaustürrahmen, bei denen das Personal die Betten kaum oder nur durch mehrmaliges Rangieren hinaus manövrieren kann: Das soll der Vergangenheit angehören. Das Team Flow Well hat beim HealthHack 2024 mit seiner Idee eines Plugin-Tools für Planer*innen von Neu- und Umbaumaßnahmen in Krankenhausbauten überzeugt. Das Tool soll automatisch eine dynamische Kollisionsprüfung in der Bauplanung ermöglichen. Die Jury wählte das vierköpfige Team auf den ersten Platz, der mit 1.000 Euro dotiert ist.
Auf Platz zwei folgt das Team REmind mit der Idee, eine KI-Brosche mit eingebautem Verdampfer und einem Sprachmodell zu entwickeln. Dieses soll Erinnerungen bei Menschen mit Demenz im Anfangsstadium reaktivieren. Hierfür überreichte die Jury einen Preisscheck im Wert von 500 Euro. Dritter auf dem Sieger*innentreppchen ist das Team Feetwise. Gemeinsam haben die beiden Mitglieder an sensorbasierten Einlagesohlen gearbeitet, die Über- und Unterbelastungen nach Gelenk-Operationen verhindern sollen. Damit konnten sie sich 250 Euro sichern.
Raphael Koßmann (l.), Leiter Regionales Vertragswesen bei der Techniker Krankenkasse Landesvertretung Niedersachsen, überreichte den 1. Preis an das Team Flow Well (Foto: Philipp Ziebart)
Den zweiten Platz errang das Team REmind, das vom Vorstandsvorsitzenden des AWO Bezirksverbandes Braunschweig e.V., Rifat Fersahoglu-Weber (2. v. r.) ausgezeichnet wurde (Foto: Philipp Ziebart)
Christoph Meineke (l.), Geschäftsführer der Metropolregion GmbH, händigte den Preisscheck für den dritten Platz an das Team Feetwise aus (Foto: Philipp Ziebart)
Innovative Ideen für Gesundheit und Pflege bedeutsam
Mit der Schirmherrschaft durch Dr. Andreas Philippi, Niedersächsischer Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, unterstützte das Ministerium den HealthHack erneut. Staatssekretärin Dr. Christine Arbogast: „Angesichts neuer Herausforderungen im Gesundheitswesen brauchen wir neue Lösungen - insbesondere im Bereich der Digitalisierung. Um auch zukünftig eine gute Versorgung gewährleisten zu können, ist es gut sektorenübergreifend zu denken und die regionalen Strukturen in den Blick zu nehmen. Innovative Veranstaltungsformen wie der HealthHack 2024 hier in Braunschweig tragen dazu bei, nicht nur in althergebrachten Bahnen zu denken, sondern neue, kreative Vorschläge zu entwickeln.“
In acht Teams entwickelten die Teilnehmenden hierzu Ideen: So befasste sich ein Team mit einem virtuellen Wartezimmer, ein anderes mit der Nachsorge von Transplantierten und ein weiteres mit der frühzeitigen Erkennung von Lungenkrebs; die Entwicklung von Apps stand ebenfalls im Mittelpunkt: Ein Team arbeitete an einer Anwendung zur achtsameren Social Media-Nutzung, ein anderes tüftelte an einer Bedienunterstützung für Menschen mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen.
Rund 45 Teilnehmende tüftelten in acht Teams im TRAFO Hub Braunschweig an innovativen Lösungen für Gesundheit und Pflege. (Fotos: Philipp Ziebart)
„Gesundheit und Pflege sind wichtige Zukunftsthemen, die es jetzt anzupacken gilt,“ so Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum, Aufsichtsratsvorsitzender der Metropolregion GmbH. „Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel machen deutlich, dass es nicht nur Zuwanderung braucht, sondern auch Künstliche Intelligenz und Digitalisierung, um die damit im Zusammenhang stehenden Herausforderungen zu bewältigen. Der HealthHack als Ideenpool bietet hier optimale Voraussetzungen: Nicht nur für Braunschweig und die Metropolregion, sondern auch darüber hinaus.“
Metropolregion als Innovationszentrum
Mit dem HealthHack hat die Metropolregion ein Format etabliert, das bereits in der Vergangenheit vielfältige, kreative Ideen zu Tage förderte: von einer Fernbedienung, mit der ein Ventil eines Sauerstofftanks gesteuert werden kann bis hin zu einer Demenz-Assistenz-App. „Smarte Innovationen made in unserer Metropolregion. Das unterstreicht die Attraktivität und das Potenzial unseres Standortes als nationales Innovationszentrum im Gesundheitswesen“, betont Metropolregions-Geschäftsführer Christoph Meineke.
Am HealthHack 2024 beteiligten sich die Partner*innen Techniker Krankenkasse, AWO Bezirksverband Braunschweig e.V., Nibelungen Wohnbau GmbH, Digitalagentur Niedersachsen, Braunschweig Zukunft GmbH und Siemens Healthineers AG. Zudem unterstützen der HAWK Gesundheitscampus Göttingen, das Institut für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Göttingen und das Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, Standort Braunschweig. Organisatorische Mitwirkung leistete das Haus der Wissenschaft in Braunschweig.
Projektmanagerin Gesundheitswirtschaft, Linda Hoffmeister, abschließend: „Wir bedanken uns herzlich bei unseren Partner*innen und Unterstützer*innen, die zu einer erneut gelungenen Auflage des Hackathons beigetragen haben. Die Teilnehmendenzahlen sind auf einem ähnlichen Niveau wie 2023. Es scheint also ein beständiges Interesse zu geben, interdisziplinär und gemeinsam innovative Lösungen für die Herausforderungen im Bereich Gesundheit und Pflege zu entwickeln.“
Über den HealthHack
Der HealthHack ist eine Veranstaltung der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH und wird seit 2018 jährlich ausgerichtet. Während der Pandemie fand der Hack zwei Mal online statt; in einem Jahr pausierte er zudem. Ein Hackathon ist ein kollaboratives Event, bei dem Teilnehmende innerhalb eines festgelegten Zeitraums gemeinsam an innovativen Lösungen für technologische Herausforderungen arbeiten. Zielgruppe des HealthHack sind Studierende, Auszubildende, (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen, Gründer*innen sowie alle Menschen, die im Bereich Gesundheit, Medizin und Pflege tätig sind. Durch Unterstützung von Mentor*innen arbeiten sie im Team daran, die Gesundheit und Pflege von morgen zu verbessern. Weitere Informationen rund um den HealthHack gibt es hier.
Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi übernimmt Schirmherrschaft
Metropolregion, 12.03.2024. Hacken, Tüfteln und Coden: Der TRAFO Hub Braunschweig verwandelt sich am 12. und 13. April in eine Ideenwerkstatt rund um die Gesundheit und Pflege von morgen. Die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH führt den Hackathon HealthHack zum inzwischen sechsten Mal durch. Ziel ist es, in interdisziplinären Teams an innovativen und kreativen Lösungen für die verschiedenen Herausforderungen im Gesundheitssystem zu arbeiten. Die Schirmherrschaft übernimmt der Niedersächsische Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Dr. Andreas Philippi.
„Hackathons bieten allen Teilnehmenden die Möglichkeiten, ihre Kreativität zu entfalten und gemeinsam mit anderen nach Lösungen zu suchen. Davon profitieren alle Beteiligten. So wichtig der Sachverstand der Expertinnen und Experten gerade bei den komplexen Fragestellungen im Gesundheits- und Pflegebereich ist, denke ich doch, dass ‚frischer Wind‘ durch Input von außen eine Bereicherung darstellt“, so Gesundheitsminister Philippi.
Im Mittelpunkt des Hackathons stehen 2024 folgende Themen: Produktinnovationen (Pflege/Gesundheit), Virtual und Augmented Reality, Softwarelösungen, KI-Anwendungen, Health@Home, Sensorik, Big Data und Robotik. Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum, Aufsichtsratsvorsitzender der Metropolregion, hebt die Bedeutung des Hackathons hervor: „Unsere Stadt steht als namensgebende Säule der Metropolregion für Forschungsstärke und interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Gesundheitswirtschaft. Mit dem HealthHack bieten wir eine Plattform für Ideen und Experimente, die zu greifbaren Lösungen werden sollen. Dabei unterstützen uns wichtige metropolregionale Akteurinnen und Akteure mit ihrer Expertise.“
Realisiert wird der HealthHack 2024 mit Unterstützung der Partner*innen Techniker Krankenkasse, AWO Bezirksverband Braunschweig e.V., Nibelungen Wohnbau GmbH, Digitalagentur Niedersachsen, Braunschweig Zukunft GmbH und Siemens Healthineers AG. Zudem wirken der HAWK Gesundheitscampus Göttingen, das Institut für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Göttingen und das Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, Standort Braunschweig, an der Ausrichtung der Veranstaltung mit. Die Teilnehmenden haben die Chance auf Preisgelder in Höhe von bis zu 1.000 Euro und profitieren zudem von Mentoring durch Expert*innen und Netzwerkkontakte.
„Unsere Metropolregion ist ein wichtiger Standort der Gesundheitswirtschaft in Deutschland und sogar im europäischen Vergleich. Namhafte Unternehmen sind dabei ebenso wichtig wie Startups, die innovative und kreative Impulse setzen. Diese fördern wir zum sechsten Mal mit dem HealthHack und freuen uns auf viele spannende Anwendungen!“, so Metropolregions-Geschäftsführer Christoph Meineke. Er ist insbesondere gespannt auf Lösungen aus aktuell heiß diskutierten Themenfeldern wie Virtual Reality oder Künstlicher Intelligenz.
Linda Hoffmeister, Projektmanagerin Gesundheitswirtschaft bei der Metropolregion GmbH, ruft zum Mitmachen auf: „Interdisziplinarität wird bei unserem HealthHack großgeschrieben. Darum möchte ich alle interessierten Personen und Teams ermutigen, sich die Chance einer Teilnahme nicht entgehen zu lassen. Auch wer keine eigene Idee hat, kann die eigenen Fähigkeiten vor Ort in der Teamarbeit mit einbringen. Euer Einsatz kann den Unterschied machen!“
Über den HealthHack
Der HealthHack ist eine Veranstaltung der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH, organisatorische Mitwirkung leistet das Haus der Wissenschaft in Braunschweig. Ein Hackathon ist ein kollaboratives Event, bei dem Teilnehmende innerhalb eines festgelegten Zeitraums gemeinsam an innovativen Lösungen für technologische Herausforderungen arbeiten. Zielgruppe des HealthHack sind Studierende, Auszubildende, (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen, Gründer*innen sowie alle Menschen, die im Bereich Gesundheit, Medizin und Pflege tätig sind. Durch Unterstützung von Mentor*innen arbeiten sie solo oder im Team daran, die Gesundheit und Pflege von morgen zu verbessern. Alle Informationen rund um den HealthHack und den Link zur Anmeldung finden Sie hier.
Redaktion: Die AWO ist einer der sechs Spitzenverbände in der Freien Wohlfahrtspflege und seit vielen Jahren tatkräftiger Unterstützer des HealthHack. Dafür erst einmal vielen Dank! Worauf freuen Sie sich dieses Jahr besonders?
Rifat Fersahoglu-Weber: Ich freue mich am meisten auf die Challenges, die wir zum HealthHack beisteuern und natürlich auf viele innovative Lösungen. Grundsätzlich ist es eine Freude, die kreativen Prozesse zu beobachten und zu begleiten. Der HealthHack ist eine Veranstaltung mit einer sehr positiven Ausstrahlung.
Redaktion: Pandemie, Inflation…viele Menschen sind von den Krisen der vergangenen Jahre noch immer beeinträchtigt, nicht nur finanziell, sondern auch gesundheitlich. Wo fehlt es da Ihrer Meinung nach an Impulsen, um gegenzusteuern?
Rifat Fersahoglu-Weber: Wir als AWO-Bezirksverband müssen immer neue Impulse setzen, nicht nur aus Krisen heraus. Eine wichtige Frage, der wir uns stellen ist: Wie können wir Dienstleistungen so gestalten, dass sie noch erbracht werden können? Sprich: Wie können wir die Arbeitsbedingungen in unseren Bereichen verbessern. Mit unseren Fragestellungen zu dieser Thematik wollen wir Impulse setzen, damit Lösungen für die Zukunft gefunden werden – immer mit dem Ziel, gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen sowie soziale Gerechtigkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Demokratie zu stärken.
Was können die Teilnehmenden von Ihnen dieses Jahr beim Hackathon erwarten?
Rifat Fersahoglu-Weber: Die Teilnehmenden können von uns erwarten, dass unsere Aufgaben sehr zielgerichtet sind. Was uns ausmacht, ist die starke Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis.
Für den HealthHack 2024 konnten wir erneut Dr. Andreas Philippi, den niedersächsischen Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, als Schirmherr gewinnen. Im Gespräch erfahren wir, welche Innovationen den Minister zuletzt besonders beeindruckt haben, und wofür er sich als Mediziner eine Lösung im Gesundheitssystem wünschen würde.
Redaktion: Herr Dr. Philippi, wir freuen uns, dass Sie erneut die Schirmherrschaft zum HealthHack übernehmen. Warum ist ein Hackathon nach Ihrer Ansicht ein gutes Format, um neue Lösungen für Herausforderungen in Gesundheit und Pflege zu finden?
Dr. Andreas Philippi: Hackathons bieten allen Teilnehmenden die Möglichkeiten, ihre Kreativität zu entfalten und gemeinsam mit anderen nach Lösungen zu suchen. Davon profitieren alle Beteiligten. So wichtig der Sachverstand der Expertinnen und Experten gerade bei den komplexen Fragestellungen im Gesundheits- und Pflegebereich ist, denke ich doch, dass ‚frischer Wind‘ durch Input von außen eine Bereicherung darstellt.
Redaktion: Welche Innovation aus dem Gesundheits- und Pflegebereich hat Sie zuletzt besonders beeindruckt?
Philippi: Insbesondere im ambulanten Sektor entfaltet die innovative Telemedizin eine entscheidende Versorgungsrolle. Durch die nahtlose Integration von fortschrittlichen Technologien können Patienten nicht nur bequem von zu Hause aus Zugang zu hochwertiger medizinischer Betreuung erhalten, sondern auch eine kontinuierliche Überwachung und Betreuung erleben. Diese Entwicklung ermöglicht es, chronische Krankheiten effektiver zu managen und frühzeitig auf mögliche Komplikationen zu reagieren. Die Telemedizin im ambulanten Bereich schafft somit eine Brücke zwischen Patienten und medizinischen Fachkräften, verbessert die Erreichbarkeit der Gesundheitsversorgung und fördert eine umfassende, präventive Betreuung, die über die bisherigen Grenzen hinausgeht. In Zukunft könnte dies dazu beitragen, die Belastung von Kliniken zu reduzieren und die Effizienz des Gesundheitssystems zu steigern.
Und noch ein anderes Beispiel aus dem Pflegebereich:
Wir haben uns kürzlich mit einer KI-unterstützten Sprachassistenz für die Pflegedokumentation beschäftigt. Diese Software kann aus einer alltagssprachlichen Beschreibung alle pflegerelevanten Informationen entnehmen und strukturiert im Dokumentationssystem ablegen. Das scheint mir eine echte Erleichterung für den Arbeitsalltag zu sein und unterstützt zugleich die Integration von Pflegekräften mit begrenzteren Sprachkenntnissen.
Redaktion: Sie setzen sich für ein patientenorientiertes Gesundheitswesen ein und sehen große Chancen in der Digitalisierung. Damit sich technische Anwendungen in der Praxis etablieren, ist es aber oft ein langer und komplizierter Prozess. Was kann Ihr Ministerium dazu beitragen, um bürokratische Hürden abzubauen?
Philippi: Durch die COVID-19-Pandemie sind die Herausforderungen im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) und die Notwendigkeit des Ausbaus von Digitalisierungsmaßnahmen verstärkt sichtbar geworden. Das Land Niedersachsen hat im vergangenen Jahr im Schulterschluss mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Gesundheitsämtern ein richtungsweisendes Digitalisierungskonzept entwickelt. Über ein Förderprogramm des Bundes im Rahmen des Paktes für den ÖGD stehen dem Land allein für Maßnahmen der Digitalisierung des ÖGD rund 65 Millionen Euro zur Verfügung. Das erarbeitete Digitalisierungskonzept wird den ÖGD in Niedersachsen bei der Umsetzung dieses Förderprogramms begleiten und den Weg in die weitere digitale Zukunft weisen. Niedersachsen hat im Rahmen des Förderprogramms seit 2022 bereits zwölf Landesmaßnahmen und mehr als 40 Modellprojekte den Weg gebracht, um den ÖGD zu stärken und zu modernisieren. In den zwölf Landesmaßnahmen sind vier sogenannte ELFA-Maßnahmen mit Federführung durch Niedersachsen enthalten. ‚Ein-Land-für-Alle-Maßnahmen‘ haben die zentrale Entwicklung eines digitalen Dienstes zum Ziel, der dann allen anderen beteiligten Bundesländern zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus beteiligt sich Niedersachsen an vier weiteren ELFA-Maßnahmen aus anderen Bundesländern und ist damit bundesweit eines der Länder mit den meisten beantragten und bewilligten Maßnahmen.
Diese und weitere Digitalisierungsprojekte tragen dazu bei, den ÖGD nachhaltig zu stärken und für zukünftige Herausforderungen gut aufzustellen.
Die bis zum 31.12.2023 gültige Richtlinie „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ (vollständig: Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Beschaffung von Informations- und Kommunikationstechnologien zur Sicherstellung der sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung) hat darüber hinaus Zuwendungen seitens des Landes zur Förderung von innovativen Projekten und Maßnahmen mit digitalen ‚Werkzeugen‘ ermöglicht. Die Richtlinie hatte zum Ziel, eine nachhaltige und über den Förderzeitraum hinaus wirksame Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Niedersachsen zu erreichen und allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben im eigenen häuslichen Umfeld zu ermöglichen. Ein weiterer Fokus galt der Förderung von barrierefreien, modernen, digitalen und telemedizinischen Anwendungen sowie der Ausweitung erfolgreicher Digitalisierungsprojekte in Niedersachsen, mit der Absicht, diese in die Regelversorgung zu überführen. Gegenstand der Förderung waren zudem telemedizinische Projekte sowie Projekte aus den Förderbereichen Ambient Assisted Living, d.h. Investitionen zum Einsatz von digitalen Assistenzsystemen, die eine gesellschaftliche Teilhabe sowie ein selbstbestimmtes Leben in einer selbstgenutzten Wohnung sowohl von älteren Menschen als auch von Menschen mit Unterstützungsbedarf ermöglichen.
Die Fördersumme wurde vollständig abgerufen und ist damit als wichtiger Beitrag im Rahmen der sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung zu sehen.
Redaktion: Als langjähriger Chirurg haben Sie in Ihrer medizinischen Laufbahn vermutlich auch mit verschiedenen Herausforderungen im beruflichen Alltag kämpfen müssen. Für welche würden Sie sich eine Idee beim HealthHack wünschen?
Philippi: Ein wichtiges Anliegen war es mir in meiner Zeit als Chirurg immer, Patientinnen und Patienten auch nach einem operativen Eingriff zu betreuen und zu wissen, ob es Ihnen gutgeht. Ich denke da an eine ältere Patientin, die für eine Hüft-OP zu mir kam, aber auch leicht demenziell erkrankt war. Ich habe sie nach der OP versucht anzurufen, aber nicht erreicht. Zufällig wohnte eine meiner Mitarbeiterinnen in der Nähe und konnte vorbeigehen – alles war gut, die Dame zupfte schon wieder Unkraut im Garten. Mir war das als Arzt wichtig, aber es kostet viel Zeit. An dieser Stelle würde ich mir wünschen, dass die HealthHacker innovative Ideen entwickeln, wie eine solche Nachversorgung oder das Entlassmanagement insgesamt technologisch sinnvoll unterstützt werden können.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Situation von pflegenden Angehörigen, die - wie ich nur allzu oft beobachtet habe – einer enormen psychischen und physischen Belastung ausgesetzt sind. Deshalb gehört es zu meinen besonderen Anliegen, hier die Rahmenbedingungen zu verbessern. Vielleicht gibt es hierzu ja auch ein paar besondere Ideen aus dem Kreis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Redaktion: Zum Abschluss bleibt natürlich noch die Frage: Warum lohnt es sich, am HealthHack teilzunehmen?
Philippi: Um gemeinsam mit anderen nach Lösungen zu suchen, die in kurzer Zeit bereits Ergebnisse sichtbar machen. Das kann inspirieren, im besten Fall das Gesundheitssystem weiter verbessern und erweitert in jedem Fall den Erfahrungsschatz.
Und möglicherweise findet die oder der Eine auf diese Weise langfristig den Weg in einen der vielfältigen interessanten Berufe im Gesundheits- und Pflegebereich und hier ihre oder seine Berufung.
Redaktion: Die Techniker Krankenkasse (TK) ist bereits seit einigen Jahren Partner des HealthHack. Was überzeugt Sie an diesem Format?
Raphael Koßmann: Als TK-Landesvertretung Niedersachsen sind wir Partner der ersten Stunde, weil wir überzeugt davon sind, dass in Niedersachsen viele Menschen mit großartigen und innovativen Ideen zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems zu Hause sind. Als TK ist es Teil unserer DNA, dafür zu sorgen, dass gesundheitliche Versorgungsangebote zunehmend digital zur Verfügung stehen. Sie sind gefragter denn je und bieten Entwicklungschancen, von denen man heute vielleicht noch gar keine Vorstellung hat. Der HealthHack ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg.
Redaktion: Welcher Bereich in unserem Gesundheitssystem bietet aus Ihrer Sicht momentan das größte Innovationspotential?
Raphael Koßmann: Meiner Ansicht nach ist das klar die Künstliche Intelligenz (KI). Dieses Instrument wird neue Wege in der Entwicklung von Datenhandling, Diagnosestellung etc. ermöglichen. Das Schöne am Gesundheitswesen ist, dass es verschiedenste Professionen bei der Gestaltung einbindet. Unserer Auffassung nach birgt diese Zusammenarbeit ein riesiges Potential. Es wäre nicht richtig, nur eine Profession oder ein Instrument hervorzuheben. Wir setzen auf Kollaboration.
Redaktion: Wie sieht für Sie das optimale Gesundheitssystem der Zukunft aus?
Raphael Koßmann: In einem Gesundheitssystem der Zukunft wird die Patientin oder der Patient digital mit ihren bzw. seinen individuellen Bedürfnissen abgeholt. Angebote werden auf Basis der gesamten Gesundheitsinformationen vorgeschlagen. Sowohl Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten als auch alle weiteren Behandlerinnen und Behandler haben in Echtzeit Zugriff auf die Gesundheitsdaten der betreffenden Personen – auch in Notfällen. Therapien werden zielgerichteter adressiert, Bildgebung digital ausgewertet, Doppeluntersuchungen vermieden und Verwaltungsprozesse reduziert.
Redaktion: Wo bestehen Ihrer Ansicht nach die größten Hürden, um die Vision eines solchen Gesundheitssystems zu realisieren?
Raphael Koßmann: Wir glauben daran, dass die Verfügbarkeit und damit auch die zentrale Nutzung von Gesundheitsdaten das Kernelement zur Gestaltung des Gesundheitssystems der Zukunft sind.
Dazu ist es notwendig, die unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten zusammenzubringen, um möglichst allen Versicherten die Nutzung der elektronische Patientenakte (ePA) zu ermöglichen.
Der Weg dahin ist in die richtige Richtung eingeschlagen, aber es wird weiterhin viel Zeit und Überzeugungsarbeit kosten, nicht nachzulassen und diesen Marathon zu beenden. Mit der derzeitigen Geschwindigkeit ist zu befürchten, dass es keine Bestzeit wird.
Redaktion: Der HealthHack ist ein Event, bei dem Teilnehmende aus ganz unterschiedlichen Disziplinen gemeinsam an der Lösung von Problemen arbeiten. Wie unterstützen Sie die Teams vor Ort?
Raphael Koßmann: Wir stehen den Teilnehmenden während des Hackathons als Mentoren zur Seite, die z.B. Fragen zu den verschiedensten Geschäftsmodellen und Marktzugängen diskutieren, über Versorgungssituationen aufklären oder den Gesundheitsmarkt und das Gesundheitssystem in Deutschland an sich erklären.
Redaktion: Am 12. Und 13. April 2024 heißt es beim HealthHack wieder „Hacken, Tüfteln, Coden – für die Gesundheit und Pflege von morgen“, warum sollte man sich dieses Event nicht entgehen lassen?
Raphael Koßmann: Es macht Riesenspaß gemeinsam an Themen zu arbeiten, neue Menschen, Ideen und Methoden kennenzulernen. Es ist eine großartige Erfahrung und eine echt schöne Zeit. Also, nicht zögern, sondern anmelden: https://eveeno.com/healthhack2024
Am 4. und 5. März 2023 nahmen über 40 Teilnehmer*innen am fünften HealthHack der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH im TrafoHub Braunschweig teil, dessen drei Gewinner*innen zu Innovationen in der digitalen Gesundheitswirtschaft von einer Fachjury ausgewählt wurden. Unterstützt wurden sie von Mentor*innen aus Praxis, Wissenschaft und Wirtschaft der Gesundheits- und Technologiebranche aus der Metropolregion. Die meisten Teilnehmer*innen kamen aus der Metropolregionregion, aber auch von Berlin bis München war fast alles dabei. Platz Eins ging mit 1000 Euro an die 14- und 15 Jährigen Schüler Cosmo und Sivert aus Braunschweig und die Studenten*innen Lea und Armenuhi aus Bielefeld, die eine Demenz-Assistenz-App entwickelten, um Patienten mehr Selbständigkeit im Alltag zu geben. "Mit unserer Gesundheits-App DementiAssist möchten wir Demenzerkrankten helfen, den Alltag Dank herkömmlicher mobiler Endgeräte, wie Smartwatch oder Hörgerät, zu bewerkstelligen", sagt Cosmo Kunzmann, der selbst einen an Demenz erkrankten Opa hat. "Mit meiner Stimme kann das System ihn an die Einnahme von Medikamenten oder weiteren festen Tagesabläufe erinnern." Eine Innovation mit Potenzial aus der Metropolregion, die die Jury mit 1000 Euro belohnte.
Platz zwei belegt das Team SleepRadar, ebenfalls aus Braunschweig. Mit einem Sensor aus der Verkehrsmessung sollen Schlafstörungen bequem von zu Hause erkannt und analysiert werden, die aufgrund der langen Wartezeiten auf einen Termin im Schlaflabor wohlmöglich unentdeckt bleiben würden oder erst mit deutlichem Zeitverzug erkannt worden wären. Eine tolle Cross-Innovation, die Potenzial hat, fand die Jury, die 500 Euro vergab.
Den dritten Platz und 250 Euro bekam pnprotect aus Hannover. Das Team möchte mit seiner Entwicklung helfen, das häufiger werdende Krankheitsbild der Chemotherapie-induzierten Polyneuropathie zu bekämpfen. Bei Krebspatient*innen kommt es durch die Chemotherapie nicht selten zu einer irreversiblen Schädigung der Nervenenden in den Extremitäten. Herkömmliche Gegenmaßnahmen können hier nur wenig ausrichten. Ändern soll das ein passgenauer smarter Handschuh, der Kühl- und Kompressionsfunktion verbindet. Eine Idee, die Mut macht.
"Die qualitativ und kreativ überragenden Ergebnisse aller Teilnehmer*innen, nicht nur der Gewinner, haben uns überzeugt", sagt Vanessa Luttermann, Projektleitung Gesundheit, Metropolregion GmbH. "Wir waren froh, dass erstmals, nach der Pandemie, wieder physisch an den digitalen Gesundheitslösungen von morgen getüftelt werden konnte. Made in Metropolregion, was uns besonders freut." Und mit dem Wettbewerb ist es noch nicht vorbei, denn die Teams sollen vom starken Netzwerk der Metropolregion aus Gesundheitsexpert*innen weiterhin profitieren.
"Der HealthHack ist Kreativität und Technikergeist pur", findet Dirk Engelmann, Leiter Landesvertretung Niedersachsen, Techniker Krankenkasse. "Spontan finden sich Teams, die digitale Lösungen zu Gesundheitsthemen programmieren. An einem Wochenende von der Idee zum Produkt - Das ist ziemlich beeindruckend."
"Nach diesem erneuten Erfolg soll der HealtHack auch 2024 weitergeführt werden und dann möglichst mit noch mehr Teilnehmer*innen und innovativen Ideen rund um die Gesundheitswirtschaft", schaut Silvia Nieber, Geschäftsführerin Metropolregion GmbH, bereits ins nächste Jahr. Ort und Zeit werden rechtzeitig bekannt gegeben.
Ein herzliches Dankeschön an unsere Partner*innen, unseren Schirmherr, Sozialminister Dr. Andreas Philippi, sowie:
Die Techniker (TK) Niedersachsen
AWO-Bezirksverband Braunschweig e.V.
Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik
Innovationszentrum Niedersachsen GmbH LINGA
Braunschweig Zukunft GmbH
Netzlink Informationstechnik GmbH
Nibelungen-Wohnbau-GmbH
Standort38
Haus der Wissenschaft Braunschweig
Wir freuen uns bereits jetzt auf den HealthHack im nächsten Jahr!
Redaktion GesundheIT: Herr Dr. Philippi, wir freuen uns, Sie als neuen Niedersächsischen Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung zu begrüßen. Als Schirmherr unseres HealthHack 2023 starten Sie direkt mit einem weiteren Ehrenamt, darüber freuen wir uns sehr.
Mit Beginn Ihrer Amtszeit betonten Sie den dringenden Handlungsbedarf, der sich in Anbetracht der vielfältigen Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegewesen ergibt. Welchen Stellenwert hat für Sie die Nachwuchsförderung mit Blick auf die Bereitstellung von geeigneten Lösungen für die Probleme der heutigen Zeit und welchen Beitrag kann unser HealthHack diesbezüglich leisten?
Dr. Andreas Philippi: Die Nachwuchsförderung hat einen außerordentlich hohen Stellenwert für mich. Wir brauchen die Fachkräfte von morgen, um in einer älter werdenden Gesellschaft eine gute Versorgung zu gewährleisten. Der HealthHack kann mithelfen, innovative Modelle zu entwickeln, mit denen zum Beispiel Gesundheitsfachkräfte im Alltag bei formalen Aufgaben entlastet werden, damit mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten bleibt.
Redaktion GesundheIT: Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden Sie in dieser Legislaturperiode setzen?
Dr. Andreas Philippi: Nun, zwei große Baustellen haben Sie bereits angesprochen, nämlich die Herausforderungen in Gesundheit und Pflege. Die Weiterentwicklung der Krankenhausreform hat dabei einen hohen Stellenwert, ebenso wie die Gewinnung von Nachwuchskräften in der Pflege.
Redaktion GesundheIT: Was braucht es – gerade auch aus Ihrer Sicht als Mediziner – damit Innovationen im Gesundheitswesen erfolgreich Fuß fassen können?
Dr. Andreas Philippi: Ganz wichtig ist, dass wir die Betroffenen, sprich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mitnehmen. Dass wir Vorbehalte abbauen und deutlich machen, dass es darum geht, Beschäftigte zu entlasten, nicht zu ersetzen.
Große Chancen bietet aus meiner Sicht die Digitalisierung. Wenn die Menschen spüren, dass neue, fortschrittliche Anwendungen die Arbeit erleichtern, werden sie in der Regel gut angenommen und akzeptiert. Das sehen wir beispielsweise bei der Telemedizin, die im Zuge der Pandemie erheblich an Bedeutung gewonnen hat.
Und, wir müssen weg von der rein wirtschaftlichen Ausrichtung unseres Gesundheitssystems. Was wir brauchen, ist ein Gesundheitswesen, dass sich auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten konzentriert.
Redaktion GesundheIT: Niedersachsen als Innovationsland: In welchen Bereichen der Gesundheitsbranche sind wir heute bereits gut aufgestellt? Wo sehen Sie noch Luft nach oben?
Dr. Andreas Philippi: Nach meiner Erfahrung haben wir im Großen und Ganzen gute Versorgungsstrukturen, die wir sichern müssen. Die sogenannten Baby Boomer werden bald in Rente gehen, dann brauchen wir viele neue Fachkräfte. Bei der Vernetzung von ambulanten und stationären Angeboten können wir noch deutlich besser werden. Und die Finanzen bleiben natürlich, gerade angesichts von Inflation und steigenden Energiekosten, ein ganz großes Thema. Wir werden im Gesundheitswesen und in der Pflege langfristig sehr viel Geld „in die Hand nehmen müssen“.
Redaktion GesundheIT: Und zu guter Letzt: Was geben Sie als Schirmherr des HealthHack unseren Hack Teilnehmenden mit auf den Weg?
Dr. Andreas Philippi: Stichwort Weg, ich wünsche Ihnen den Mut, neue Wege zu beschreiten und einfach mal auszuprobieren. Und den Teams wünsche ich spannende und konstruktive Diskussionen. Nutzen Sie die kreativen Möglichkeiten dieser Veranstaltung, aber nehmen sie dabei auch die Menschen in den Blick, die später mit diesen Innovationen arbeiten sollen.
Redaktion GesundheIT: Hallo Team Cynteract, wo erwischen wir euch gerade?
Cynteract: Wir sind im letzten Jahr viel rumgekommen. Gernot war Ende letzten Jahres vier Monate in Südkorea und kommt gerade aus Las Vegas zurück, wo er den Handschuh auf der CES, einer der weltweit größten Tech-Fachmessen, präsentiert hat. Unser Büro befindet sich allerdings weiterhin in Aachen, dort haben wir auch unsere kleine Werkstatt.
Redaktion GesundheIT: Ihr habt letztes Jahr mit eurem smarten Handschuh für die Reha den ersten Platz beim HealthHack gewonnen*. Was ist seitdem passiert?
Cynteract: Seitdem haben wir einiges erreicht, worauf wir sehr stolz sind. So wurde unter anderem eine weitere klinische Studie gestartet sowie der Vertrieb in angrenzende Länder wie Polen.
Redaktion GesundheIT : Kurz nach eurem Sieg habt ihr berichtet, dass ihr nicht bei einem Handschuh aufhören wollt und euch mit dezentralen Therapieansätzen für beispielsweise Ruanda beschäftigt. Ist das noch aktuell?
Cynteract: Absolut! Wir möchten die Rehabilitation der Hand weltweit ermöglichen und vor allem erreichen, dass diese für Anwender*innen nicht mit Belastung, sondern Motivation verbunden wird. Durch Corona war es zunächst schwieriger nach Ruanda zu reisen, jetzt haben wir jedoch wieder Fahrt aufgenommen in der Partnersuche zur Umsetzung, beispielsweise zu Stiftungen.
Redaktion GesundheIT: Habt ihr einen Mehrjahresplan? Was benötigt ihr dafür?
Cynteract: Wir haben mehrere Ziele mit Cynteract, darunter Diversifizierung (den Handschuh auf den Körper ausweiten), Internationalisierung (z.B. nach Ruanda) und Skalierung (in andere Bereiche wie VR/Metaverse oder Industrie 4.0). Wir freuen uns über jede Unterstützung auf dem Weg gemeinsam die Welt zu verändern, von Stiftungen oder großen Unternehmenspartnern.
Redaktion GesundheIT: Unser HealthHack – euer Feedback: Warum sollte man teilnehmen? Was gebt ihr den Teilnehmenden mit auf den Weg?
Cynteract: Der HealthHack bringt viele kreative Menschen mit tollen Ideen zusammen. Mit der Hilfe der Mentor*innen gibt es dann die Möglichkeit, diese Ideen auch in die Realität umzusetzen und zu verbessern. Daher sollte man sich diese Chance sich entgehen lassen!
Redaktion GesundheIT: Vielen Dank für eure Zeit und weiterhin viel Erfolg!
Unserer Premiumpartnerboard wächst! Neben der AWO Braunschweig ist die Landesinitiative Niedersachsen Generationengerechter Alltag in diesem Jahr mit dabei. Das Peter L. Reichertz Institut unterstützt als Veranstaltungspartner! Allen dreien durften wir ein paar Fragen rund um den HealthHack stellen. Wir freuen uns über die tatkräftige Unterstützung und über bekannte und neue Gesichter in unserer Jury und unter den Mentor*innen.
Redaktion GesundheIT: Die LINGA ist zum ersten Mal als Premiumpartnerin dabei, herzlich willkommen. Worauf freuen Sie sich besonders?
Delia Balzer: Kreativität und Entdeckergeist von jungen Teams begeistern mich immer wieder und motivieren für die eigene Arbeit. Durch das ganzheitliche Mentoringprogramm und die Zusammenarbeit mit potentiellen Umsetzungspartner*innen aus der Metropolregion verleihen wir beim HealthHack innovativen Ideen Flügel und auch ich als erfahrene Netzwerkerin profitieren von der Zusammenarbeit unterschiedlicher Gruppen.
Redaktion GesundheIT: Welche Entwicklungen dürfen wir in den nächsten Jahren in Bezug auf einen generationengerechten Alltag nicht verpassen?
Delia Balzer: Wir müssen das Alter neu bewerten, mit den Baby-Boomern kommt eine ganz neue Generation in den Ruhestand. Die Ansprüche an Produkte, Wohnformen und Dienstleistungen werden sich ändern. Neben dem „Design für Alle“ steht in Zukunft vor allem auch das Service-Design im Blickpunkt, gerade auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung.
Redaktion GesundheIT: #CauseWeCare: Welche Unterstützung bieten Sie den HealthHack Teilnehmenden?
Delia Balzer: Wir leben in einer Gesellschaft des langen Lebens, dafür sensibilisieren wir von der LINGA. Innerhalb des Innovationszentrums Niedersachsen setzten wir ressortübergreifend den Akteur*innen die generationengerechte Brille auf. Es liegen soziale sowie wirtschaftliche Chancen im demografischen Wandel, wenn es uns als Gesellschaft gelingt, soziale Innovationen für Generationen zu entwickeln. Unerlässlich ist dabei, die potentielle Zielgruppe von neuen Produkten und Service Dienstiestungen frühzeitig in die Entwicklung mit einzubinden. Nur so schaffen wir Akzeptanz bei Nutzerinnen und Nutzern und erhöhen dadurch die Marktchancen. Diesen Blick möchte ich bei den Teams schärfen, damit sie sich zukunftsfähig aufstellen mit ihren Produkten.
Redaktion GesundheIT: Herr Fersahoglu Weber, der AWO Bezirksverband Braunschweig ist seit einigen Jahren als Premiumpartner beim HealthHack dabei. Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Rifat Fersahoglu-Weber: Für mich ist der HealthHack jedes Jahr wieder ein Impulserlebnis. Der HealthHack ist eine Veranstaltungsreihe, an der motivierte Hacker*innen an aktuellen Problemstellungen des Gesundheits- und Pflegewesens arbeiten. Es gibt nichts Vergleichbares in der Region. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie Kompetenzen und Erfahrungen zwischen den Teams selbst, aber auch zwischen den Teams und den Mentor*innen ausgetauscht und gewinnbringend eingesetzt werden.
Redaktion GesundheIT: Sie bringen in diesem Jahr ein konkretes Thema für die Teilnehmenden mit. Erzählen Sie uns mehr...
Rifat Fersahoglu-Weber: In der Pflege führen der Fachkräftemangel und der demographische Wandel zu Versorgungsengpässen. Um dem Problem ein kleinwenig entgegenzuwirken, werden teilweise ausländische Pflegekräfte angeworben. Doch wie können wir diesen ein Ankommen im neuen Job und auch in der neuen Heimat erleichtern? Die Idee zielt auf eine Sprach-App ab, die es den Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund und den einarbeitenden Kolleg*innen das Erlernen und Vermitteln pflegerelevanter Begrifflichkeiten erleichtert und Missverständnisse vorbeugt. Die App soll dabei einfach und schnell die Fachsprache "Pflege Deutsch" in andere Sprachen verarbeiten. Dies fängt bereits bei einfachen Begrifflichkeiten wie Bettzeug, Schieber etc. an und geht bin zu fachspezifischen Begriffen wie Vitalwerte. Die Idee ist dabei, die Begriffe bildlich zu hinterlegen und die Übersetzung in eine ausgewählte Sprache oder feste Begriffe bildlich hinterlegt mit Übersetzung als Suchfunktion. Zusätzlich können hier potentiell Elemente der einfachen und/oder leichten Sprache unterstützend eingesetzt werden.
Redaktion GesundheIT: #CauseWeCare: Welche Unterstützung bieten Sie den HealthHack Teilnehmenden?
Rifat Fersahoglu-Weber: Eine realistische Verortung der Idee und eventuell direkte Anwendungsmöglichkeiten zur Erprobung der Prototypen.
Redaktion GesundheIT: Herr Prof. Dr. Deserno, das PLRI unterstützt den HealthHack bereits seit vielen Jahren, in diesem Jahr als Veranstaltungspartner. Inwiefern profitieren Sie von diesem Format?
Thomas Deserno: Als einziges gemeinschaftliches Institut der TU Braunschweig und der Medizinischen Universität Hannover hat das PLRI eine besondere Bedeutung in der Region, insbesondere für die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft. Informationstechnik ist derzeit der Treiber für Innovationen in der Medizin. Und viele gute nee Ideen entstehen in den Köpfen unsere Studierenden. Mit dem Healthhack bekommen vor allem junge Menschen die Möglichkeit, Ihre Ideen zu artikulieren und weiterzuentwickeln. Hieraus sind in der Vergangenheit nicht nur Start-Ups entstanden, sondern auch Anregungen für die Wissenschaft, die am PLRI in Forschung und Lehre aufgegriffen werden.
Redaktion GesundheIT: Wenn Sie einen Wunsch freihätten für die Zukunft der medizinischen Informatik, was wäre das?
Thomas Deserno: Datenschutz ist richtig und wichtig, wird aber in unserem Land allzu oft dafür zweckentfremdet, gute Ideen im Keim zu ersticken. Im Bereich der (medizinischen) Informatik gibt es in unserer Gesellschaft großes Falschwissen, nicht nur im Bereich des Datenschutzes. Unser Umgang mit Covid-19 Pandemie hat dies sehr deutlich gemacht. Informatik hat einen zu geringen Stellenwert, angefangen in den Schulen bis hin zu den (politischen) Entscheidungsträgern. Deutschland benötigt eine durchgreifende Digitalisierung, die in der (Schul-) Ausbildung starten müsste. Das tut sie aber nicht, sodass alle mit abgeschlossener Ausbildung, außen vor sind. Als gesunder Mensch gehe ich zur medizinischen Vorsorgeuntersuchung; warum nicht auch zur medizinischen Informatikaufklärung?
Redaktion GesundheIT: #CauseWeCare: Welche Unterstützung bieten Sie den HealthHack Teilnehmenden?
Thomas Deserno: Durch seine internationale Vernetzung hat das PLRI in den letzten Jahrzehnten große Erfahrungswerte aufgebaut. Wir kennen viele internationale Projekte, erfolgreiche und auch nicht-erfolgreiche. Dieses Expertenwissen stellen wir den Teilnehmern im individuellen Coaching gerne zur Verfügung. Nicht selten habe ich bei früheren Healthhacks beobachten können, dass in den Begründungen der Jury auf kleine Details im Konzept des Teams Bezug genommen wurde, die zuvor in unseren Beratungsgesprächen adressiert worden sind.
Redaktion GesundheIT: Vielen Dank für Ihre Zeit. Das Interview macht Lust auf mehr? Infos und Anmeldung zum HealthHack 2023 unter https://metropolregion.de/gesundheit/healthhack/